Page images
PDF
EPUB

-

nichts 5). In der That: man schiebe zwischen die Entgegengesezten A und — A (Ich und Nicht- Ich), die sich schlechthin aufheben, ein Mittelglied A', um die Unverträglichen auseinanderzuhalten, so wird dieses A', so gewiß es die Mitte von A und -A ist, den Gegensatz beider in sich begreifen, und sich dadurch, so wie A und A, deren Mitte es ist, aufheben; man trenne also den Gegensaß in A' durch ein neueingeschobenes Mittelglied A", so muß sich in dem legteren, weil es die Mitte des Gegensages in A' ist, derselbe abermals vorfinden; und so mag man so viele Mittelglieder einschieben, als man wolle, die Mitte aller Mitten trägt den Widerspruch im Herzen; fie hebt sich, mit ihr aber die ganze Reihe, deren Mitte sie ist, schlechthin auf 6). Überdieß, wenn eine Reihe von Gliedern unterschieden wird, ist schon, abgesehen von jener Mitte, Gegensaß und Widerspruch in jedem besonderen Gliede der Reihe vorhanden, weil die unterschiedenen auf einander bezogen und dennoch gesondert sein sollen, so daß jedes Glied als die besagte Mitte kann betrachtet werden. Der Widerspruch steckt in der ganzen Reihe, die Eins ist und Nicht- Eins; er steckt in jedem einzelnen Gliede der Reihe, gerade wie in dem Wechselverhältniß der beiden ersten Glieder A und -A: die Reihenbildung war eine müßige Arbeit. Der Schluß aber ist: daß man es nicht mit einem Subject, sondern einem Object; nicht mit einem Object, sondern einem Subject; nicht mit Subject und Object, sondern mit der absoluten Identität beider; nicht mit dieser, sondern mit Object, oder Subject, oder Subject-Object zu thun habe, — nämlich ein Spiel Indischer Kunst treibe! Der Begriff des Subject-Objects ist dialektischer Natur. So bleibt Fichte's W. L., und mit ihr der ganze absolute Idealismus, dessen Grundlage fie bildet, im Widerspruch stecken. Vermittelung, für real genommen, ist ein Widerspruch.

1) Ucb. d. B. d. W. L. S. 38 fl. 2) W. L. S. 27.3) ib. S. 30 fl. 4) ib. S. 33. 5) ib. S. 35. 45. 6) ib. S. 75.

-

§. 27. Schelling's Methode giebt nichts Besseres. Sie ist die Fichte'sche. Ob die unterschiedenen und in Eins zusammengefaßten Glieder jener Reihe Handlungen des ab

soluten Ich heißen, oder Potenzen, Manifestationen u. s. w. des Absoluten, thut nichts zur Sache. Es ist dieselbe Subject-Objectivität, mit welcher es Schelling, wie Fichte, zu thun hat, der elastische Ball oder vielmehr Punct, von so wunderbarer Erpanfibilität und Contractibilität, daß er einmal zur Wesenlosigkeit des reinen Ich zusammenschrumpft, und einandermal durch alle Mittelstufen des geistigen und körperlichen Lebens, im Gebiet des Organischen und Anorganischen, bis zur Totalität des Universums hinauf, sich erweitert. Die Subject - Objectivität ist überall absolute Totalität. Ihrer Form nach, sagt Schelling, kann fie allgemein unter dem Bilde einer Linie gedacht werden:

+A-B

A = A

A-B+

worinn nach jeder Richtung dieselbe Subject-Objectivität, aber nach entgegengeseßten Richtungen mit überwiegender Objectivität oder Subjectivität gesezt ist, in den Gleichgewichtspunkt A = A aber die absolute Subject-Objectivität, oder, was dasselbe heißt, die absolute Identität fällt. Das Übergewicht ist mit + bezeichnet 1).. Dazu hauptsächlich folgende Bemerkungen. I. Durch die ganze Linie ist dieselbe Subject - Objectivität gesezt; was also von der ganzen Linie gilt, das gilt auch von jedem einzelnen Theil derselben in's Unendliche, weil die absolute Identität in's Unendliche unter derselben Form gesezt ist 2). Hierin liegt der Widerspruch eines Allgemeinen, das ein Besonderes ist, und eines Besonderen, welches ein Allgemeines ist. II. Nenne ich +A-B und A- B+ Pole, A = A aber den Indifferenzpunct, so ist jeder Punct der Linie Indifferenzpunct, Pol, und dieser oder der entgegengesezte Pol, je nachdem er betrachtet wird: denn da die Linie in's Unendliche theilbar ist, und die Theilung nach jeder Nichtung frei ist, so kann auch jeder Punct, einer nach dem andern, Indifferenzpunct und Pol, und von den Polen jezt der Eine, jezt der entgegengesezte werden, je nachdem ich theile 3). - Also der Widerspruch, daß jedes Glied der Reihe ist und nicht ist, was es ist; das Positive negativ, wie das Negative positiv; Sein und Nicht-Sein als Identität der Identität und Nicht-Identität in's Un

