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Er aber ward nicht laß im Streit,
Und jeder Schlag war Tod.

Und es barst sein Schild, und es sank sein Pferd,
Da kämpft' er fort zu Fuß;

Mit beiden Händen schwang er das Schwert
Und betete weiter den Gruß.

Und als zu Ende das Ave ging,
Er führte noch einen Streich,
Und in getürmter Leichen Ring

Hin sank er blutend und bleich.

Sein Mund ward stumm, sein Arm ward schwer,

Im Tode stand sein Herz;

Nicht „Amen!" konnt' er sprechen mehr,

Das war sein lezter Schmerz.

Doch die Litauer warfen die Renner herum,

Kein Streit mehr lüstete sie.

Gerettet war das Heiligtum

Durch des Ritters Ave Marie."

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Gott geb' ihm droben felige Statt
Aufs tosende Schlachtgetümmel !
Wer so auf Erden gebetet hat,
Mag „Amen“ sagen im Himmel.

48. Undreas Hofer

Zu Mantua in Banden.
Der treue Hofer war,

In Mantua zum Tode
Führt' ihn der Feinde Schar;

Es blutete der Brüder Herz,

Ganz Deutschland ach! in Schmach und Schmerz!

Mit ihm das Land Tirol.

Die Hände auf dem Rücken

Andreas Hofer ging

Mit ruhig festen Schritten,

Ihm schien der Tod gering;

Der Tod, den er so manches Mal
Vom Iselberg geschickt ins Thal
Im heil'gen Land Tirol.

Doch als aus Kerkergittern

Im festen Mantua

Die treuen Waffenbrüder

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Die Händ' er strecken fah,

Da rief er aus: „Gott sei mit euch,
Mit dem verratnen deutschen Reich,
Und mit dem Land Tirol!"

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Will sterben, wie ich stritt,

So wie ich steh' auf dieser Schanz';
Es leb' mein guter Kaiser Franz,

Mit ihm sein Land Tirol!"

Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal;
Andreas Hofer betet

Allhier zum leztenmal;

Dann ruft er: „Nun, so trefft mich recht!
Gebt Feuer! - Ach! wie schießt ihr schlecht!
Ade, mein Land Tirol!"

mosen.

49. Hans Euler

Horch', Marthe, draußen pocht es; geh, laß den Mann herein;

Es wird ein armer Pilger, der sich verirrte, sein! — Grüß Gott, du schmucker Krieger, nimm Plaz an unsrem Tisch,

Das Brot ist weiß und locker, der Trank ist hell und

frisch!"

5 Es ist nicht Trank, nicht Speise, wonach es not mir

"

thut,

Doch, so Ihr seid Hans Euler, so will ich Euer Blut!

Wißt Jhr, vor Monden hab' ich Euch noch als Feind bedroht:

Dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt Ihr

tot.

Und als er rang am Boden, da schwor ich es ihm

gleich,

Daß ich ihn wolle rächen, früh oder spät, an Euch !" „Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten

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Doch nicht im Hause kämpf' ich, nicht zwischen Thür und Wand;

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Im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand!
Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug: 15
Und sollt' ich nimmer kommen: Tirol ist groß ge=

nug!"

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Sie gehen miteinander den nahen Fels hinan;
Sein gülden Thor hat eben der Morgen aufgethan;
Der Hans voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein
Und höher stets mit beiden der liebe Sonnenschein.

--

Nun stehn sie an der Spize, da liegt die Alpenwelt,
Die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt:
Gesunkne Nebel zeigen der Thäler reiche Lust,
Mit Hütten in den Armen, mit Herden an der Brust.

Dazwischen Riesenbäche, darunter Kluft an Kluft,
Daneben Wälderkronen, darüber freie Luft;

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Und sichtbar nicht, doch fühlbar, von Gottes Ruh' um=

kreist,

In Hütten und in Herzen der alten Treue Geist.

Das sehn die beiden droben, dem Fremden sinkt die Hand,

30 Hans aber zeigt hinunter aufs liebe Vaterland:

„Für das hab' ich gefochten, dein Bruder hat's bedroht, Für das hab' ich gestritten, für das schlug ich ihn tot."

Der Fremde sieht hinunter, sieht Hansen ins Gesicht, Er will den Arm erheben, den Arm erhebt er nicht: 35,Und hast du ihn erschlagen, so war's im rechten Streit,

Und willst du mir verzeihen, komm, Hans, ich bin bereit !"

Seidl.

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50. Gebet während der Schlacht

Vater, ich rufe dich!

Brüllend umwölkt mich der Dampf der Geschüße,
Sprühend umzucken mich rasselnde Blize.

Lenker der Schlachten, ich rufe dich!

Vater du, führe mich!

Vater du, führe mich!

Führ' mich zum Siege, führ mich zum Tode:

Herr, ich erkenne deine Gebote;

Herr, wie du willst, so führe mich.

Gott, ich ertenne dich!

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