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Dieselbe.

So last mich scheinen, bis ich werde,
Zieht mir das weiße Kleid nicht aus!
Ich eile von der schönen Erde
Hinab in jenes feste Haus.

Dort ruh' ich eine kleine Stille,
Dann öffnet sich der frische Blick;
Ich lasse dann die reine Hülle,
Den Gürtel und den Kranz zurück.

Und jene himmlischen Gestalten
Sie fragen nicht nach Mann und Weib,
Und keine Kleider, keine Falten
Umgeben den verklärten Leib.

Zwar lebt' ich ohne Sorg und Mühe, Doch fühlt' ich tiefen Schmerz genung. Vor Kummer altert' ich zu frühe; Macht mich auf ewig wieder jung.

Har fè n spieler.

Wer sich der Einsamkeit ergibt

Ach! der ist bald allein,

Ein jeder lebt, ein jeder liebt,
Und läßt ihn seiner Pein.

Ja, last mich meiner Qual!

und kann ich nur einmal Recht einsam seyn,

Dann bin ich nicht allein.

Es schleicht ein Liebender lauschend sacht, Ob seine Freundin allein?

So überschleicht bei Tag und Nacht

Mich Einsamen die Pein,
Mich Einsamen die Qual.
Ach werd' ich erst einmal
Einsam im Grabe seyn,
Da läßt sie mich allein!

Der fel be.

An die Thüren will ich schleichen,
Still und sittsam will ich stehn;
Fromme Hand wird Nahrung reichen;
Und ich werde weiter gehn.
Jeder wird sich glücklich scheinen,
Wenn mein Bild vor ihm erscheint;
Eine Thräne wird er weinen,

Und ich weiß nicht was er weint.

Derselbe.

Wer nie sein Brod mit Thrånen aß,

Wer nie die kummervollen Nächte

Auf seinem Bette weinend saß,

Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!

Ihr führt in's Leben uns hinein, Ihr laßt den Armen schuldig werden, Dann überlaßt ihr ihn der Pein: Denn alle Schuld råcht sich auf Erden.

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Singet nicht in Trauertönen Von der Einsamkeit der Nacht, Nein, sie ist, o holde Schönen, Zur Geselligkeit gemacht.

Wie das Weib dem Mann gegeben

Als die schönste Hälfte war,

Ist die Nacht' das halbe Leben,

Und die schönste Hälfte zwar.

Könnt ihr euch des Tages freuen,

Der nur Freuden unterbricht?
Er ist gut, sich zu zerstreuen;
Zu was anderm taugt er nicht.

Aber wenn in nächt'ger Stunde
Süßer Lampe Dämmrung fließt,
Und vom Mund zum nahen Munde
Scherz und Liebe sich ergießt:

Wenn der rasche lose Knabe, Der sonst wild und feurig eilt, Oft, bei einer kleinen Gabe, Unter leichten Spielen weilt.

Wenn die Nachtigall Verliebten

Liebevoll ein Liedchen singt,
Das Gefangnen und Betrübten
Nur wie Ach und Wehe klingt:

Mit wie leichtem Herzensregen
Horchet ihr der Glocke nicht,
Die mit zwölf bedächt'gen Schlägen
Ruh und Sicherheit verspricht!

Darum an dem langen Tage

Merke dir es, liebe Brust:
Jeder Tag hat seine Plage
Und die Nacht hat ihre Lust.

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