Es kommen, es kommen die Wasser all', Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder — Den Jüngling bringt keines wieder.
90. Keine Sinekure
Mich quält ein sonderbar Verlangen Nach Sorg' und Müh', Gefahr und Streit, Es ist mir stets zu gut gegangen In dieser seidnen Friedenszeit.
Es hat kein Schmerz mich überflutet, Es hat kein Sturm mein Haupt umtobt, Es hat mein Herz noch nie geblutet, Es hat kein Streit mein Schwert erprobt.
Noch ward kein Joch mir zum Zerbrechen, Kein Knoten, um ihn zu durchhaun, Noch keine Schmach, um sie zu rächen, Kein Tod, um ihm ins Aug' zu schaun.
Mir ward kein Banner, es zu schirmen, Kein Kranz dieweil ich nichts gethan; Mir ward kein Gipfel zum Erstürmen Und zum Durchrennen keine Bahn.
In der Charybde Strudelwallen Da taucht' ich freudig lange schon; Doch keiner läßt den Becher fallen, Und keine Kön'gin ist der Lohn.
Ich wollt', ich hörte Schwerter singen Und hörte, wie ein Schlachtroß schnauft; Wie wollt' ich in den Sattel springen, Da, wo die Zeit mit Blute tauft!
In Kugelwetter, Speeresdornen,
Wo Tod, der Schnitter, hält die Mahd, Da wollt' ich meinen Renner spornen, Wie in ein kühlend Rosenbad.
Gebt mir ein Schwert und laßt mich's ziehen Und gönnt mir einen einz'gen Schlag, Und seht ihr mich vom Felde fliehen, So sei's mein lezter Lebenstag.
Gebt mir den Feind, daß ich ihn schlage, Gebt mir den Tod mit seiner Pein,
Gebt Sieg mir oder Niederlage,
Nur laßt es bald gestritten sein!
91. Leicht Gepäck
Ich bin ein freier Mann und finge Mich wohl in keine Fürstengruft, Und alles, was ich mir erringe, Jst Gottes liebe Himmelsluft; Ich habe keine stolze Feste, Von der man Länder übersieht,
Ich wohn' ein Vogel nur im Neste,
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
Ich durfte nur, wie andre, wollen, Und wär' nicht leer davongeeilt, Wenn jährlich man im Staat die Rollen Den treuen Knechten ausgeteilt; Allein ich hab' nie zugegriffen, So oft man mich herbei beschied, Ich habe fort und fort gepfiffen, Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
Der Lord zapft Gold aus seiner Tonne, Und ich aus meiner höchstens Wein; Mein einzig Gold die Morgensonne, Mein Silber all der Mondenschein ! Färbt sich mein Leben herbstlich gelber, Kein Erbe, der zum Tod mir riet; Denn meine Münzen prägt ich selber; Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
Gern sing' ich abends zu dem Reigen, Vor Thronen spiel' ich niemals auf; Ich lernte Berge wohl ersteigen, Paläste komm' ich nicht hinauf; Indes aus Moder, Sturz und Wettern Sein golden Los sich mancher zieht, Spiel' ich mit leichten Rosenblättern; Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
Nach dir, nach dir steht mein Verlangen, Oschönes Kind, o wärst du mein! Doch du willst Bänder, du willst Spangen, Und ich soll dienen gehen? Nein!
Ich will die Freiheit nicht verkaufen, Und wie ich die Paläste mied, Lass' ich getrost die Liebe laufen; Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
92. Die drei Zigeuner
Drei Zigeuner fand ich einmal Liegen an einer Weide,
Als mein Fuhrwerk mit müder Qual Schlich durch sandige Heide.
Hielt der eine für sich allein In den Händen die Fiedel, Spielte, umglüht vom Abendschein, Sich ein feuriges Liedel.
Hielt der zweite die Pfeif' im Mund, Blickte nach seinem Rauche,
Froh, als ob er vom Erdenrund Nichts zum Glücke mehr brauche.
Und der dritte behaglich schlief,
Und sein Zimbel am Baum hing, Über die Saiten der Windhauch lief, über sein Herz ein Traum ging.
An den Kleidern trugen die drei Löcher und bunte Flicken,
Aber sie boten troßig frei Spott den Erdengeschicken.
Dreifach haben sie mir gezeigt, Wenn das Leben uns nachtet,
Wie man's verraucht, verschläft, vergeigt Und es dreimal verachtet.
Nach den Zigeunern lang noch schaun Mußt' ich im Weiterfahren,
Nach den Gesichtern dunkelbraun,
Den schwarzlockigen Haaren.
Hart an dem Bolsener See, Auf des Flaschenberges Höh' Steht ein kleiner Leichenstein Mit der kurzen Inschrift drein: Propter nimium Est Est
Dominus meus mortuus est.
Unter diesem Monument, Welches keinen Namen nennt, Ruht ein Herr von deutschem Blut, Deutschem Schlund und deutschem Mut, Der hier starb den schönsten Tod- Seine Schuld vergeb' ihm Gott!
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