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miren den einzelnen Fall unter das allgemeine Gesetz, dass die Pflichttreue den ethischen Anspruch auf Achtung begründe.

Das Gleiche gilt von dem Verständniss der historischen Erscheinungen. Ausser der (zu § 101, S. 276 schon erwähnten) Schillerschen Erklärung der Heftigkeit und Dauer des dreissigjährigen Krieges (da im Religionskriege, zumal in der neueren Zeit, der Einzelne mit persönlicher Ueberzeugung seine Partei zu nehmen vermöge) möge folgendes Beispiel die Kraft dieser Gedankenform bezeugen. Diejenigen Individuen, welche die von den edelsten Culturvölkern des Alterthums einzeln errungenen Bildungselemente von ihren nationalen Schranken befreit und ihre Verbreitung über alle bildungsfähigen Völker des Erdkreises begründet haben, sind unter den Persönlichkeiten des Alterthums von der hervorragendsten weltgeschichtlichen Bedeutung. Diejenigen Individuen aber, welche in dem reichen, durch die Arbeit der Jahrhunderte errungenen Schatze der griechischen Kunst und Wissenschaft ebenso die, welche in der römischen Rechts- und Staatsbildung ebenso endlich die, welche in den vorzugsweise von dem jüdischen Volke gehegten religiösen Ideen die allgemein menschlich gültigen Elemente erkannt, dieses ewig Wahre der zeitlichen und vergänglichen Hülle nationaler Beschränktheit enthoben, zu einer neuen und reineren Gestalt fortgebildet, und die allgemeine Verbreitung dieser Bildungselemente angebahnt haben, diese sind, jede auf ihrem Gebiete, die Träger jener welthistorischen Aufgabe. Also sind sie unter den Persönlichkeiten des Alterthums von der hervorragendsten Bedeutung. Wird dieser Schlusssatz auf die einzelnen Personen bezogen, in deren weltgeschichtlichem Wirken jene Charaktere sich nachweisen lassen, so fällt diese Beziehung nach ihrer logischen Form wiederum unter die nämliche Schlussweise; und sollte der Obersatz begründet werden, so könnte auch dies nur in der gleichen syllogistischen Gedankenform geschehen, nämlich durch Aufzeigung eines allgemeinen Entwickelungsgesetzes, dem auch die Menschheit als ethischer Gesammtorganismus unterworfen sein

muss.

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§ 111. Die drei übrigen Modi der ersten Figur im engeren Sinne haben die Formen e a e, a i i, e i o, und führen die Namen Celarent, Darii, Ferio, in welchen die Anfangsconsonanten durch ihre alphabetische Folge und die Vocale der Reihe nach durch Hindeutung auf die logische Form des Ober-, Unter- und Schlusssatzes charakteristisch sind.

In dem Modus Celarent wird aus einem allgemein verneinenden Obersatze (kein M ist P) und einem allgemein bejahenden Untersatze (jedes S ist M) ein allgemein verneinender Schlusssatz (kein S ist P) abgeleitet nach folgendem Schema:

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Der Beweis der Gültigkeit liegt in dem Sphärenverhältniss. Ist M ganz von P getrennt, S aber ganz in M enthalten, so muss auch S ganz von P getrennt sein.

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Es findet hier zwischen P, M und denjenigen (einigen) S, welche M sind, dasselbe Sphärenverhältniss statt, wie in dem Modus Barbara (s. § 110) zwischen P, M und allen S. Also muss hier wenigstens von diesen (einigen) S gelten, was dort von allen S galt, dass sie P sind. Von den übrigen S bleibt es ungewiss, ob sie P seien oder nicht; sind sie M, so müssen sie auch P sein; sind sie nicht M, so können sie dennoch P sein, können aber in diesem Falle auch nicht P sein, wie sich dies leicht durch Sphärenvergleichung ergiebt. Der Schlusssatz hat also die Bedeutung: mindestens einige S sind P.

Der Modus Ferio endlich hat die Form:

Me P

Si M

S o P.

Hier findet zwischen P, M und denjenigen S, welche M sind, das nämliche Sphärenverhältniss statt, wie zwischen P, M und allen S in dem Modus Celarent (s. oben). Folglich sind, wie

dort alle S nicht P, so hier wenigstens einige S nicht P. Von den übrigen S bleibt es unentschieden, ob sie P seien oder nicht; sind sie M, so folgt, dass sie nicht P sind; sind sie aber nicht M, so können sie zu P jedes denkbare Verhältniss haben. Also hat der Schlusssatz den Sinn: mindestens einige S sind nicht P.

Ein Beispiel zu Celarent liegt implicite schon in No. 14 des grösseren mathematischen Beispiels zum vorigen Paragraphen, indem das nur des Obersatzes die Negation eines zweiten gemeinsamen Punctes in sich schliesst. Andere Beispiele aus anderen Gebieten des Denkens sind folgende. Keine Erkenntnissform, die einer eigenthümlichen Existenzform entspricht, ist von bloss didaktischem Werthe. Der Syllogismus ist eine Erkenntnissform, die einer eigenthümlichen Existenzform (nämlich der realen Gesetzmässigkeit) entspricht. Also ist der Syllogismus nicht von bloss didaktischem Werthe. Was vom Willen unabhängig ist, kann nicht durch Strafgesetze erzwungen werden. Die theoretischen Ueberzeugungen sind vom Willen unabhängig. Folglich kann keine theoretische Ueberzeugung durch Strafgesetze erzwungen werden. Keine gerechte Entscheidung über die Glückseligkeit ist vom moralischen Verhalten unabhängig. Die göttliche Entscheidung ist gerecht. Also ist sie nicht vom moralischen Verhalten unabhängig.

