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und läßt, die Krankheit zu verdringen, Sich eilends Dint und Feder bringen.

Er schreibt. Der Diener läuft. Indessen ruft der Mann Den so erfahrnen Arzt bey Seite,

Und fragt, was doch der Zufall wohl bedeute?

Der Doctor sieht ihn lächelnd an:

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Sie fragen mich, was es bedeuten kann?

Das brauch ich Ihnen nicht zu sagen;

Sie wissen schon, es zeigt viel gutes an,

Wenn sich die jungen Weiber klagen.“

Den Mann erfreut ein solcher Unterricht.

Die Nacht verstreicht, der Trank ist eingenommen;
Allein der theure Trank hilft nicht;

Drum muß der zweyte Doctor kommen.

Er kömmt. Geduld! Nun werden wirs erfahren. Was ists? was fehlt der schönen Frau?

Der Doctor sieht es ganz genau,

Daß sich die Blattern offenbaren.

Sulpitia! erst sollst du schwanger seyn ?
Nun sollst du gar die Blattern kriegen?
Ihr Aerzte schweigt, und gebt ihr gar nichts ein,
Denn einer muß sich doch betrügen.

Nein, überlaßt sie der Natur,'

und dem ihr so getreuen Bette;

Gesezt, daß sie die schlimmste Krankheit hätte:
So ist sie nicht so schlimm, als eure Cur.

Geduld! Vielleicht genest sie heute. Der Mann kömmt nicht von ihrer Seite,

und eh die Stunde halb verfließt,

Fragt er sie hundertmal, obs noch nicht besser ist?

Ach! ungestümer Mann, du nöthigst sie zum Sprechen!
Wie? wird sie nicht das Reden schwächen?

Sie spricht ja mit gebrochnem Ton,

Und an der Sprache hörst du schon,
Daß sich die Schmerzen stets vergrößern.
Bald wird es sich mit deiner Gattinn bessern!
Der Tod, der Tod dringt schon herein,
Sie von der Marter zu befreyn!

Wer pocht? Es wird der Doctor seyn;

Doch nein, der Schneider kömmt, und bringt ein Kleid getragen. Sulpitia fängt an, die Augen aufzuschlagen.

Er kömmt, so stammelt sie, er kömmt zu rechter Zeit;

Ist dieß vielleicht mein Sterbekleid ?

Ja, wie er sieht, so werd ich bald erblassen.

Doch hätte mich der Himmel leben lassen:

So hätt ich mir ein solches Kleid bestellt,

Von solchem Stoff, als er, er wirds schon wissen,

Für meine Freundinn machen müssen;

Es ist nichts schöners auf der Welt.
Als ich zulegt Besuch gegeben:
So trug sie dieses neue Kleid;
Doch geh er nur. O kurzes Leben!
Es ist doch alles Eitelkeit!

O fasse dich, betrübter Mann!

Du hörst ja, daß dein Weib noch ziemlich reden kann.

O laß die Hoffnung nicht verschwinden!

Der Athem wird sich wieder finden.

Der Schneider geht, der Mann begleitet ihn,
Sie reden heimlich vor der Thüre.

Der Schneider thut die größten Schwüre,
Und eilt, die Sache zu vollziehn.

Noch vor dem Abend kömmt er wieder. Sulpitia liegt noch darnieder,

Und dankt ihm seufzend für den Gruß.

Allein wer sagt, was doch der Schneider bringen muß?
Er hat es in ein Tuch geschlagen,

Er wickelts aus. O welche Seltenheit!

Dieß ist der Stoff, dieß ist das reiche Kleid.

Allein was soll es ihr? Sie kann es ja nicht tragen.

Ach Engel! spricht der Mann, bey sanftem Händedrücken, Mein ganz Vermögen gäb ich hin,

Könnt ich dich nur gesund in diesem Schmuck erblicken.

O! fängt sie an, so krank ich bin:

So kann ich Ihnen doch, mein Liebster, nichts versagen.
Ich will mich aus dem Bette wagen;

So können Sie noch heute sehn,

Wie mir das neue Kleid wird stehn.

Man bringt den Schirm, und sie verläßt das Bette,
So schwach, als ob sie schon ein Jahr gelesen hätte.
Man pugt sie an, gepugt trinkt sie Caffee.
Kein Finger thut ihr weiter weh.

Der Krankheit Grund war bloß ein Kleid gewesen,
Und durch das Kleid muß sie genesen.
So heilt des Schneiders kluge Hand
Ein Uebel, das kein Arzt gekannt.

Der gute Rath.

Ein junger Mensch, der sich vermählen wollte, und dem man manchen Vorschlag that,

Bat einen Greis um einen guten Rath,

Was für ein Weib er nehmen sollte?

Freund, sprach der Greis, das weis ich nicht.
So gut man wählt, kann man sich doch betrügen.
Sucht ihr ein Weib bloß zum Vergnügen:
So wählet euch ein schön Gesicht;

Doch liegt euch mehr an Renten und am Staate,

Als am verliebten Zeitvertreib:

So dien ich euch mit einem andern Rathe,

Bemüht euch um ein reiches Weib;

Doch strebt ihr durch die Frau nach einem hohen Range:

Nun so vergeßt, daß beßre Mädchen sind,

Wählt eines großen Mannes Kind,

und untersucht die Wahl nicht lange;

Doch wollt ihr mehr für eure Seele wählen,

Als für die Sinnen und den Leib:

So wagts, um euch nach Wunsche zu vermählen,

Und wählt euch ein gelehrtes Weib.

Hier schwieg der Alte lachend still.

Ach! sprach der junge Mensch, das will ich ja nicht wissen; Ich frage, welches Weib ich werde wählen müssen,

Wenn ich zufrieden leben will?

Und wenn ich, ohne mich zu grämen

O! fiel der Greis ihm ein, da müßt ihr keine nehmen.

Die beiden Mädchen.

Zwey junge Mädchen hofften beide,
Worauf? Gewiß auf einen Mann;
Denn dieß ist doch die größte Freude,
Auf die ein Mädchen hoffen kann.
Die jüngste Schwester, Philippine,
War nicht unordentlich gebaut;

Sie hatt ein rund Gesicht, und eine zarte Haut;
Doch eine sehr gezwungne Miene.

So fest geschnürt sie immer gieng,

So viel sie Schmuck ins Ohr, und vor den Busen hieng,

So schön sie auch ihr Haar zusammen rollte:

So ward sie doch bey alle dem,

Je mehr man sah, daß sie gefallen wollte,

Um desto minder angenehm.

Die andre Schwester, Caroline,

War im Gesichte nicht so zart;

Doch frey und reizend in der Miene,

Und liebreich mit gelaßner Art.

Und wenn man auf den heitern Wangen

Gleich kleine Sommerflecken fand:

Ward ihrem Reiz doch nichts dadurch entwandt;
und selbst ihr Reiz schien solche zu verlangen.
Sie pugte sich nicht mühsam aus,

Sie pralte nicht mit theuren Kostbarkeiten.
Ein artig Band, ein frischer Straus,

Die über ihren Ort, den sie erlangt, sich freuten,
Und eine nach dem Leib wohl abgemeßne Tracht,
Bar Carolinens ganze Pracht.

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