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Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll.

Ich breche sie, ohne zu wissen,
Wem ich sie geben soll.

Und Regen, Sturm und Gewitter
Verpass ich unter dem Baum,
Die Thüre dort bleibet verschlossen;
Doch alles ist leider ein Traum.

Es stehet ein Regenbogen
Wohl über jenem Haus!
Sie aber ist weggezogen,
Und weit in das Land hinaus.

Hinaus in das Land und weiter,
Vielleicht gar über die See.
Vorüber, ihr Schafe, vorüber!
Dem Schäfer ist gar so weh.

Trost in Thränen.

Wie kommt's, daß du so traurig bist,

Da alles froh erscheint?

Man sieht dir's an den Augen an:
Gewiß du hast geweint.

"

Und hab ich einsam auch geweint,

So it's mein eigner Schmerz,
Und Thränen fließen gar so süß,
Erleichtern mir das Herz."

Die frohen Freunde laden dich,
O! komm an unsre Brust!
Und was du auch verloren hast,
Vertraue den Verlust.

Ihr lärmt und rauscht, und ahnet nicht, Was mich den Armen quålt.

Ach nein! Verloren hab' ich's nicht,

So sehr es mir auch fehlt.”

So raffe denn dich eilig auf,
Du bist ein junges Blut.

In deinen Jahren hat man Kraft,
Und zum Erwerben Muth.

,,Ach nein! erwerben kann ich's nicht,

Es steht mir gar zu fern.

Es weilt so hoch, es blinkt so schön,
Wie droben jener Stern.“

Die Sterne, die begehrt man nicht,
Man freut sich ihrer Pracht,
Und mit Entzücken blickt man auf
In jeder heitern Nacht.

,,Und mit Entzücken blick' ich auf,
So manchen lieben Tag;
Verweinen läßt die Nächte mich,
So lang' ich weinen mag.“

Nacht gesang.

O! gib, vom weichen Pfühle,
Träumend, ein halb Gehör!
Bei meinem Saitenspiele
Schlafe! was willst du mehr?

Bei meinem Saitenspiele
Segnet der Sterne Heer
Die ewigen Gefühle!

Schlafe! was willst du mehr?

Die ewigen Gefühle
Heben mich, hoch und hehr,
Aus irdischem Gewühle;
Schlafe! was willst du mehr?

Vom irdischen Gewühle
Trennst du mich nur zu sehr,
Bannst mich in diese Kühle;
Schlafe! was willst du mehr?

Bannst mich in diese Kühle, Gibst nur im Traum Gehör. Ach! auf dem weichen Pfühle' Schlafe! was willst du mehr?

Sehnsucht.

Was zieht mir das Herz so?
Was zieht mich hinaus?
Und windet und schraubt mich
Aus Zimmer und Haus?
Wie dort sich die Wolken
um Felsen verziehn!
Da möcht' ich hinüber,
Da möcht' ich wohl hin!

Nun wiegt sich der Naben.
Geselliger Flug;

Ich mische mich drunter

Und folge dem Zug.

Und Berg und Gemåuer

Umfittigen wir;

Sie weilet da drunten

Ich spähe nach ihr.

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Und fingt es an mich.“

Die scheidende Sonne
Verguldet die Höhn;
Die sinnende Schöne
Sie läßt es geschehn.
Sie wandelt am Bache
Die Wiesen entlang,
Und finster und finstrer
Umschlingt sich der Gang;

Auf einmal erschein' ich
Ein blinkender Stern.
,,Was glänzet da droben?
So nah und so fern?"
Und hast du, mit Staunen,
Das Leuchten erblickt;
Ich lieg' dir zu Füßen,
Da bin ich beglückt!

A n

Mignon.

Ueber Thal und Fluß getragen

Ziehet rein der Sonne Wagen.
Ach! sie regt, in ihrem Lauf,
So wie deine, meine Schmerzen,
Tief im Herzen,

Immer morgens wieder auf.

1

Kaum will mir die Nacht noch frommen, Denn die Träume selber kommen

Nun in trauriger Gestalt,

Und ich fühle dieser Schmerzen,

Still im Herzen,

Heimlich bildende Gewalt.

Schon seit manchen schönen Jahren

Seh' ich unten Schiffe fahren;
Jedes kommt an seinen Ort;
Über ach, die steten Schmerzen,
Fest im Herzen,

Schwimmen nicht im Strome fort.

Schön in Kleibern muß ich kommen,
Aus dem Schrank sind sie genommen,
Weil es heute Festtag ist;

Niemand ahnet, daß von Schmerzen
Herz im Herzen

Grimmig mir zerrissen ist.

Heimlich muß ich immer weinen,
Aber freundlich kann ich scheinen
Und sogar gesund und roth;

Wären tödtlich diese Schmerzen

Meinem Herzen,

Ach! schon lange war ich todt.

Berg s chlo ß.

Da droben auf jenem Berge

Da steht ein altes Schloß,
Wo, hinter Thoren und Thüren,
Sonst lauerten Ritter und Noß.

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