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Allein so gar gelind war dieser Feldherr nicht.
Ihr Schönen! fängt er an und spricht
Ihr Schönen? Dieses glaub ich nicht:

Ein harter General wird nicht so liebreich sprechen.
Was willst du dir den Kopf zerbrechen?
Genug! er hats gesagt. Ein alter General
Hat, dächt ich, doch wohl wissen können,
Daß man die Weiber allemal,

Sie seyn es, oder nicht, kann meine Schönen nennen.

Ihr Schönen, sprach der General,

Ich schenk euch eurer Männer Leben;
Doch jede muß für den Gemahl
Mir gleich ihr ganz Geschmeide geben;
Und die ein Stück zurück behält,
Verliert den Mann vor diesem Zelt.

Wie? fiengen nicht die Weiber an zu beben?
Ihr ganz Geschmeide hinzugeben?

Den ganzen Schmuck für einen Mann?

Gewiß, der General war dennoch ein Tyrann.
Was halfs, daß er, ihr Schönen! sagte,
Da er die Schönen doch so plagte?

Doch weit gefehlt, daß auch nur Eine zagte:

So holten sie vielmehr mit Freuden ihren Schmuck. Dem General war dieß noch nicht genug.

Er ließ nicht eh nach ihren Männern schicken,

Als bis sie einen Eid gethan,

(Der General war selbst ein Ehemann)

Bis, sag ich, sie den Eid gethan,

Den Männern nie die Wohlthat vorzurücken,

Noch einen neuen Schmuck den Männern abzudrücken. Drauf kriegte jede Frau den Mann.

O welche Wollust! Welch Entzücken!

Vergebens wünsch ichs auszudrücken,

Mit welcher Brünstigkeit die Frau den Mann umfieng!
Mit was für sehnsuchtsvollen Blicken

Ihr Aug an seinem Auge hieng!

Der Feind verließ die Stadt. Die Weiber blieben stehen, um ihren Feinden nachzusehen;

Alsdann flog jede froh mit ihrem Mann ins Haus.

Ist die Geschichte denn nun aus?

Noch nicht, mein Freund! Nach wenig Tagen.

Entfiel den Weibern aller Muth.

Sie grämten sich, und durftens doch nicht sagen.
Wer wirds, den Eid zu brechen, wagen?
Genug, der Kummer trat ins Blut.

Sie legten sich; drauf starben in zehn Tagen,
Des Lebens müd und satt, neunhundert an der Zahl.
Der alte böse General!

Der sterbende Vater.

Ein Vater hinterließ zween Erben,

Christophen, der war klug, und Görgen, der war dumm.
Sein Ende kam, und kurz vor seinem Sterben

Sah er sich ganz betrübt nach seinem Christoph um.
Sohn! fieng er an, mich quält ein trauriger Gedanke;
Du hast Verstand, wie wird dirs künftig gehn?
Hör an, ich hab in meinem Schranke

Ein Kästchen mit Juwelen stehn,

Die sollen dein. Nimm sie, mein Sohn,
Und gieb dem Bruder nichts davon.

Der Sohn erschrack und stußte lange.
Ach Vater! hub er an, wenn ich so viel empfange,
Wie kömmt alsdann mein Bruder fort?

Er? fiel der Vater ihm ins Wort,

Für Görgen ist mir gar nicht bange,

Der kömmt gewiß durch seine Dummheit fort.

Der junge Drescher.

Dem Drescher, der im weichen Gras

Vor seinem Topf, mit Milch und schwarzem Brodte, saß,
Dem wollte seine Milch nicht schmecken.

Er fieng verdrießlich an, sich in das Gras zu strecken,
Dacht ängstlich seinem Schicksal nach,

Und dehnte sich dreymal, und sprach:

Du bist ein schlechter Kerl, du hast kein eignes Dach,

und mußt dich Tag vor Tag mit deinem Flegel plagen!

Du thätst ja gern mit deinem Schage schön;

Allein, du Narr, mußt in der Scheune stehn,

und kannst nach langen vierzehn Tagen

Kaum einmal in die Schenke gehn,

Und einen Krug mit Bier und deine Mieke sehn.

Du bist noch jung, und kannst hübsch lesen und hübsch schreiben, und wolltest stets ein Drescher bleiben?

Des Schulzens Tochter ist dir gut,

Ist reich und kann sich hübsch geberden:

So nimm sich doch. Du kannst, mein Blut!
Wohl mit der Zeit noch Schulze werden:
Alsdann ißt du dein Stücke Fleisch in Ruh,
Und trinkst dein gutes Bier dazu,

und hast gleich nach dem Pfarr die Ehre
O! wenn ich doch schon Schulze wäre!

Indem Hanns noch so sprach, kam seine Schöne her.
Sie that, als käme sie nur so von ungefähr;
Alein sie kam mit Fleiß, weil sie ihn sprechen wollte,
Und er verwegen seyn, und sie recht herzen sollte;
Denn Mädchen, wenn sie gleich das Dorf erzogen hat,
Sind wie die Mädchen in der Stadt.

Hanns zieht die Schöne sanft zu sich ins Grüne nieder,
Lobt ihren neuen Lag, schielt öfters auf ihr Mieder,
Fast wie ein junger Herr. Nur mit dem Unterscheid,
Er hatte mehr Schamhaftigkeit.

Kurz, er fieng an, sie recht verliebt zu küssen,
Bat um ihr Herz, und trug ihr Herz davon,
Und ward, wie viele noch auf diesem Dorfe wissen,

Des reichen Schulzen Schwiegersohn.

Kaum hatt er sie: so ward der Alte schon

Durch schnellen Tod der Welt und seinem Dorf entrissen. Wen wird man nun Herr Schulze grüffen?

Wen anders, als den Schwiegersohn?

Er eilt ins Umt, kömmt bald und freudig wieder, Und wirft sich auf die Bank, als Schulz im Dorfe, nieder.

So wie ein durch den Fleiß vollendeter Student, Nach einem glücklichen Examen,

Sich selbst vor trunkner Lust nicht kennt,

Wenn ihn die Magd in seiner Schöne Namen,

Nach einem tiefen Compliment,

Das erstemal Herr Doctor nennt:

So wußt auch Hanns vor großer Freude
Nicht, wo er Händ und Füße ließ,
Als ihn Schulmeisters Adelheide
Das erstemal Herr Schulze hieß.

Wie glücklich pries er sich in seiner Ehrenstelle! Er aß sein Fleisch, und that den Gästen oft Bescheid. Allein es kamen mit der Zeit

Auch viel unangenehme Fälle:

Denn welches Amt ist wohl davon befreyt?

Nach einer nicht gar langen Zeit

Warf sich Herr Hanns verdrießlich auf die Stelle,

Auf der er sich sein Glück erfreyt,

und oft gewünscht: Wenn ich doch Schulze wäre! Ich, fieng er zu sich selber an,

Ich habe Haus, und Hof, und Ehre,

Und bin mit alledem doch ein geplagter Mann.
Bald soll ich von der Bauern Leben
Im Umte Red und Antwort geben;
Da fährt mich denn der Amtmann an,
und heißt mich einen dummen Mann.
Bald quälen mich die teuflischen Soldaten,
Und fluchen mir die Ohren voll.
Bald weis ich mir bey den Mandaten,
Bald in Quatembern nicht zu rathen,
Die ich dem Landknecht schaffen soll.

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