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als bloße Vorstellungen aber stehen sie unter gar keinem Ge-i seße der Verknüpfung, denn demjenigen, welches das verknüpfende Vermögen vorschreibt 12). Hiermit erledigt sich die große Frage: Wie find synthetische Urtheile a priori möglich? Innerer Sinn und dessen Form a priori, die Zeit; dann die Synthesis der Vorstellungen, empirischer oder reiner, durch die Einbildungskraft; und endlich die syntheti= sche Einheit der Apperception, find davon die Bedingun= gen: darauf gründet sich die Möglichkeit der Erfahrung, und so weit jene Bedingungen vorhanden, reicht der Umfang und die objective Giltigkeit strenger Erkenntniß 13). Keines der Stücke ist wichtiger, als das andere; die Begriffs- und Anschauungsformen find nicht unerläßlicher als die Wahrnehmung durch Empfindung; keines hat Bedeutung ohne das andere; alle bestehen nur miteinander und bestimmen den Kreis des subject-objectiven Wissens; die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt find zugleich Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung, und haben darum objective Giltigkeit in einem synthetischen Urtheil a priori 14). Anschauung und Begriffe machen die Elemente aller unserer Erkenntniß aus, so daß weder Begriffe ohne correspondirende Anschauung, noch Anschauung ohne Begriffe ein Erkenntniß abgeben können: ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben, und ohne Verstand keiner gedacht werden: Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe find blind 15). Keine dieser Eigenschaften, sagt Kant wörtlich, ist der andern vorzuziehen 16). Die Welt der Erscheinung. ist eine Welt der Vorstellung: beide Ausdrücke find Bezeichnungen des nämlichen Begriffs 17). — Was hat der absolute Idealismus, Kant's transscendentalem Idealismus gegenüber, aus diesem Theil der Kant'schen Erkenntnißtheorie gemacht? Er glaubte sich der Empfindung überheben zu können, um sich zuvor in sich selber zu vollenden, hinterher aber jene, wo es sich um Realität handelt, seinen Begriffen äußerlich anheften zu dürfen 18); oder er trug kein Bedenken, die Empfindung dem Zufall preiszugeben 19); oder er hat sie endlich als ein Unvernünftiges aus seinen

Sgriffsbestimmungen gänzlich ausgestoßen 20). Er hat die Grenze von Kant's dinglichen oder ersten Kategorien urchbrochen, niedere und höhere, theoretische und praktische Allgemeinheiten in Eins geworfen, die synthetische Einheit der Apperception aber ihrer bloßen Form nach zum Absoluten erhoben, wodurch das wirkliche gegebene Ich als Princip des Wissens aufgegeben wurde 21). Was die Schemate anbelangt, so thut Fichte ihrer kaum beiläufig Erwähnung, ohne mit ihnen bei einer Erkenntniß wirklicher Dinge der Erscheinungswelt, für welche sie allein da find, anzulangen 22). Schelling hat fie in der Kant'schen Weise aufgenommen und einer intellectuellen Anschauung überantwortet, wodurch ihre Bedeutung für die Erfahrung, die nichts von jener Anschauung weiß, verloren geht 23); anderwärts läßt Schelling Allgemeinheiten, ohne Vermittelung von Schematen, mit anschaulichen Gegenständen schlechtweg zusammenfallen 24): Hegel macht von ihnen gar keinen Gebrauch. Aber Kant legt auf den Schematismus der Begriffe einen so hohen Berth und hält ihn zur Erkenntniß des Wirklichen für so unumgänglich nöthig, daß er sagt, dieser Schematismus unjeres Verstandes in Anschung der Erfahrungen und ihrer bleßen Form sei eine verborgene Kunst in den Tiefen der menschlichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur schwerlich jemals abrathen und sie unverdeckt vor Augen legen werden 25); die Schemate seien die wahren und einzigen Bedingungen, den Kategorien eine Beziehung auf Objecte, mithin Bedeutung zu verschaffen, indem sie dieselben allererst realisiren 26). In der That, was will ein Wissen, das ein absolutes sein soll, besagen, wenn darin kein geseynäßiger Übergang zu den Wirklichkeiten des Lebens, kein untrüglicher Zusammenhang mit den gegebenen Gestalten vorhanden ist, unter denen die Begriffe, treu der Erfahtung, zunächst erscheinen ?