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Zu Darii. Was aus einem reinen moralischen Bewusstsein hervorgegangen ist, ist moralisch zu billigen. Einige Abweichungen von den gemeinen Sittenregeln sind aus einem reinen moralischen Bewusstsein hervorgegangen. Also sind einige Abweichungen von den gemeinen Sittenregeln moralisch zu billigen. In diesem Falle nur einige, nämlich nur diejenigen, welche unter den Mittelbegriff fallen. In anderen Beispielen gilt das Prädicat des Schlusssatzes von einem Theile der Sphäre des Subjectsbegriffs gemäss den Prämissen, ausserdem aber thatsächlich auch von dem übrigen Theile, über welche aus den Prämissen nichts geschlossen werden kann. Alle Quadrate sind geradlinige ebene Figuren. Einige (und zwar nur einige) Parallelogramme sind Quadrate. Einige (in der That aber auch die übrigen) Parallelogramme sind geradlinige ebene Figuren. Der Werth dieses Schlussmodus, sowie aller anderen in den verschiedenen Figuren, die mit ihm in gleichem Falle sind, wird durch diese Unbestimmtheit zwar beschränkt, aber nicht aufgehoben. Denn es ist hier nicht alles unbestimmt, sondern nur dasjenige, worüber aus den Prämissen nichts folgt. Es ist immer schon ein Gewinn, zu wissen, dass einigen S das P zukomme (oder in anderen Modis mit particular verneinendem Schlusssatze, dass einigen S das P nicht zukomme), und gewiss ist dieser Gewinn nicht darum zu verschmähen, weil uns, sofern nur die Prämissen gegeben sind, das Weitere unbekannt bleibt, wie es sich mit den übrigen S verhalte. Es mag »zu wenig« folgen für unsere Wissbegierde;

aber es folgt nicht »zu wenig in dem Sinne, dass der Schluss zu einer fehlerhaften Beschränkung des Prädicates P auf einige S verleitete. Ein Fehler kann durch diesen Schlussmodus und alle ähnlichen bei richtiger Anwendung niemals entstehen, wofern nur der Sinn des particularen Urtheils genau bestimmt wird.

Zu Ferio. Keine menschliche Schwachheit kann der Gottheit anhaften. Einiges von dem, was die Mythologie der Gottheit andichtet, ist menschliche Schwachheit. Folglich kann (mindestens) einiges von dem, was die Mythologie der Gottheit andichtet, ihr nicht anhaften. Uebrigens gilt auch bei diesem Modus wieder, was zu Darii über den Sinn des particularen Schlussurtheils bemerkt worden ist.

§ 112. In der zweiten Figur, deren allgemeines Schema (s. o. § 103) folgendes ist:

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muss 1. der Obersatz allgemein und 2. eine der beiden Prämissen verneinend sein. Denn 1. sind P und M particular verbunden (P i M, was mit M i P übereinkommt), während das Verhältniss des übrigen Theiles ihrer Sphären unbestimmt bleibt, und fällt S ganz in M (S a M), so bleibt ungewiss, ob S in denjenigen Theil von M falle, der mit einem Theile von P coincidirt, oder in den Theil, zu welchem P kein bestimmtes Verhältniss hat, oder theils in jenen, theils in diesen; also folgt auch nichts Bestimmtes über das Verhältniss von S zu P. Ist aber P particular von M getrennt (P o M), und fällt wieder S ganz in M (S a M), so würde sich zwar folgern lassen, dass einige P, nämlich diejenigen, welche nicht M sind, auch nicht S seien; allein bei diesem Schlusse wäre die particulare Prämisse der Untersatz; dagegen folgt nichts über das Verhältniss von S zu P, da die Sphäre von P die Sphäre von M und vollends die Sphäre von S, welche ganz innerhalb M liegt, sowohl umschliessen, als kreuzen, als auch endlich ganz unberührt lassen kann, so dass bald alle SP sind, bald einige, aber andere nicht, bald endlich kein S Pist. Alle übrigen Combinationsformen mit particularem Obersatze sind aber schon durch die allgemeinen Regeln (§§ 106-108) ausgeschlossen. 2. Sind beide Prämissen bejahend, so ergiebt sich kein gültiger Schluss, weil daraus,

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dass P und S beide ganz oder theilweise in die Sphäre von M hineinfallen, nichts über ihr gegenseitiges Verhältniss folgt.

Von den acht Combinationsformen, deren Gültigkeit durch die allgemeinen Regeln (§§ 106-108) nicht aufgehoben wurde, nämlich:

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fallen in der zweiten Figur nach der Regel über die Allgemeinheit des Obersatzes ia und o a aus, und nach der Regel, dass nicht beide Prämissen bejahend sein dürfen, (ausser ia) noch a a und ai, so dass folgende vier übrig bleiben:

e a

a e

e i

deren Gültigkeit nunmehr zu erweisen ist.

ao

§ 113. Die gültigen Modi der zweiten Figur haben die Formen e a e, a e e, e i o, a o o, und führen die Namen Cesare, Camestres, Festino und Baroco, in welchen die Vocale der drei Silben der Reihe nach die Form des Ober-, Unter- und Schlusssatzes bezeichnen, die Anfangsconsonanten aber auf diejenigen Modi der ersten Figur zurückweisen, auf welche die Scholastiker im Anschluss an Aristoteles dieselben zum Behuf des Beweises ihrer Gültigkeit zu reduciren pflegten, und von den übrigen Consonanten einige die Weise dieser Reduction (wovon unten) andeuten. Die Sphärenvergleichung erweist unmittelbar die Gültigkeit dieser

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Der Obersatz behauptet ein völliges Getrenntsein der Sphären von P und M, der Untersatz ein völliges Enthaltensein der Sphäre von S in der von M. Das Symbol hierfür ist:

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