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So dir geschenkt ein Knösplein was,
So thu es in ein Wasserglas,
Doch wisse:

Blüht morgen dir ein Röslein auf,
Es welkt wohl noch die Nacht darauf;
Das wisse! ja wisse!

Und hat dir Gott ein Lieb beschert,
Und hältst du sie recht innig wert,
Die Deine-

Es werden wohl acht Bretter sein,

Da legst du sie, wie bald! hinein;
Dann weine! ja weine!

Nur mußt du mich auch recht verstehn,
Ja, recht verstehn!

Wenn Menschen auseinandergehn,

So sagen sie auf Wiedersehn!

Ja, Wiedersehn!

feuchtersleben.

103. Das ist im Leben häßlich eingerichtet

Das ist im Leben häßlich eingerichtet,

Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn,
Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet,
Zum Schlusse kommt das Voneinandergehn.

5 In deinen Augen hab' ich einst gelesen,

Es blizte drin von Lieb' und Glück ein Schein:
Behüet dich Gott! es wär' zu schön gewesen, ́
Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!-

Leid, Neid und Haß, auch ich hab' fie empfunden,
Ein sturmgeprüfter, müder Wandersmann.
Ich träumt' von Frieden dann und stillen Stunden,
Da führte mich der Weg zu dir hinan.
In deinen Armen wollt' ich ganz genesen,
Zum Danke dir mein junges Leben weihn:
Behüet dich Gott! es wär' zu schön gewesen,
Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!—

Die Wolken fliehn, der Wind faust durch die Blätter,
Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld,
Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,
Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.
Doch wend' es sich zum guten oder bösen,
Du schlanke Maid, in Treuen denk ich dein.
Behüet dich Gott! es wär' zu schön gewesen,
Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!

Scheffel

ΙΟ

15

20

104. Der Glaube der Freundschaft,

Wenn eines Menschen Seele du gewonnen
Und in sein Herz hast tief hineingeschaut
Und ihn befunden einen klaren Bronnen,
In dessen reiner Flut der Himmel blaut:
Laß deine Zuversicht dann nichts dir rauben
Und trage lieber der Enttäuschung Schmerz,
Als daß du grundlos ihm entziehst den Glauben:-
Kein größer Glück als ein vertrauend Herz!

5

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Laß adlermutig deine Liebe schweifen
Bis dicht an die Unmöglichkeit hinan:
Kannst du des Freundes Thun nicht mehr begreifen,
So fängt der Freundschaft frommer Glaube an!

105. Aus alten Märchen winkt es

Aus alten Märchen winkt es

Hervor mit weißer Hand,

Da singt es und da klingt es

Von einem Zauberland,

Wo große Blumen schmachten
Im goldnen Abendlicht,
Und zärtlich sich betrachten.
Mit bräutlichem Gesicht;-

Wo alle Bäume sprechen
Und singen, wie ein Chor,
Und laute Quellen brechen
Wie Tanzmusik hervor;-

Und Liebesweisen tönen,
Wie du fie nie gehört,
Bis wundersüßes Sehnen
Dich wundersüß bethört!

Ach könnt' ich dorthin kommen,
Und dort mein Herz erfreun,
Und aller Qual entnommen,
Und frei und selig sein!

Dahn.

Ach! jenes Land der Wonne,
Das seh' ich oft im Traum;
Doch, kommt die Morgensonne,
Zerfließt's wie eitel Schaum.

106. Das Schloß Boncourt

Heine.

Ich träum' als Kind mich zurücke
Und schüttle mein greises Haupt;
Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
Die lang ich vergessen geglaubt?

Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen

Ein schimmerndes Schloß hervor,
Ich kenne die Türme, die Zinnen,
Die steinerne Brücke, das Thor.

Es schauen vom Wappenschilde

Die Löwen so traulich mich an,

Ich grüße die alten Bekannten

Und eile den Burghof hinan.

Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
Dort grünt der Feigenbaum,

Dort, hinter diesen Fenstern,
Verträumt' ich den ersten Traum.

Ich tret' in die Burgkapelle
Und suche des Ahnherrn Grab;
Dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
Das alte Gewaffen herab.

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Noch lesen umflört die Augen
Die Züge der Inschrift nicht,
Wie hell durch die bunten Scheiben
Das Licht darüber auch bricht.

So stehst du, o Schloß meiner Väter,
Mir treu und fest in dem Sinn
Und bist von der Erde verschwunden,
Der Pflug geht über dich hin.

Sei fruchtbar, o teurer Boden,
Ich segne dich mild und gerührt
Und segn' ihn zwiefach, wer immer
Den Pflug nun über dich führt.

Ich aber will auf mich raffen,
Mein Saitenspiel in der Hand,
Die Weiten der Erde durchschweifen
Und singen von Land zu Land.

Chamisso

5

107. Deutsche Gespenster

Mich trug ein Traum zurück zum Neckarthale,
Im Nebel lag die altersgraue Stadt,

Wo jeder Stein mir zum Gedächtnismale,
Zur Nummer ward auf meinem Zifferblatt.

Der Feste dunkle Zinnen sah ich ragen,
Das Storchennest auf hohem Rathausdach,
Das Rößlein wiehert, das mich oft getragen,
Und ruft die Geister meiner Jugend wach.

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