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wunderbaren Organisten.

Wenn auch viele Bach'sche Instrumental-Fugen eine schieden religiösen Inhalt haben, so wird im Allgemeiner schen Bach'scher Instrumental-Fuge und protestantischem K liede ein grosser Unterschied bestehen; sie ist vorwalten weltliche Musik und Poesie. Durch die Bach'sche Instrum

Fuge wird die Stollen- und Abgesangs-Strophe wieder zu was sie bei ihrem ersten Auftreten im Minneliede zur Z Kreuzzüge war: der Theil eines weltlichen Kunstwerkes auf licher Grundlage. Und hierzu kommt nun bei Bach no Element, welches dem Minneliede fehlt, das griechischDeutsch, christlich und heidnisch-antik zugleich! Die wah einigung des griechisch-antiken und des mittelalterlich-chr germanischen Geistes ist in der modernen Kunst des Bach vollzogen, obwohl das Antike darin ihm als solches wenig bewusst war wie das Mittelalterliche.

Das Erscheinen des Lussy'schen Werkes : »Traité de l'e sion musicale«<, obwohl es mit mir vielfach die nämlichen 7 verfolgt, war auf das Erscheinen des meinigen ohne E Meine früheren Arbeiten konstatiren, dass meine rhythm Grundanschauungen älter als Lussy's Buch sind. Unser seitiger Ausgangspunkt ist trotz mancher Berührungen verschieden, ich gehe von der Rhythmik und Poetik der chen, Lussy von der modernen Poesie aus; ich habe f musikalische Rhythmik der Modernen vorwiegend Bach im der in Lussy's Buche mit keinem Wort erwähnt wird hauptsächlichsten der sachlichen Differenzpunkte habe i wissenhaft berücksichtigt, so weit es geschehen konnte Lussy will dem Vortragenden Anweisung zur Ausführung

aus der Musik-Komposition selber den rhythmischen Vortrag mit Hilfe der griechischen Rhythmik aufzufinden sucht und sich leider nur zu oft mit der Manier der Virtuosen im Widerspruche befinden wird.

Wie könnte ich das Buch schliessen, ohne denen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen, welche mich bei der Arbeit durch ihre freundliche Unterstützung gefördert haben? Das sind zunächst meine lieben Schüler und Schülerinnen, die jetzt Angesichts des Buches überzeugt sein werden, dass ich nicht bloss gelehrt, sondern auch durch Lehren gelernt habe, wenn sie in unermüdlicher Bereitwilligkeit die rhythmische Gliederung einer Bach'schen Fuge oder Beethoven'schen Sonate so oft nach meiner Angabe änderten, bis alle rhythmischen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten durchlaufen waren. Vor allen an Frl. Wilhelmine Sauer in Goldingen, Frau Christel Dietsch in Rothenburg geb. Bahr aus Goldingen, Frl. Alide Ploeger in Fellin, Frl. Julie Beck in Moskau meinen herzlichsten Dank, deren aller Eifer für Bach's Musik mir die beste Widerlegung der ungünstigen Urtheile war, welche der »>Wohlbekannte « über dieselbe ausgesprochen. Ja, sie sind wirkliche Stimmungsbilder, diese kleinen Kunstwerke des Wohltemperirten Klaviers, nicht minder fesselnd, entzückend und ergreifend als die Beethoven'schen Sonaten-Sätze.

Sie sowohl in ihrer antik-rhythmischen Gliederung, als auch zugleich in einem künstlerisch vollendeten Vortrage gehört zu haben, dieser Genuss, dessen sich bis jetzt nicht Viele rühmen können, wurde mir hier durch den unübertrefflichen Meister des Anschlags Herrn Julius Nikolajewitsch von Melgunow zu Theil, meinen Mitarbeiter an der rhythmischen Ausgabe Bach'scher Fugen, der sich im Augenblicke durch die Sammlung und Herausgabe der National-Musik des russischen Volkes um die Geschichte der Musik ein einzig dastehendes Verdienst erwirbt. Auch meinem lieben Freunde Johannes Bartz, Organisten an der lutherischen Peter-Paul-Kirche in Moskau, meinen öffentlichen Dank für das Interesse, mit welchem er meine Arbeit während ihres Werdens von Anfang an begleitet. Wie viele Fehler sind es, die ich durch seine und Melgunow's freundliche Erinnerung habe vermeiden können!

Meinen warmen Dank auch an Frau Dr. Berta Petrowna

Gringmut geb. v. Sokolowska. Ohne ihr lebendiges Interesse für die Bach'schen Fugen hätte ich sicherlich für viele derselben die richtige rhythmische Gliederung nicht erkannt. Ihrer freundlichen Mahnung habe ich insbesondere zu danken, dass ich den Muth fand, dem daktylischen und dem trochäischen RhythmenGeschlechte das ionische als drittes hinzuzufügen, von dessen Vorhandensein in der modernen Musik sie schon im Sommer 1876 und 1877, veranlasst durch die zweite Gdur-Fuge des Wohltemperirten Klaviers, überzeugt war, wo ihm unser gemeinsamer Freund Melgunow, mit den Ionici des Horaz bei seiner akademischen Lyceumsbildung wohlbekannt, noch seine Anerkennung versagte.

