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Zu Flügeln werden ihre Hände;

Ihr Busen wird mit einem Kropf verbaut;
Und Federn überziehn die Haut.

Ists möglich, daß ich dieses glaube ?
Ja! Chloris wird zu einer Taube.

Wie zittert ihr Geliebter nicht!
Hier sieht er seine Schöne fliegen.
Sie fliegt ihm dreymal ums Gesicht,

Als wollte sie sich noch durch einen Kuß vergnügen.
Wozu sie sonst die Neigung angetrieben,

Das scheint sie auch, als Taube, noch zu lieben.

Das Pugen war ihr Zeitvertreib.

O seht, wie pußt sie ihren Leib!

Sie rupft die Federn aus, um sich recht glatt zu machen; Sie fliegt ans Waschfaß hin, thut, was sie sonst gethan, Fängt Hals und Bruft zu baden an.

Wie schön hör ich die Taube lachen!

Fragt nicht, was sie zu lachen macht!
Sie hat, als Chloris, schon oft über nichts gelacht.
Iht naht sie sich dem großen Spiegel,

Vor dem sie manchen Tag in Mienen sich geübt,
Besieht den weissen Hals, bewundert ihre Flügel,
und fängt schon an, in sich verliebt,

Mit jüngferlichem Stolz sich kostbar zu geberden.
Uch Götter! ruft ihr Freund betrübt,

Laßt diese Taube doch zur Chloris wieder werden.
Umsonst, spricht Venus, ist dein Flehn;

Zur Taube schickte sie sich schön,

Und niemals werd ich ihr die Menschheit wieder geben.
Sie hat geseufzt, gebuhlt, gelacht,

Sich stets gepust, und nie gedacht;

Als Taube kann sie recht nach ihrer Neigung leben.

O! wenn sich nur die Göttinn nicht entschließt, Die Schönen alle zu verwandeln,

Die eben so, wie Chloris, handeln !

Man sagt, daß sie es Willens ist.

Ach! Göttinn, ach! wie zahlreich wird auf Erden
Alsdann das Volk der Tauben werden!

Mit einer Frau wird man zu Bette gehn,

und früh auf seiner Brust ein Täubchen sizen sehn. Mich dauert im voraus manch reizendes Gesicht. Oliebe Venus, thu es nicht!.

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Ein Mann, den lange schon die Gliederkrankheit plagte, That alles, was man ihm nur sagte,

und konnte doch von seiner Pein

Auf keine Weise sich befreyn.

Ein altes Weib, der er sein Elend klagte,

Schlug ihm geheimnißvoll ein magisch Mittel vor.

Ihr müßt euch, zischt sie ihm ins Ohr,

Auf eines Frommen Grab bey früher Sonne seßen,
und euch mit dem gefallnen Thau

Dreymal die Hand, dreymal den Schenkel negen;
Es hilft, gedenkt an eine Frau!

Der Kranke that, was ihm die Alte sagte;

Denn sagt, was thut man nicht, ein Uebel los zu feyn ? [ Er gieng zum Kirchhof hin, und zwar, so bald ́es tagte, und trat an einen Leichenstein,

und las:,,Wer dieser Mann gewesen,

,, Läßt, Wandrer, dich sein Grabmal lesen.

"

"

Er war das Wunder seiner Zeit,

Das Muster wahrer Frömmigkeit;

Und daß man viel mit wenig Worten sagt:

„Er ists, den Kirch und Schul, und Stadt und Land beklagt."

Hier seht sich der Geplagte nieder,
Beneßt die halb gelähmten Glieder;
Doch ohne Wirkung bleibt die Cur,
Sein Gliederschmerz vermehrt sich nur.
Er greift betrübt nach seinem Stabe,
Schleicht von des frommen Mannes Grabe,
Und sezt sich auf das nächste Grab,
Dem keine Schrift ein Denkmal gab;
Hier nahm sein Schmerz allmählig ab.
Er braucht sogleich sein Mittel wieder;
Schnell lebten die gelähmten Glieder,
Und, ohne Schmerz und ohne Stab,
Verließ er dieses fromme Grab.

Ach! rief er, läßt kein Stein mich lesen,
Wer dieser fromme Mann gewesen?
Der Küster kam von ungefähr herbey;

Den fragt der Mann, wer hier begraben sey?

Der Küster läßt sich lange fragen,

Als könnt ers ohne Scheu nicht sagen.

Ach! hub er endlich seufzend an:

Verzeih mirs Gott! es war ein Mann,
Dem, weil er Kegereyen glaubte,
Man kaum ein ehrlich Grab erlaubte;
Ein Mann, der lose Künste trieb,
Comödien und Verse schrieb;

Er war, wie ich mit Recht behaupte,
Ein Neuling und ein Bösewicht.

Nein! sprach der Mann, das war er nicht,
So gottlos ihn die Leute schalten;

Doch jener dort, den ihr für fromm gehalten,
Von dem sein Grab so rühmlich spricht,
Der war gewiß ein Bösewicht.

Der Fuchs und die Elster.

Zur Elster sprach der Fuchs: O! wenn ich fragen mag,
Was sprichst du doch den ganzen Tag?
Du sprichst wohl von besondern Dingen?
Die Wahrheit, rief sie, breit ich aus.
Was keines weis heraus zu bringen,
Bring ich durch meinen Fleiß heraus,
Vom Adler bis zur Fledermaus.

Dürft ich, versezt der Fuchs, mit Bitten dich beschweren:
So wünscht ich mir, etwas von deiner Kunst zu hören.
So, wie ein weiser Arzt, der auf der Bühne steht,
und seine Künste rühmt, bald vor, bald rückwärts geht,
Sein seidnes Schnupftuch nimmt, sich räuspert, und dann spricht:
So lief die Elster auch den Ust bald auf, bald nieder,
und strich an einen Zweig den Schnabel hin und wieder,
Und macht ein sehr gelehrt Gesicht.

Drauf fängt sie ernsthaft an, und spricht:

Ich diene gern mit meinen Gaben,

Denn ich behalte nichts für mich.

Nicht wahr, Sie denken doch, daß Sie vier Füße haben?
Allein, Herr Fuchs, Sie irren sich.

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Nur zugehört! Sie werdens finden,
Denn ich beweis es gleich mit Gründen.

Ihr Fuß bewegt sich, wenn er geht,

Und er bewegt sich nicht, so lang er stille steht;
Doch merken Sie, was ich ist sagen werde,
Denn dieses ist es noch nicht ganz.

So oft Ihr Fuß nur geht, so geht er auf der Erde.
Betrachten Sie nun Ihren Schwanz.

Sie sehen, wenn Ihr Fuß sich reget,

Daß auch Ihr Schwanz sich mit beweget;

Itt ist Ihr Fuß bald hier, bald dort,

Und so geht auch Ihr Schwanz mit auf der Erde fort,
So oft Sie nach den Hünern reisen.

Daraus zieh ich nunmehr den Schluß,
Ihr Schwanz, das sey Ihr fünfter Fuß:
Und dieß, Herr Fuchs, war zu beweisen.

Ja, dieses hat uns noch gefehlt;
Wie freu ich mich, daß es bey Thieren
Auch große Geister giebt, die alles demonstriren!
Mir hats der Fuchs für ganz gewiß erzählt.
Je minder sie verstehn, sprach dieses schlaue Vieh,
um desto mehr beweisen sie.

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