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LYRICS AND BALLADS

Marie, dir bring' ich ein Wachsherz,
Heil' du meine Herzenswund'.

Heil' du mein frankes Herze
Ich will auch spät und früh
Inbrünstiglich beten und singen:
Gelobt seist du, Marie!“

3.

Der kranke Sohn und die Mutter,
Die schliefen im Kämmerlein;
Da kam die Mutter-Gottes

Ganz leise geschritten herein.

Sie beugte sich über den Kranken

Und legte ihre Hand

Ganz leise auf sein Herze

Und lächelte mild und schwand.

Die Mutter schaut alles im Traume,
Und hat noch mehr geschaut;
Sie erwachte aus dem Schlummer,

Die Hunde bellten so laut.

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14. Einkehr

Bei einem Wirte wundermild,
Da war ich jüngst zu Gaste;
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.

Es war der gute Apfelbaum,

Bei dem ich eingekehret ;

Mit süßer Kost und frischem Schaum

Hat er mich wohl genähret.

Es kamen in sein grünes Haus
Biel leichtbeschwingte Gäste;

Sie sprangen frei und hielten Schmaus

Und sangen auf das beste.

Ich fand ein Bett zu süßer Ruh'
Auf weichen, grünen Matten;
Der Wirt, er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.

Nun fragt' ich nach der Schuldigkeit,
Da schüttelt' er den Wipfel.

Gesegnet sei er allezeit

Von der Wurzel bis zum Gipfel!

15. Abendlied

Abend wird es wieder:
iber Wald und Feld
Säuselt Frieden nieder
Und es ruht die Welt.

Uhland.

Nur der Bach ergießet
Sich am Felsen dort,
Und er braust und fließet
Immer, immer fort.

Und kein Abend bringet
Frieden ihm und Ruh',
Keine Glocke klinget
Ihm ein Rastlied zu.

So in deinem Streben
Bist, mein Herz, auch du:
Gott nur kann dir geben

Wahre Abendruh'.

Hoffmann von fallersleben.

16. Abendlied

Der Mond ist aufgegangen,

Die goldnen Sternlein prangen

Am Himmel hell und klar;

Der Wald steht schwarz und schweiget,

Und aus den Wiesen steiget

Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.

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IO

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ΙΟ

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Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen

Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,

Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste,
Und suchen viele Künste

Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglich's trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!

Laß uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden

Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

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Verschon' uns, Gott, mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen

Und unsern kranken Nachbar auch!

Claudius,

17. Morgenlied

Wer schlägt so rasch an die Fenster mir
Mit schwanken grünen Zweigen?

Der junge Morgenwind ist hier

Und will sich lustig zeigen.

„Heraus, heraus, du Menschensohn!"

So ruft der kecke Geselle

„Es schwärmt von Frühlingswonnen schon

Vor deiner Kammerschwelle.

Hörst du die Käfer summen nicht?

Hörst du das Glas nicht klirren,

Wenn sie, betäubt von Duft und Licht,
Hart an die Scheiben schwirren?

Die Sonnenstrahlen stehlen sich
Behende durch Blätter und Ranken

Und necken auf deinem Lager dich
Mit blendendem Schweben und Schwanken.

Die Nachtigall ist heiser fast,

So lang hat sie gesungen,

Und weil du sie gehört nicht hast,

Ist sie vom Baum gesprungen.

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