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Du schleichst durchs bunte That, streifft durch die grüne Heide,
Und was du siehst, ist Lust, und was du fühlst, ist Freude.
Dein Aug erweitert sich und mit ihm selbst dein Geist;
Siehst, wie der stolze Baum Gott, seinen Schöpfer, preist,
Siehst, wie durch Fruchtbarkeit die Saaten ihn verehren,
Und des Berufs sich freun, die Menschen zu ernähren;
Siehst, wie das kleinste Gras, das dort in Demuth steht,
Den mit verborgner Kunst, der es gemacht, erhöht;
Du siehsts und wirst entzückt. Dir lacht die ganze Fläche,
Dir weht der sanfte West, dir rauschen frohe Bäche,
Dir singt der Vögel Chor, dir springt zufriednes Wild,
und alles ist für dich mit Wollust angefüllt;

Und du, an Unschuld reich, und sicher im Gewissen,
Triffft da viel Freuden an, wo Tausend sie vermissen.

Frey von des Neides Pein, frey von des Geizes Last, Strebst du nach wenigem, und haft mehr, als du hast; Siehst stets auf deine Pflicht, oft auf dein kurzes Leben, Nie ohne Freudigkeit auf den, der dirs gegeben.

Du siehst durch dessen Hand, der war, eh du gedacht,

Den Plan zu deinem Glück von Ewigkeit gemacht,

Den Plan zum Glück des Wurms, der ist vor dir verschwindet, Und Nahrung und ein Haus im kleinsten Sandkorn findet.

In deines Freundes Arm, an deiner Gattinn Brust, Wird oft ein kleines Glück für dich die größte Lust. Und kömmt ein Ungemach, (denn wer hat keins zu tragen?) So ifts doch schon ein Trost, es ihm und ihr zu klagen. Du hörst, daß dich dein Feind zu lästern sich erkühnt. Es schmerzt; doch Trost genug, du hast es nicht verdient. Ein Unfall raubt deinGut, ein Räuber hats entführet. Es schmerzt; doch Glück genug, daß Gott die Welt regieret.

Du fühlst ein ander Weh; du fühlst der Krankheit Pein;
Doch Trost genug, nicht krank durch eigne Schuld zu seyn.
Dir raubt der Tod dein Weib, den Freund, den einzgen Erben.
Es schmerzt; doch Trost genug, sie waren werth zu sterben.

So sey dein liebstes Gut ein frommes weises Herz,
Dieß mehre deine Luft, dieß mindre deinen Schmerz;

Dieß sey dein Stolz, dein Schak, dein höchstes Ziel auf Erden.
Sonst alles, nur nicht dieß, kann dir entrissen werden.
Zu wissen, es sey dein, zu fühlen, daß dus hast,
Dieß Glück erkaufft du nicht um aller Güter Last;

Und ohne dieses Herz schmeck noch so viel Vergnügen,

Es ist ein Rausch, und bald, bald wird der Rausch verfliegen.

Der Christ.*)

Mensch, der du Christen schmähst, was ist in ihrer Lehre, Das der Vernunft ein Schimpf und Gott nicht rühmlich wäre? **) Verdient sie deinen Haß, verdient sie deinen Spott?

Zeig uns ein besser Glück und einen bessern Gott,

Als uns die Schrift gezeigt. Komm, zeig uns schönre Pflichten,
Mehr Antrieb, sie dem Gott der Menschen zu entrichten,
Mehr Tugend für das Herz und für das Glück der Welt,
Mehr Trost, wenn sein Gericht der Richter in uns hält,
Mehr Licht, wenn fürchterlich uns finstre Zweifel quälen,
Mehr Edelmuth im Glück, in Noth mehr Ruh der Seelen.

*) (Zuerst in den Lehrgedichten und Erzählungen, 1754.)

Das der Vernunft kein Nuhm, noch Gottes würdig wäre? 1763.

Bring eine Lehre vor, die besser für uns wacht,

Uns weiser, ruhiger und tugendhafter macht:

Und dann will ich mit dir die Schrift mit Spott betrachten,
Ihr Wort für Menschenwort und deins für Gottes achten.
Bring diese Lehre vor; wo nicht, so sey ein Chrift,

Wenn du, wie du dich rühmst, ein Freund der Wahrheit bist.
Sonst fürcht ich, daß dein Herz, sein Laster zu verehren,
Den Gott nicht kennen will, den seine Boten lehren.

Auf, Dichtkunst! ehre den, den stolz der Freygeist schilt, Und zu des Christen Ruhm entwirf des Christen Bild! Ist er der Weise nicht, der nach der Wahrheit strebet? Durch sie erleuchtet, denkt, durch sie gebessert, lebet? Er ehret die Vernunft, und das, was ihr gebricht, Erseßt in seinem Geist ein göttlich heller Licht. Er ists, der von dem Wahn die Wahrheit unterscheidet, Und, frey vom Vorurtheil, und von dem Stolz entkleidet, Die engen Grenzen kennt, die ein Verstand ermißt, Dem Gott oft Dunkelheit, der Mensch ein Räthsel ist. Er nimmt die Weisheit auf, mit der Gott unterrichtet; Und dessen Ausspruch ists, der seine Zweifel schlichtet, Der ihm das Licht ertheilt, die Nebel zu zerstreun, Den Muth, troß allem Wähn, der Wahrheit treu zu seyn, Des Irrthums Tyranney und die bewehrten Lügen Des Lasters, das sie schüßt, durch Glauben zu besiegen. Er kennet sich und Gott; sein Wort wird ihm Verstand. So hat kein Sokrates, kein Plato, Gott gekannt.

