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Cleant.

Cleant, ein lieber Advocat,

Der, wie es ihm nach seinem Eid gebührte,
Der Unterdrückten Sache führte,

und manchen armen Schelm vom Galgen und vom Rad Durch seinen Wig los processirte,

Half, weil man ihn um seinen Beystand bat,

Die Unschuld zweener Diebe retten,

Und brachte sie, weil er geschickt verfuhr,
Bald von der Marter zu dem Schwur,
Und durch den Schwur aus ihren Ketten.
Das arme Volk! Da sieht mans nun,
Wie man der Welt kann Unrecht thun!
Denn wär er nicht so treu die Sache durchgegangen:

So hätte man das arme Paar,

Das seiner That fast überwiesen war,

In aller Unschuld aufgehangen.

Iht waren sie nun beide frey,

Und dankten ihrem Advocaten
Auf ihren Knien für seine Treu,

Und zahlten ihm, was die Gebühren thaten,
Und gaben ihm, von Dankbarkeit gerührt,

Ob er gleich nicht zu wenig liquidirt,

Noch einen Beutel mit Ducaten;

und schwuren ihm bey ihrer Ehrlichkeit,

Wenn beßre Zeiten kommen sollten,

Daß sie für diesen Dienst, durch den er sie befreyt,
Ihn reichlicher belohnen wollten.

Allein die Nacht war vor der Thür.

Sie sahn nun, daß sie nicht nach Hause kommen könnten; Drum gab der Advocat den redlichen Clienten

Aus Dankbarkeit ein Nachtquartier,

Weil sie so gut bezahle hatten.

Dieß kam den Herren gut zu Statten;

Denn sie bedienten sich der Nacht,

Und knöbelten den lieben Wirth im Bette,

und stahlen das, was sie gebracht,

und suchten fleißig nach, ob er nichts weiter hätte.

Drauf giengen sie zu ihm vors Bette,

Und nahmen höflich gute Nacht.

Der Wuchrer.

[S. das kurzweilige Lufthaus, 7. 6.]

Ein Buchrer kam in kurzer Zeit

Zu einem gräflichen Vermögen,

Nicht durch Betrug und Ungerechtigkeit,

Nein, er beschwur es oft, allein durch Gottes Segen. Und um sein dankbar Herz Gott an den Tag zu legen, Und auch vielleicht aus heiligem Vertraun,

Gott zur Vergeltung zu bewegen,

Ließ er ein Hospital für arme Fromme baun.

Indem er nun den Bau zu Stande brachte, Und vor dem Hause stund, und heimlich überdachte, Wie sehr verdient er sich um Gott und Arme machte: Gieng ein verschmigter Freund vorbey.

Der Geizhals, der gern haben wollte,

Daß dieser Freund das Haus bewundern sollte,
Fragt ihn mit freudigem Geschrey,

Obs groß genug für Arme sey?

Warum nicht? sprach der Freund, hier können viel Personen Recht sehr bequem beysammen seyn;

Doch sollen alle die hier wohnen,

Die ihr habt arm gemacht: so ist es viel zu klein.

Der Tod der Fliege und der Mücke.

Der Tod der Fliege heißt mich dichten;
Der Tod der Mücke heischt mein Lied.
Und kläglich will ich dir berichten,
Wie jene starb, und die verschied.

Sie sehte sich, die junge Fliege,
Voll Muth auf einen Becher Wein;
Entschloß sich, that drey gute Züge,
Und sank vor Lust ins Glas hinein.

Die Mücke sah die Freundinn liegen:
Dieß Grabmal, sprach sie, will ich scheun,
Um Lichte will ich mich vergnügen,
Und nicht an einem Becher Wein.

Allein verblendet von dem Scheine,
Gieng sie der Luft zu eifrig nach;
Verbrannte sich die kleinen Beine,
Und starb nach einem kurzen Ach!

Ihr, die ihr, euren Trieb zu nähren,
In dem Vergnügen selbst verdarbt!
Ruht wohl, und laßt zu euren Ehren
Mich sagen, daß ihr menschlich starbt.

Amynt.

Amynt, der sich in großer Noth befand, Und, wenn er nicht die Hütte meiden wollte,

Die hart verpfändet war, zehn Thaler schaffen sollte,
Bat einen reichen Mann, in dessen Dienst er stand,
Doch diesesmal sein Herz vor ihm nicht zu verschließen,
Und ihm zehn Thaler vorzuschießen.

Der Reiche gieng des Armen Bitten ein.
Denn gleich aufs erste Wort? Ach nein!
Er ließ ihm Zeit, erst Thränen zu vergießen;`
Er ließ ihn lange trostlos stehn,

und oft um Gottes Willen flehn,

Und zweymal nach der Thüre gehn.

Er warf ihm erst mit manchem harten Fluche

Die Armuth vor, und schlug hierauf

Ihm in dem dicken Rechnungsbuche

Die Menge böser Schuldner auf,

Und fuhr ihn, (denn dafür war er ein reicher Mann,) Bey jeder Post gebietrisch schnaubend an.

Dann fieng er an sich zu entschließen,

Dem redlichen Amynt, der ihm die Handschrift gab, Auf sechs Procent zehn Thaler vorzuschießen,

Und dieß Procent zog er gleich ab.

Indem daß noch der Reiche zählte: So trat sein Handwerksmann herein, Und bat, weils ihm an Gelde fehlte, Er sollte doch so gütig seyn

Und ihm den kleinen Rest bezahlen.

Ihr kriegt ist nichts! fuhr ihn der Schuldherr an.
Allein der arme Handwerksmann

Bat ihn zu wiederholten malen,

Ihm die Paar Thaler auszuzahlen.

Der Reiche, dem der Mann zu lange stehen blieb,
Fuhr endlich auf: Geht fort, ihr Schelm, ihr Dieb!
Ein Schelm? dieß wäre mir nicht lieb.

"

"

Ich werde gehn und Sie verklagen; ,,Amynt dort hats gehört

Und eilends gieng der Mann.

Amynt! fieng drauf der Wuchrer an, Wenn sie euch vor Gerichte fragen:

So könnt ihr ja mir zu Gefallen sagen,

Ihr hättet nichts gehört. Ich will auch dankbar seyn,
und euch, statt zehn, gleich zwanzig Thaler leihn.

Denn diesen Schimpf, den er von mir erlitten,
Ihm auf dem Rathhaus abzubitten,

Dieß würde mir ein ewger Vorwurf seyn.

Kurz, wollet ihr mich nicht, als Zeuge, kränken:
So will ich euch die zwanzig Thaler schenken;
So kommt ihr gleich aus aller eurer Noth.

Herr, sprach Amynt, ich habe, seit zween Tagen,
Für meine Kinder nicht satt Brodt.
Sie werden über Hunger klagen,
So bald sie mich nur wieder sehn:
Es wird mir an die Seele gehn.

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