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Hat bir doch kein Strauß, tein Kranz des Tages gefehlet, Seit dem ersten, der dich mir so von Herzen verband. Er.

Ja, noch hängt er zu Hause, der erste Kranz, in der

Kammer,

Welchen du mir, den Schmaus lieblich umwandelnd, ges

reicht. Sie.

Da ich den Becher dir kränzte, die Rosenknospe hineinfiel,
Und du trankest, und riefst: Mädchen, die Blumen sind

Gift!
Et.

Und dagegen du sagtest: sie sind voll Honig, die Blumen;
Aber die Biene nur findet die Süßigkeit aus.

Sie.

Und der rohe Timanth ergriff mich, und sagte; die, Hummelu Forschen des herrlichen Kelchs süße Geheimnisse wohl ? '

Er.

Und du wandtest dich weg, und wolltest fliehen; es stürzten, Vor dem täppischen Mann, Körbchen und Blumen hinab.

Sie.

Und du riefst ihm gebietend: das Mädchen laß nur! die Sträuße,

So wie das Mädchen selbst, sind für den feineren Sinn,

Er.

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Aber fester hielt er dich nur; es grinste der Lacher,
Und dein Kleid zerriß oben vom Nacken herab.

Ste.

Und du warsst in begeisterter Wuth den Becher hinüber,
Daß er am Schedel ihm, häßlich vergossen, erklang,

Er.

Wein und Zorn verblendeten mich; doch sah ich den weißen Nacken, die herrliche Brust, die du bedecktest, im Blick.

Sie.

Welch ein Getümmel ward und ein Aufstand! Purpurn das Blut lief,

Mit dem Weine vermischt, gräulich dem Gegner vom Haupt.

Er.

Dich nur sah ich, nur dich am Boden kniend, verdrießlich; Mit der einen Hand hieltst das Gewand du hinauf.

Sie.

Ach da flogen die Teller nach dir! Ich sorgte, den edeln Ffrembling träfe der Wurf kreisend geschwungnen Metalls. € r.

Und doch sah ich nur dich, wie rasch mit der anderen Hand du Körbchen, Blumen und Kranz sammeltest unter dem Stuhl.

Sie.

Schüßend tratest du vor, daß nicht mich verleßte der Zufall, Oder der zornige Wirth, weil ich das Mahl ihm gestört.

Er.

Ja, ich erinn're mich noch; ich nahm den Teppich, wie einer, Der auf dem linken Arm gegen den Stier ihn bewegt.

Sie.

Ruhe gebot der Wirth und sinnige Freunde. Da schlüpft' ich Sachte hinaus; nach dir wendet' ich immer den Blick.

Er.

Ach, du warst mir verschwunden! Vergebens fucht' ich in allen Winkeln des Hauses herum, so wie auf Straßen und Markt.

Sie.

Scharnhaft blieb ich verborgen. Das unbescholtene Mädchen,
Eonst von den Bürgern geliebt, war nun das Mährchen
des Tags.
Er.

Blunien sah ich genug und Sträuße, Kränze die Menge;
Aber du fehltest mir, aber du fehltest der Stadt.

Sie.

Stille saß ich zu Hause. Da blätterte los sich vom Zweige Manche Rose, so auch dorrte die Nelke dahin.

Er.

Mancher Jüngling sprach auf dem Plaß: da liegen die Blumen!
Aber die Liebliche fehlt, die sie verbände zum Kranz.
Sie.

Kränze band ich indessen zu Haus, und ließ sie verwelken.
Siehst du? da hangen sie noch, neben dem Herde, für dich.
Er.

Auch so welkte der Kranz, dein erstes Geschenk! Ich vergaß nicht Ihn im Getümmel, ich hing neben dem Bett mir ihn auf,

Sie.

Abends betrachtet ich mir die welkenden, saß noch und weinte, Bis in der dunkelen Nacht Farbe nach Farbe verlosch.

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Irrend ging ich umher, und fragte nach deiner Behausung; Keiner der Eitelsten selbst konnte mir geken Bescheid.

Sie.

Keiner hat je mich besucht, und Keiner weiß die entlegne
Wohnung; die Größe der Stadt birget die Aermere leicht.
Er.

Irrend lief ich umher und flehte zur spåhenden Sonne:
Zeige mir, mächtiger Gott, wo du im Winkel ihr scheinst!
Sie.

Große Götter hörten dich nicht; doch Penia hört' es.
Endlich trieb die Noth nach dem Gewerbe mich aus.

Er.

Trieb nicht noch dich ein anderer Gott, den. Beschüßer zu suchen? Hatte nicht Amor für uns wechselnde Pfeile getauscht?

Sie.

Spähend sucht' ich dich auf bei vollem Markt, und ich sah dich!