Durch dich, so spricht der Christ, bin ich, o Gott! vorhånden. Die Himmel und ihr Heer sind durch dein Wort entstanden; Denn, wenn du sprichst, geschiehts, wenn du gebeutst, stehts da. Mit Almacht bist du mir und auch mit Güte nah!

Gellert I.

22

Du bist der Gott der Kraft; dich preisen Erd und Meere,
Und Himmel predigen die Wunder deiner Ehre.

Dich bet ich dankend an. Mein Heil kömmt von dem Herrn.
Du hörst der Menschen Flehn und du errettest gern.
Und wenn ich deiner Hülf, o Gott! gewürdigt werde,
Was frag ich außer dir nach Himmel und nach Erde?
Im Himmel donnerst du, und Schrecken füllt das Land;
Noch fürcht ich nichts, denn du hältst mich bey deiner Hand.
Wenn ich die Himmel seh, die du, Herr, ausgebreitet,
Der Sonne Majestät, den Mond, den du bereitet,
Was ist der Mensch, o Gott! daß seiner du gedenkst?
Unzählig ist das Gut, das du ihm täglich schenkst.
Als Schafe läßt du uns auf grünen Auen weiden,

Stärkst uns mit Speis und Trank, füllst unser Herz mit Freuden.
Du sahst mich, eh der Grund der Welt geleget war;
Zogst mich aus Mutterleib, und eh sie mich gebar,
Bogst du mein Glück mir ab, und Leiden, die mich üben;
Und meiner Tage Zahl war auf dein Buch geschrieben.
Du bist der Frommen Schuß und bist der Müden Ruh,
Ein Gott, der gern verzeiht; wo ist ein Gott, wie du?
Wem soll ich sonst vertraun, als dir, du Gott der Götter?
Wen ehren, als nur dich, mein Schuß und mein Erretter?
Wie süß ist dein Befehl! gieb mir dein Herz, mein Sohn,
Und liebe mich; ich bin dein Schild und großer Lohn!
Herr! dein Gebot ist Heil und deine Wahrheit Leben.
Wie könnt ich einem Gott der Liebe widerstreben?
Umsonst lockt mich das Glück, in dem das Laster blüht;
Könnt ich ein Sünder seyn, da mich dein Auge sieht?
Auch im Verborgnen nicht soll ihm der Sieg gelingen;
Denn du wirst aller Werk einst vor Gerichte bringen.
Umsonst reizt mich die Lust, von Fleisch und Blut versüßt;
Ich weis es, daß mein Leib ein Tempel Gottes ist.

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Sollt ich der Menschen Ruhm stolz zu erringen trachten?
Nein, Herr! wenn du mich ehrst, mag mich der Mensch verachten!
Ist es des Reichthums Glück, dem ich die Seele weih?
um Reichthum ließ ich Gott? Geiz ist Abgötterey !
Sollt ich durch Schmähungen des Nächsten Ruhm verderben?
Wer seinen Bruder haßt, kann Gottes Reich nicht erben.
Verleugnen sollt ich dich, wenn die Tyrannen drohn?
Du bist der Fürsten Herr, sprich! und sie fallen schon.
Verleugnen sollt ich dich, wenn Spötter deiner spotten ?
Dich, Heiland! bet ich an; du eilst, sie auszurotten.
Dein Kreuz ist Thorheit nur dem, der verloren geht;
Uns, die der Glaube stärkt, ists Heil und Majestät.
Darf sich ein Mensch vor Gott, gerecht zu seyn, erkühnen?
Und wer, als Gottes Sohn, konnt uns mit Gott versühnen?
Ift beides nicht gleich groß, der Welt ein Schöpfer seyn,
Und eine Welt, die fiel, vom Falle zu befreyn?
Wer kann die Majestät der Lieb und Großmuth fassen?
Als Sohn des Ewigen der Gottheit Thron verlassen,
Sich selbst erniedrigen, einher in Demuth gehn,
Der Wahrheit Herold seyn und sich verspottet sehn,
Die Wunder Gottes thun, und, an das Kreuz geschlagen,
Mit himmlischer Geduld des Menschen Schulden - tragen,
Um der zu seyn, der ihm ein ewigs Heil erwirbt?
Deß Herz ist göttlich groß, der selbst für Feinde stirbt!'
Erschricht nicht die Vernunft? Ja! denn sie soll erschrecken.
zu schwach, der Gottheit Rath vom Menschen zu entdecken,
Bet ich der Liebe Macht, die ich nicht fassen kann,
Gott ist kein Mensch, wie ich, in tiefster Demuth an.
Der Tag der Ewigkeit wird mehr Licht mir gewähren,
Des Gottmessias Lieb im Schauen mir erklären.
Unendlich ist mein Heil. O Glaube, der erfreut!
Gelobet sey der Herr, gelobt in Ewigkeit!

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