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14) ib. S. 144. 15) ib. S. 54 fl. — 16) ib. S. 55. 17) ib. G. 384 fl. 18) Fichte, W. L. S. 344 fl. 19) Schel. ling, Ideen z. c. Ph. d. Natur S. 382 fl. 20) Hegel's 21) Dafür werden die Belege

Werke, Bd. II. spåter geliefert. 306 fl.

S. 73 fl.

22) W. L. S.

24) Bruno, S. 48 fl.

26) ib. S. 135.

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415. 23) Tr. Jd. S. 282. 25) Kr. d. r. V. S. 132.

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§. 15. Auf der dritten Stufe der Kant'schen Erkenntnißtheorie erheben sich die Ideen mit ihrem Princip, der Vernunft. Sie entstehen durch Verallgemeinerung der Drei Hauptkategorien, Substanz, Ursache und Wirkung, Gemeinschaft 1): die übrigen Kategorien find nur nähere Bestimmungen der Art, wie jene find 2). Die Verallgemeinerung schafft den Begriff des Unbedingten oder Absoluten 3). Wird die Kategorie der Substanz verallgemeinert, deren Begriff der Begriff von einem Subject ist, welches niemals Prädicat wird 4), so ergiebt sich die Idee eines absoluten Subjects; aus der Verallgemeinerung der Kategorie der Ursache und Wirkung, welche durchweg an Reihen von Veränderungen fortläuft 5), entspringen die kosmologischen Ideen; und die Kategorie der Gemeinschaft geht kraft der Verallgemeinerung in die Idee des Wesens aller Wesen über 6). Die Ideen sind demnach Negationen bestimmter durch Kategorien in Naum und Zeit gedachter Verhältnisse 7); fie find Grenzbegriffe der eigentlichen dem Gebiet des Verstandes angehörigen Erkennt-nisse, sofern diese durch Kategorien und Schemate bestimmt find 8). Die Ideen haben keine Schemata, also auch keine wirklich gegebenen Gegenstände, sondern find selbst Schemen einer allgemeinen, aber eben darum leeren Erkenntniß, und nur von regulativem Gebrauch in Beziehung auf systematische Vollständigkeit aller Erkenntniß 9). Gleichwol geht die Vernunft mit ihnen auf Gegenstände aus und geräth dadurch in Paralogismen, Antinomien, und in die Dialektik des absolutnothwendigen Wesens. Das absolute Subject, ein Gegenstand der rationalen Psychologie, zeigt sich als inhaltsleer: wir erkennen uns nur, wie wir uns innerlich erscheinen, nicht nach dem, was wir an sich selber sein mögen; die Er

