Page images
PDF
EPUB

91.

O, wie achter' ich sonst auf alle Zeiten des Jahres;

Grüßte den kommenden Lenz, sehnte dem Herbste mich nach! Aber nun ist nicht Sommer noch Winter, seit mich Beglückten Amors Fittig bedeckt, ewiger Frühling umschwebt.

92.

Sage, wie lebst du? Ich lebe! und wären hundert und hundert Jahre dem Menschen gegönnt, wünscht' ich mir morgen, wie

heut. 93.

Götter, wie foll ich euch danken! Ihr habt mir alles gegeben, Was der Mensch sich erfleht; nur in der Regel fast nichts.

94.

In der Dämmrung des Morgens den höchsten Gipfel erklimmen, Frühe den Boten des Tags grüßen, dich, freundlichen Stern! Ungeduldig die Blicke der Himmelsfürstin erwarten,

Wonne des Jünglings, wie oft locktest du Nachts mich heraus! Nun erscheint ihr mir, Boten des Tags, ihr himmlischen Augen Meiner Geliebten, und stets kommt mir die Sonne zu früh.

95..

Du erstaunest, und zeigst mir das Meer; es scheinet zu brennen. Wie bewegt sich die Fluth flammend um's nächtliche Schiff! Mich verwundert es nicht, das Meer gebar Aphroditen,

Und entsprang nicht aus ihr uns eine Flamme, der Sohn?

96.

Glänzen sah ich das Meer, und blinken die liebliche Welle; Frisch mit günstigem Wind zogen die Segel dahin. Keine Sehnsucht fühlte mein Herz; es wendete rückwärts,

Nach dem Schnee des Gebirgs, bald sich der schmachtende Blick. Südwärts liegen der Schäße' wie viel! Doch einer im Norden Zieht, ein großer Magnet, unwiderstehlich zurück.

97.

[ocr errors]

Ach! mein Mädchen verreist! Sie steigt zu Schiffe! Mein König,

Aeolus! mächtiger Fürst! halte die Stürme zurück!

Thdrichter! ruft mir der Gott; befürchte nicht wüthende Stürme: Fürchte den Hauch, wenn sanft Amor die Flügel bewegt!

98.

Arm und kleiderlos war, als ich sie geworben, das Mädchen; Damals gefiel sie mir nackt, wie sie mir jezt noch gefällt.

99.

Oftmals hab' ich geirrt, und habe mich wieder gefunden,
Aber glücklicher nie; nun ist dieß Mädchen mein Glück!
Ist auch dieses ein Irrthum, so schont mich, ihr flügeren Götter,
Und benehmt mir ihn erst drüben am kalten Gestad.

100.

Traurig, Midas, war dein Gefchic: in bebenden Hånden Fühltest du, hungriger Greis, schwere verwandelte Kost. Mir, im ähnlichen Fall, geht's luft'ger; denn was ich berühre, Wird mir unter der Hand gleich ein behendes Gedicht, Holde Musen, ich stråube mich nicht; nur daß ihr mein Liebchen, Drúď ich es fest an die Brust, nicht mir zum Mährchen

verkehrt?

101.

Ach, mein Hals ist ein wenig geschwollen! so sagte die Beste Aengstlich. Stille, mein Kind! still! und vernehme das Wort:

[ocr errors]

Dich hat die Hand der Venus berührt; sie deutet dir leise, Daß sie das Körperchen bald, ach! unaufhaltsam verstellt. Bald verdirbt sie die schlanke Gestalt, die zierlichen Brüstchen.

Alles schwillt nun; es past nirgends das neuste Gewand. Sey nur ruhig! es deutet die fallende Blüthe dem Gårtner, Daß die liebliche Frucht schwellend im Herbste gedeiht.

102.

Wonniglich ist's, die Geliebte verlangend im Arme zu halten, Wenn ihr klopfendes Herz Liebe zuerst dir gesteht, Wonniglicher, das Pochen des Neulebendigen fühlen,

Das in dem lieblichen Schoos immer sich nährend bewegt.

Schon versucht es die Sprünge der raschen Jugend; es klopfet Ungeduldig schon an, sehnt sich nach himmlischem Licht. Harre noch wenige Tage! Auf allen Pfaden des Lebens Führen die Horen dich streng, wie es das Schicksal gebeut. Widerfahre dir, was dir auch will, du wachsender Liebling Liebe bildete dich; werde dir Liebe zu Theil!

103.

Und so tåndelt' ich mir, von allen Freunden geschieden,

[ocr errors]

In der neptunischen Stadt Tage wie Stunden hinweg. Alles, was ich erfuhr, ich würzt es mit süßer Erinn'rung,

Würzt es mit Hoffnung; sie sind lieblichste Würzen der Welt.

1

Weiss agungen des Bakis.

Seltsam ist Propheten Lied;

Doppelt seltsam, was geschieht.

« PreviousContinue »