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Wider den llebermuth.

Was ist mein Stand, mein Glück, und jede gute Gabe?

Ein unverdientes Gut.

Bewahre mich, o Gott, von dem ich alles habe,

Vor Stolz und Uebermuth.

Wenn ich vielleicht der Welt mehr, als mein Nächster, nüge;

Wer gab mir Kraft dazu?

Und wenn ich mehr Verstand, als er besigt, besige;

Wer gab mir ihn, als du?

Wenn mir ein größer Glück, als ihn erfreut, begegnet;
Bin ich ein beßrer Knecht?

Giebt deine Gütigkeit, die mich vor andern segnet,
Mir wohl zum Stolz ein Recht?

Wenn ich, geehrt und groß, in Würden mich erblicke;
Gott, wer erhöhte mich?

Ist nicht mein Nächster oft, bey seinem kleinern Glücke,
Viel würdiger, als ich?

Wie könnt ich mich, o Gott! des Guten überheben,
Und meines schwachen Lichts?

Was ich besig, ist dein. Du sprichst! so bin ich Leben;
Du sprichst! so bin ich Nichts.

Von dir kömmt das Gedeihn, und jede gute Gabe
Von dir, du höchstes Gut!

Bewahre mich, o Gott, von dem ich alles habe,
Vor Stolz und Uebermuth.

Beständige Erinnerung des Todes.

Was sorgft du ängstlich für dein Leben?

Es Gott gelassen übergeben,

Ist wahre Ruh und deine Pflicht.
Du sollst es lieben, weislich nügen,
Es dankbar, als ein Glück, besigen,
Verlieren, als verlörst dus nicht.

Der Tod soll dich nicht traurig schrecken;
Doch dich zur Weisheit zu erwecken,
Soll er dir stets vor Augen seyn.
Er soll den Wunsch zu leben mindern,
Doch dich in deiner Pflicht nicht hindern,
Vielmehr dir Kraft dazu verleihn.

Ermattest du in deinen Pflichten:
So laß den Tod dich unterrichten,
Wie wenig deiner Tage sind.

Sprich: Sollt ich Gutes wohl verschieben?
Nein, meine Zeit, es auszuüben,
Ist kurz, und sie verfliegt geschwind.

Denk an Tod, wenn böse Triebe,

Wenn Lust der Welt und ihre Liebe
Dich reizen; und ersticke sie.

Sprich: Kann ich nicht noch heute sterben?

und könnt ich auch die Welt erwerben,

Begieng ich doch solch Uebel nie.

Denk an den Tod, wenn Ruhm und Ehren, Wenn deine Schäße sich vermehren,

Gellert I.

26

Daß du fie nicht zu heftig liebst.
Denk an die Eitelkeit der Erden,
Daß, wenn sie dir entrissen werden,
Du dann dich nicht zu sehr betrübst.

Denk an den Tod bey frohen Tagen.
Kann deine Luft sein Bild vertragen:
So ist sie gut und unschuldsvoll.
Sprich, dein Vergnügen zu versüßen:
Welch Glück werd ich erst dort genießen,
Wo ich unendlich leben soll!

Denk an den Tod, wenn deinem Leben" Das fehlt, wornach die Reichen streben; Sprich: Bin ich hier, um reich zu seyn?. Heil mir, wenn ich in Christo sterbe! Dann ist ein unbeflecktes Erbe,

Dann ist der Himmel Reichthum mein.

Denk an den Tod, wenn Leiden kommen; Sprich: Alle Trübsal eines Frommen Ist zeitlich, und im Glauben leicht. Ich leide; doch von allem Bösen Wird mich der Tod bald, bald erlösen'; Er ists, der mir die Krone reicht.

Denk an den Tod, wenn freche Rotten Des Glaubens und der Tugend spotten, Und Laster stolz ihr Haupt erhöhn.- 21 (1) Sprich bey dir selbst: Gott trägt die Frechen; Doch endlich kömmt er, sich zu rächen, Und plöglich werden sie vergehn.

Denk an den Tod zur Zeit der Schrecken, Wenn Pfeile Gottes in dir stecken ;

Du rufst, und er antwortet nicht.
Sprich: Sollte Gott mich ewig hassen?
Er wird mich sterbend nicht verlassen;
Dann zeigt er mir sein Angesicht.

So suche dir in allen Fällen
Den Tod oft, lebhaft, vorzustellen;
So wirst du ihn nicht zitternd scheun;
So wird er dir ein Troft in Klagen,
Ein weiser Freund in guten Tagen,
Ein Schild in der Versuchung seyn.

Osterlied.

Erinnre dich, mein Geist, erfreut Des hohen Tags der Herrlichkeit; Halt im Gedächtniß Jesum Chrift, Der von dem Tod erstanden ist!

Fühl alle Dankbarkeit für ihn,
Als ob er heute dir erschien,
Als spräch er: Friede sey mit dir!
So freue dich, mein Geist, in mir.

Schau über dich, und bet ihn an.
Er mißt den Sternen ihre Bahn;
Er lebt und herrscht mit Gott vereint,
und ist dein König und dein Freund.

Macht, Ruhm und Hoheit immerdar
Dem, der da ist, und der da war!
Sein Name sey gebenedeyt,

Von nun an bis in Ewigkeit!

Glaube, der das Herz erhöht!

Was ist der Erde Majestät,

Wenn sie mein Geist mit der vergleicht,
Die ich durch Gottes Sohn erreicht ?

Vor seinem Thron, in seinem Reich,
unsterblich, heilig, Engeln gleich,
Und ewig, ewig selig seyn;
Herr, welche Herrlichkeit ist mein !

Mein Herz erliegt froh unter ihr;
Lieb und Verwundrung kämpft in mir,
Und voll von Ehrfurcht, Dank und Pflicht,
Fall ich, Gott, auf mein Angesicht.

Du, der du in den Himmeln thronst,
Ich soll da wohnen, wo du wohnst,
Und du erfüllst einst mein Vertraun,
In meinem Fleische dich zu schaun?

Ich soll, wenn du, des Lebens Fürst,
In Wolken göttlich kommen wirst,
Erweckt aus meinem Grabe gehn,
und rein zu deiner Rechten stehn?

Mit Engeln und mit Seraphim,
Mit Thronen und mit Cherubim,
Mit allen Frommen aller Zeit
Soll ich mich freun in Ewigkeit ?

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