endliche. III. Wird bei der Linie davon abstrahirt, daß ich (idealiter) theile, mithin dieselbe realiter oder an sich betrachtet, so ist sie die absolute Identität, worinn gar nichts zu unterscheiden ist: woraus auch erhellet, warum die absolute Identität nie getheilt wird; in jedem Theil nämlich find noch die Drei Puncte, d. h., die ganze absolute Identität, welche nur unter dieser Form ist 4). Widerspruch eines Unterschieds, der keiner ist. Widersprüche sind nur Variationen auf das Vermittelungsthema, daß zwischen A und -A eine Mitte einzuschieben fei, wodurch der Widerspruch, wie bei Fichte (§. 26), fich eben so wohl in's Unendliche verläuft, als überall gegenwärtig ist, ohne zu verschwinden.

[ocr errors]
[ocr errors]

Also der Alle diese

1) Zeitschr. f. fp. Phys. B. II. H. 2. S. 29. 2) Ebens daselbst. 3) Ebendaselbst. —4) Ebendaselbst.

S. 28. Hegel's Methode ist nicht minder die Fichte'sche Vermittelungsmethode. Der absolute Widerspruch der Vermittelungskunst hat unterdessen bei Hegel mehr Sprache gewonnen, und verkündigt sich mit tausend Zungen laut und unumwunden. Fichte erkennt die Widersprüche an, welche im Subject-Object - Begriff liegen, unterwirft sich ihnen jedoch wider Willen und mit unverhohlenem Unmuth. Schelling umfaßte das Princip und die Entwickelungen der W. L. mit jugendlichem Feuer, ohne deren Widersprüche recht zu begreifen oder sich viel dadurch kümmern zu lassen; gaben sie ihm doch das Mittel an die Hand, ein glänzendes Spiegelbild des Universums zu entwerfen, beschienen von einem weit vor= trefflicheren Licht, als was man sonst unter diesem Ausdruck versteht 1): die intellectuelle Anschauung, deren Gegenstand dasselbe ist, spielt überdieß die Rolle einer Stummen, die nicht recht von den Dingen, welche sie schaut, Auskunft zu geben weiß. Anders bei Hegel. Widersprüche lassen sich nur in Begriffen darlegen. Darum mußten die Abnormitäten des absoluten Idealismus, zum Schrecken oder zum Vergnügen der Welt, offenkundig hervortreten, als Hegel an Stelle der Fichte'schen Handlungen und der Schelling'schen Anschauungen Allgemeinbegriffe seßte. Hegel's Methode giebt eine unübersehbare Reihe von Begriffsbestimmungen: fie könn