empirisch bestimmt Die kosmologischen

kenntniß des individuellen Selbst muß jein, um reale Bedeutung zu haben 10). Ideen stellen das Widerspiel des Allgemeinen und Besonderen, welche logisch in einem umgekehrten Verhältniß stehen, zu Tage: die Reihen der Vernunft, welche das Allgemeine sucht, find dem Verstande allemal zu groß, und die Reihen des Verstandes, der an dem gegebenen Besonderen festhält, der Vernunft zu klein 11). Daher die Antinomien. Die Thesis derselben ist überall eine Verstandesthesis, die Antithesis ein Erzeugniß der Vernunftallgemeinheit 12). Der Streit zwischen beiden ist eben so natürlich und unvermeidlich, wie das logisch umgekehrte Verhältniß des Allgemeinen und Besondern 13). Nicht minder ist der Begriff des obsolutnothwendigen Wesens dem Verstande ein unerläßlicher 14), und dennoch vermißt die Vernunft alle Erfordernisse, um dieser Idee einen Gehalt zu schaffen 14). Zur Eristenz gehört Wahrnehmung mittelst der Empfindung: das absolutnothwendige Wesen ist nicht also gegeben 15). Die Jdeen, objectiv gehaltlos, wie sie sind, gestatten lediglich eine subjective Deduction aus der Natur der Vernunft, welche, indem sie ihre Gegenstände, die Objecte der Ideen, zwar seht, aber nicht erkennt, sich als eine leere Subject-Objectivität darstellt 16). Der Verstand dagegen ist eine empirisch erfüllte Eubject-Objectivität, und seine Erkenntnisse besigen Realität (S. 14). An der Verstandeserkenntniß haben auch die Ideen ihre Grundlage, und beziehen sich auf diese; ohne jene würde von ihnen nicht die Rede sein 17). Sie find Negationen derselben, um die Anmaaßungen des Verstandes zu beschränken 18). Zufolge ihres allgemeinnegativen Charakters laufen sie in einen gemeinsamen Focus zusammen, und find einerlei mit dem Begriff des Dings an fich, in welchem aller Widerstreit der Ideen gegen die Erfahrungserkenntniß endet 19): die Idee des absoluten Subjects 20), die kosmologischen Ideen 21), wie die Idee des absolutnothwendigen Wesens 22), finden ihre lehte Erledigung in dem Begriff tes Dings an fich. Das Ding an fich ist ein Noumenon, turch Kategorien eben so wenig, als durch Wahrnehmung, testimmbar, nichts, als ein allgemeiner Grenzbegriff der Er

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scheinungswelt 23), eine absolute Negation 24). Was hat der absolute Idealismus aus der Kant'schen Ideenlehre gemacht? Er hat ihr, in Bezug auf die Verläßlichkeit des Wissens, eine umgekehrte Stellung zur Verstandeserkenntniß angewiesen, Kant's uneigentliches Wissen von den Ideen in ein eigentliches und absolutes, die Verstandeserkenntniß, den Voden des strengen Wissens bei Kant, in ein Scheinwissen verwandelt. Die Kant'sche Ideenwelt ist die Region, in welcher der absolute Idealismus heimisch geworden. Nehmen wir das Kant'sche transscendentale Ideal als das Allgemeine und Unmittelbare, die kosmologischen Ideen als die selbsteigene Besonderung oder Entäußerung desselben, und das absolute Subject als die Rückkehr des Allgemeinen aus der Entfremdung zu sich selber, Begriffs= bestimmungen, die bei Fichte und Schelling ebensowohl, als bei Hegel vorkommen, und von Kant in ihrer Beziehung auf einander klar ausgesprochen sind 25), so haben wir den absoluten Idealismus in seiner ganzen Vollständigkeit. Die übrigen Kategorien, Naturbegriffe u. s. w., bilden das Gefolge des Absoluten, oder find der Hofstaat, der sich am Throne desselben ansammelt, um dessen Glanz zu verherrlichen, dem Begriff des Absoluten jedoch zufällig und müßig. Kant's synthetische Einheit der Apperception liefert überdieß den Schlüssel für die Ineinsbildung der Gegensäße und Widersprüche, die sich unter jenen Begriffen vorfinden. Weil der absolute Idealismus der Kant'schen Erkenntnißtheorie eine umgekehrte Nichtung gegeben, so hat er auch kein Bedenken getragen, seine Welt als eine verkehrte zu bezeichnen 26), welche, wenn sie keine ungehörige wäre, der Erscheinungswelt das Prädicat der Verkehrtheit zuschieben würde. Nun weist die Erfahrung dem erkennenden Menschen seinen Standpunct bestimmt an: also muß jene Bezeichnung dem absoluten Idealismus verbleiben.

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7) ib. S. 316 fl. S. 174 fl.

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5) ib. S. 315 fl.

8) ib. S. 397 fl.

9) ib. S. 512 fl.

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12) ib. S. 380 fl.

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