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Dann denken wir, dann beten wir als Kind.
Was heißt in vieler tausend Seelen:

Bewahre mich, o Gott, vor dieser Missethat!
Was heißt es? Wehre mir das Wählen,
Damit mein Herz den Zwang nicht nöthig hat.

Die Affen und die Bären.

Die Affen baten einst die Bären, Sie möchten gnädigst sich bemühn, Und ihnen doch die Kunst erklären, In der die Nation der Bären

Die ganze Welt des Walds zu übertreffen schien; Die Kunst, in der sie noch so unerfahren wären, Die Jungen groß und stark zu ziehn.

Vielleicht, hub von den Affenmüttern Die weiseste bedächtig an,

Vielleicht, ich sag es voller Zittern,

Bächst unsre Jugend bloß darum so siech heran, Weil wir sie gar zu wenig füttern.

Vielleicht ist auch der Mangel der Geduld,

Sie sanft zu wiegen und zu tragen;

Vielleicht auch unsre Milch an ihren Fiebern schuld. Vielleicht schwächt auch das Obst den Magen. Vielleicht ist selbst die Luft, die unsre Kinder trifft,

(Wer kann sie vor der Luft bewahren ?)

Ein Gift in ihren ersten Jahren;

Und dann auf Lebenszeit ein Gift.

Vielleicht ist, ohne daß wirs denken,
Auch die Bewegung ihre Pest.

Sie können sich durch Springen und durch Schwenken
Oft etwas in der Brust verrenken,
Wie sichs sehr leicht begreifen läßt;
Denn unsre Nerven sind nicht fest.
Hier fängt sie zärtlich an zu weinen,
Nimmt eins von ihren lieben Kleinen,

Das sie so lang und herzlich an sich drückt,
Bis ihr geliebtes Kind erstickt.

Du, sprach die Bärinn, kannst noch fragen, Warum ihr so bestraft mit kranken Kindern seyd?

Nicht liegts an Luft und Milch, und nicht an Obst und Magen. Ihr tödtet sie durch eure Weichlichkeit,

Durch eure Liebe vor der Zeit.

Gebt Acht auf unsern jungen Haufen;

Wir nehmen sie, sobald sie laufen,

Mit uns, in Hiß und Frost, durch Fluren und durch Wald, So werden sie gesund und alt.

Was macht viel Kinder siech? Vielleicht Natur und Zeit? Nein, mehr der Weltern Weichlichkeit.

O Reicher, soll dein Kind gesund in Städten blühen:
So zieh es in der Stadt, wie es die Dörfer ziehen!

Der Leichtsinn.

Der Leichtsinn, wie die Fabel sagt, Die Fabel aus den goldnen Jahren, Ward von den Menschen einst verjagt, Weil alle seiner müde waren.

Er floh zum Zevs, und bat um Aufenthalt.

Kaum sah Mercur die lustige Gestalt,

So fühlt er schon die Pflicht, dem Flüchtling beyzuspringen.

,,So will dich alle Welt verdringen?

„Du dauerst mich. Komm, hüpf auf meine Schwingen! ,,Ich hoffe dich gut anzubringen.

,,Komm, Paphos sey dein Aufenthalt!"

Schnell bracht er ihn zur Venus kleinem Knaben.

Hier, Gott Cupido, fieng er an,

Schickt Ihnen Zevs den angenehmsten Mann,

Der schärfer, als Sie, sehen kann;

Sie sollen ihn zu Ihrem Führer haben.

Der Leichtsinn trat sein Amt mit Eifer an,
Das Amt, der Liebe vorzutraben,

Und soll, wie die gedachte Fabel spricht,
Von dieser Zeit an, seine Pflicht

Sehr selten unterlassen haben.

Der reiche Geizhals.

Ein reicher Greis, vom Tode nicht mehr fern,
Und ungeschickt, mehr Schäße zu erwerben,
Ward krank, und wollte doch nicht sterben;
Denn welcher Geizhals stirbt wohl gern?

Er wollte nach dem Doctor schicken;

Zum Glücke fiel ihm noch der harte Thaler ein,

Den er genöthigt wär, ihm in die Hand zu drücken,
Und also ließ ers lieber seyn.

Doch mit dem Tod ist gleichwohl nicht zu scherzen, Der Alte fühlte neue Schmerzen,

und rief den Priester in sein Haus,
und bat sich zu verschiednen malen,
Denn dafür durft er nichts bezahlen,
Trost auf dem Krankenlager aus.
Der Priester wollt ihn ist verlassen.

Ach! bet Er, sprach der Greis, Gott wirds zu Herzen fassen,
Und komm ich von dem Lager auf:
So geb ich ihm die Hand darauf,
Ich will mich dankbar finden lassen.

Ich weis nicht, bat er für den Alten,
Und wann er bat, bat er mit Recht?
Genug, das menschliche Geschlecht
Sollt einen Geizhals mehr behalten;
Es besserte sich mit dem Alten.

Der Priester wird geruft. Ich weis wohl, sprach der Greis. Was ich Ihm einst geredt, wenn Ers gleich nicht mehr weis. Hier seh Er selbst, was ich und meine Frau ersparten; Ich zeig Ihm nur die seltnen Arten.

Steht Ihm das große Goldstück an?

Da sind sie noch von größerm Werthe;

Doch weil sie Gott mir wunderbar bescheerte,
So hab ich ein Gelübd gethan,

Gellert I.

18

Nicht eins von allen auszugeben,

Und sollt ich hundert Jahre leben.

Bill Er nunmehr die Silbermünzen sehn?

Ja, lieber Herr, auch die sind schön.

Hier hab ich, glaub Er mirs, mehr harte Thaler liegen,

Als ich und Er zusammen wiegen;

Allein sie mögen immer liegen;
Sie sollen alle für mein Haus.
Doch laß Er uns noch weiter gehen.
Hier sieht Er die Zweydrittel stehen;
Da les Er eins für seine Kinder aus,

Und bitt Er Gott um Segen für mein Haus!

Das Testament.

Sohn, fieng der Vater an, indem er sterben wollte, Wie ruhig schlief ich ißt nicht ein,

Wenn ich nach meinem Tod dich glücklich wissen sollte!
Du bist es werth; und wirst es seyn.
Hier hast du meinen legten Willen.
So bald du mich ins Grab gebracht,

So brich ihn auf, und such ihn zu erfüllen;

So ist dein Glück gewiß gemacht.

Versprich mir dieß, so will ich freudig sterben.

Der Vater starb; und kurz darauf

Brach auch der Sohn das Testament schon auf,

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