ten vermehrt, vermindert, mannigfaltig umgestellt werden, wie es von Hegel zu Zeiten geschehen, ohne daß die Methode dadurch litte. Hegel erkennt das selbst an 2). Das Wesentliche dabei ist, daß keine der Begriffsbestimmungen das ist, was sie ist: jede hebt sich in einer höheren auf, das Sein im Nichts, beide im Werden, und so fort bis zur absoluten Idee. Und die Idee hebt sich auf in den Naturbegriffen; fie hat ohne diese keine Wirklichkeit. Die Naturbegriffe heben sich wieder auf in den Begriffen der geistigen Individualität, durch allerlei Geister hindurch, bis zum Weltgeist und zum absoluten Geist hinauf. Käme der Begriff hier endlich zur Ruhe, bliebe er, was er ist; so möchte ihm wohl sein in jenem farblosen Geisterreiche, wo ihm der Kelch der Unendlichkeit schäumt. Aber das absolute Reich ist ohne Festigkeit; mit der Unendlichkeit hat es nicht viel auf sich; fie feht sich zur Einfachheit des Seins herab, und dieses schlägt um in Nichts 3). Das unglückliche Nichts, in seiner Einheit mit dem Sein, die eben so sehr Unterschied, und darum Widerspruch, ist, jenes gesuchte und nicht gefundene Mittelglied der Fichte'schen Reihe (§. 26), macht die ganze Mühe des absoluten Begriffs zu einer Danaidenarbeit. Nirgend findet der Begriff Rast und Ruhe; nirgend schafft er etwas. Die unendliche in sich kreisende Reihe ist völlig unnüß; weder in den einzelnen Gliedern, noch im Ganzen, ist fie, was sie ist. Jedes Begriffsmoment, das höchste, wie das niedrigste, der Begriff in seiner Totalität und Besonderheit, ist eben sowohl unmittelbar, als vermittelt 4), das heißt, er hat den Widerspruch des Sein-Nichts an ihm selber 5). Dennoch macht sich das Bedürfniß eines unaufhebbaren Seins fühlbar: darum wird ihm der Ausdruck des Unmöglichen gegeben; das Denken wird getödtet. Das Wahre, heißt es, ist der bacchantische Taumel, an dem kein Glied nicht trunken ist, und weil jedes, indem es sich absondert, eben so unmittelbar sich auflöst, ist er eben so die durchsichtige und einfache Ruhe 6); ein Begriff, den Schelling nur in andere Worte kleidet, wenn er sagt: Wer den Ausdruck fände für eine Thätigkeit, die so ruhig, wie die

[ocr errors]

tiefste Nuhe, für eine Nuhe, die so thätig, wie die höchste Thätigkeit, würde sich einigermaaßen in Begriffen der Natur des Vollkommensten annähern 7); - das Nämliche, was Fichte viel einfacher mit der synthetischen Einheit des Seßens und Nichtsehens (§. 23) aussagt. Das absolute Wissen erklärt sich selber für ein Unmögliches. Hegel's Kategoriensystem, mit seiner Widerspruchsmethode, hat das Reich der Wahrheit eröffnet, wie sie ohne Hülle an und für sich selber ist, nämlich — im absoluten Idealismus, eine Wahrheit, die keine ist. Einen Widerspruch auflösen heißt nicht bei Hegel, wie im absoluten Idealismus überhaupt nicht, das Widerspruchslose begriffsmäßig herausstellen, sondern den widersprechenden Begriff in eine höhere Begriffssphäre übergehen lassen, nicht unmittelbar, sondern durch Vermittelung, das heißt, gebrochen durch die negative Einheit seiner selbst oder den Widerspruch 8). Das Einzige, sagt Hegel, um den wissenschaftlichen Fortgang zu gewinnen, und um dessen ganz einfache Einsicht sich wesentlich zu bemühen ist, ist die Erkenntniß des logischen Sayes, daß das Negative eben so sehr positiv ist, oder daß das Sich-Widersprechende sich nicht in Null, in das abstracte Nichts, auflöst, sondern wesentlich nur in die Negation seines besonderen Inhalts, oder daß eine selche Negation nicht alle Negation, sondern die Negation der bestimmten Sache, die sich auflöst, somit bestimmte Negation ist; daß also im Resultate wesentlich das enthalten ist, woraus es resultirt 9). -Wie mag wol das Nichts des Seins sich unterscheiden von dem Nichts des Werdens, oder dem Nichts des Daseins, oder dem Nichts der Substanz, oder dem Nichts des Subjects, oder dem Nichts der Natur, oder dem Nichts des Geistes, oder dem Nichts des Absoluten? Es ist, weil alle Unterschiede dieser Begriffe, die Unterschiede des Absoluten ebenmäßig, wie alle andere, — kraft der Negativität der Begriffe, zu Grunde gehen 10), nur Ein und dasselbe Nichts = dem Kant'schen Dinge an sich, als einem absoluten Nichts. So sind auch Kant's Ideen bestimmte Nichtse (§. 15); fie treffen aber auch, wie Kant effen und ehrlich darlegt, im Ding an sich zusammen. Dieses

« PreviousContinue »