Von den in Deutschland lebenden Musik - Forschern hat insbesondere Herr Prof. Spitta in Berlin meiner Arbeit ein theilnehmendes Interesse bewiesen, welches mich ebenso wie die vielfache Belehrung, welche ich durch sein »>Leben Bach's« für dieselbe erhalten, zu unvergesslichem Danke verpflichtet. Mögen auch Andere in ihr eine nicht nutzlose Arbeit finden.

Moskau, im Mai 1879.

NACHWORT.

Eine Zuschrift des Herrn Prof. Philipp Spitta, in welcher

mir derselbe die erfreuliche Anzeige macht, dass er die Firma Breitkopf und Härtel zum Verlage dieses Buches bestimmt habe und dass sie das ihm von mir übersandte Manuskript baldigst zu drucken gesonnen sei, sowie auch eine gef. Mittheilung des Herrn Prof. Arthur von Oettingen in Dorpat, in welcher sich derselbe über die von mir ihm zugesandte rhythmische Ausgabe einiger Fugen Bach's ausspricht, veranlassen mich dem Vorworte nach Folgendes hinzuzufügen.

Das vorliegende Buch bezeichnet der Titel als Theorie des musikalischen Rhythmus auf Grundlage der antiken. Gleich den dieser ganzen Arbeit zu Grunde gelegten rhythmischen Elementen des Aristoxenus, welche durchaus nicht darauf ausgehen, zu lehren wie der Komponist rhythmisiren soll, sieht auch sie zunächst von allem praktischen Zwecke ab, verfolgt in erster Linie ein rein wissenschaftliches Kunst-Interesse. Auch wenn sie dem Musiker und Virtuosen durchaus keinen praktischen Dienst leistete, auch wenn der Vortragende nicht im geringsten durch die Rhythmik zu einer Modifikation seiner Vortragsweise veranlasst würde, könnte es ihm immer nicht erlassen bleiben, eine genaue theoretische Einsicht in die rhythmische Konstruktion des von ihm vorzutragenden Musikwerkes sich zu verschaffen. Und eben diese Einsicht sich zu verschaffen, dazu soll das vorliegende Buch ihm eine umfassende Anleitung geben, eingehender als die den musiktheoretischen Lehrbüchern beigegebenen Abschnitte über den Rhythmus sein können.

Westphal, Musikalische Rhythmik.

C

Aber es ist fast unvermeidlich, dass aus der Theorie des musikalischen Rhythmus auch gewisse praktische Forderungen über Ausdruck und Vortrag folgen. Lussy's Buch » sur l'expression musicale<< ist zum grossen Theile auf die Natur der rhythmischen Glieder basirt. Es ist keineswegs meine Ansicht und auch nicht mein Wunsch, dass ich mit den aus der Theorie des Rhythmus folgenden praktischen Forderungen über den musikalischen Ausdruck etwas Neues sage. Es gehörte sich aber, dass demjenigen, welcher mit diesen praktischen Forderungen längst bekannt ist und welcher sich die betreffenden Gesetze des Vortrages thatsächlich längst zu eigen gemacht hat, der Zusammenhang dieser VortragsGesetze mit dem Wesen des Rhythmus klar gemacht werde, damit er sich der Gründe, weshalb er so oder so, mit diesem oder jenem Ausdruck zu spielen hat, bewusst werde. Das wird jedem denkenden Musiker unerlässlich sein.

Nach Massgabe der in diesem Buche niedergelegten theoretischen Sätze über den Rhythmus habe ich zusammen mit meinem Freunde und Schüler Julius von Melgunow eine die Grenzen der rhythmischen Abschnitte genau angebende Ausgabe Bach'scher Fugen veranstaltet. Sie war nicht für die Oeffentlichkeit des Buchhandels, sondern nur für private Kreise derjenigen bestimmt, die sich für Bach und für Rhythmus, ein wenig auch für die Griechen interessirten. Nichts desto weniger sind mir Beurtheilungen dieser mein rhythmisches System repräsentirenden Ausgabe von Seiten der Musiker und Musikforscher nicht vorenthalten worden, womit offen gestanden der Zweck, den ich bei dieser Ausgabe hatte, erreicht ist.

Wohlwollende Beurtheiler der Ausgabe meinen, dass auch sie die rhythmische Gliederung so aufgefasst hätten; das Neue und Eigene, was ich dabei gethan, bestehe darin, dass ich diese rhythmischen Abschnitte mit der rhythmischen Theorie der Griechen in Zusammenhang gebracht und ihnen eine bestimmte, fest bezeichnende Nomenklatur aus der Terminologie der griechischen Rhythmiker und Metriker gegeben hätte. Solche Urtheile waren mir natürlich die allererwünschtesten. Auch mir kam es vor, als ob mein ganzer Antheil an dem von mir vertretenen Systeme lediglich darin beruhe, dass ich die betreffende Disciplin der

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