Er.

Und es hielt das Gedrång' keines der Liebenden auf.

Sie.

Schnell wir theilten das Volk, wir kamen zusammen, du standest,

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Und du standest vor mír, ja! und wir waren allein.

Sie.

Mitten unter den Menschen! sie schienen nur Sträucher und

Єr.

Bäume,

Und mir schien ihr Getös' nur ein Geriefel des Quells.

Sie.

Immer allein sind Liebende sich in der größten Versammlung; Aber sind sie zu zwey'n, stellt auch der Dritte sich ein.

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Amor, ja! er schmückt sich mit diesen herrlichen Kränzen. Schütte die Blumen nun doch fort, aus dem Schoose den

Rest!
Sie.

Nun, ich schüttle sie weg, die schönen. In deiner Umarmung, Lieber, geht mir auch heut wieder, die Sonne nur auf.

Euphros y n e.

Auch von des höchsten Gebirgs beeisten zackigen Gipfeln
Schwindet Purpur und Glanz scheidender Sonne hinweg.
Lange verhüllt schon Nacht das Thal und die Pfade des Wandrers,
Der, am tosenden Strom, auf zu der Hütte sich sehnt,
Zu dem Ziele des Tags, der stillen hirtlichen Wohnung;
Und der göttliche Schlaf eilet gefällig voraus,
Dieser holde Gefelle des Reisenden. Daß er auch heute,
Segnend, kränze das Haupt mir mit dem heiligen Mohn.
Aber was leuchtet mir dort vom Felsen glänzend herüber,

Und erhellet den Duft schäumender Ströme so hold?
Strahlt die Sonne vielleicht durch heimliche Spalten und Klüfte?
Denn kein irdischer Glanz ist es, der wandelnde, dort.
Näher wälzt sich die Wolke, sie glüht. Ich staune dem Wunder!
Wird der rosige Strahl nicht ein bewegtes Gebild?
Welche Göttin nahet sich mir? und welche der Musen

Suchet den treuen Freund, selbst in dem grausen Geflüft?

Schöne Göttin! enthülle dich mir, und täusche, verschwindend, Nicht den begeisterten Sinn, nicht das gerührte Gemüth. Nenne, wenn du es darfst vor einem Sterblichen, deinen

Göttlichen Namen; wo nicht: rege bedeutend mich auf, Daß ich fühle, welche du seyst von den ewigen Töchtern

Zeus, und der Dichter sogleich preise dich würdig im Lied. „Kennst du mich, Guter, nicht mehr? Und käme diese Gestalt dir,

Die du doch sonst geliebt, schon als ein fremdes Gebild? Zwar der Erde gehör' ich nicht mehr, und trauernd entschwang sich

Schon der schaudernde Geist jugendlich frohem Genuß;
Aber ich hoffte, mein Bild, noch fest in des Freundes Erinn’rung
Eingeschrieben, und noch schön durch die Liebe verklärt.
Ja, schon sagt mir gerührt dein Blick, mir sagt es die Thrane:
Euphrosyne, sie ist noch von dem Freunde gekannt.
Sieh, die Scheidende zieht durch Wald und grauses Gebirge,
Sucht den wandernden Mann, ach! in der Ferne noch auf;
Sucht den Lehrer, den Freund, den Vater, blicket noch einmal
Nach dem leichten Gerüst irdischer Freuden zurück.

Laff' mich der Tage gedenken, da mich das Kind, du dem: Spiele
Jener täuschenden Kunst reizender Musen geweiht.
Las mich der Stunde gedenken, und jedes kleineren Umstands.
Ach, wer ruft nicht so gern Unwiederbringliches an!
Jenes süße Gedränge der leichtesten irdischen Tage,

Ach, wer schäßt ihn genug, diesen vereilenden Werth! Klein erscheinet es nun, doch ach! nicht kleinlich dem Herzen; Macht die Liebe, die Kunst, jegliches Kleine doch groß. Denkst du der Stunde noch wohl, wie, auf dem Breter - Gerúste, Du mich der höheren Kunst ernstere Stufen geführt? Knabe schien ich, ein rührendes Kind, du nanntest mich Arthur, Und belebtest in mir brittisches Dichter-Gebild,

Drohtest mit grimmiger Gluth den armen Augen, und wandtest
Selbst den thránenden Blick, innig getäuschet, hinweg.
Ach! da warst du so hold und schüßtest ein trauriges Leben,
Das die verwegene Flucht endlich dem Knaben entriß.
Freundlich faßtest du mich, den Zerschmetterten, trugst mich von
dannen,

Und ich heuchelte lang', dir an dem Busen, den Tod.
Goethe'a Getichte. I. Bd.

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