gewesen. Wir wollen zum Muster eins aus der alten Welt vom Maror nehmen, und zwar dasjenige, so er an Kaiser Karl den V, auf seinen Abschied aus Paris gemachet, wo er König Franz den I, nach seiner Erledigung aus der Gefangenschaft besuchet. L'Adieu de France à l'Empereur. Adieu Cefar! Prince bien fortuné, e Le fuppliant, qu'un jour ja ordonné, En grand defir, que Tu fois retourné. 13. §. Aus diesem Erempel wollen wir nun die Regel des rechten Ringelgedichtes herleiten. Man sieht zuförderst, daß selbiges nicht mehr, als dreyzehn einfylbigte Zeilen hat, deren fünf im Anfange, und fünf am Ende, einen besondern Verstand ausmachen; drey aber in der Mitte abgesehet werden, und wieder ihren eigenen Sinn haben. 2) bemerfet man, daß in dem ganzen Gedichte nicht mehr, als zweyerley Reime sind; die aber in dem ersten und legten fünfzeiligten Stücke auf einerley Art abwechseln; so daß dieselben nach einer Melodie gesungen werden können: das Mittelstück aber für sich den ersten Reim zweymal, und den andern, einmal haben muß. 3) Endlich sicht man, daß der Anfang, von vier Sylben, oder zwey Jamben, nach deut scher scher Art zu reden; für sich einen Verstand haben, und so wohl nach dem dreyzeiligten Mittelstücke, als ganz am Ende wiederholet werden muß. Wer sieht nun nicht, daß auch dieses Gedicht der Musik zu gut erfunden worden? Die erste Hälfte der Melodie muß auf fünf Zeilen zulangen; und dabey muß sich der Verstand schließen. Die an dere Hälfte langet auf drey Zeilen; und um anzuzeigen, daß man nun die erste Hälfte noch einmal wird singen müssen : so werden auch die Anfangsworte wiederholet. Sodann folget der Beschluß nach der Melodie der ersten Hälfte; und sodann wiederholet man die Anfangsworte noch einmal, da durch es denn zu einem völligen Ringelgedichte wird. Nichts ist nunmehr begreiflicher, als alle diese Regeln, die bisher noch von keinem unserer Dichter gehörig eingesehen worden; und also ganz willkührlich und abgeschmackt ausgesehen ha ben. Rotthe, Omeis, und Menantes, wissen nichts davon zu sagen, als daß ein Rondeau aus dreyzehn Zeilen bestehen, und sowohl nach der achten, als lehten Zeile den Anfang wiederholen müsse: dadurch man auf den Wahn verfällt, daß es nur aus zwey Theilen, einem achtzeiligen Rumpfe und fünfzeiligen Schwanze bestehe; davon man aber wieder keinen Grund einsieht. Vielweniger kann man daraus die Ordnung der Reime begreifen, die sie einem vorschreiben, wenn es heißt, daß sich die 1. 2. 5. 6. 7. 9. 10 und 13 Zeile; und hernach wieder die 3. 4. 8. 11. und 12 Zeile rcimen müsse. 14. §. Da ich nun den Grund der Erfindung, aus der Beobachtung der ältesten Muster, glücklich entdecker: so wird man daraus leicht sehen, daß viele Rondeaur, die man in unsern Dichtern antrifft, eben so fehlerhaft sind, als die Sonnette oben befunden wurden. Doch ist dasjenige, was Omeis anführet, wenn ich es nach der rechten Art schreibe, ganz richtig gerathen. Es Es ist vollbracht! der Schatten ist vergangen, Und Michael das feste Schloß zerstört, 1 Darinn der Mensch lag auf den Tod gefangen. Es schäumt der Drach in Ketten und in Zangen, Herr! steh mir bey, wenn endlich meine Wangen, Wann meine Seel nun aus dem Kerker fährt; Eins ist hier nur zu bemerken, darinn dieß Ringelgedicht von dem französischen abgeht: nämlich daß dieses lauter männliche Reime hatte, das deutsche aber dieselben mit weib lichen abwechselt. Allein daß jenes im Französischen keine Regel sen, zeigen viele andere in eben dem Maror, und in andern Dichtern, die gleichfalls gewechselt haben. Und eben daraus erhellet auch, daß man eben sowohl mit einem månnlichen Reime anfangen könne, wann nur das übrige hernach in eben der Ordnung beybehalten wird. Des Des II. Abschnitts II. Hauptstück. Von allerley neuen Arten größerer Lieder, als Ningeloden, Sechstinnen und Gesängen. N I. §. ach dieser leßten Art hat man auch andere Ringeloden im Deutschen zu machen versuchet, und verschiedene, Arten derselben auf die Bahn gebracht. Denn theils hat man am Ende jeder Strophe die erste Zeile derselben wiederholet. Ein Erempel mag mir Philander von der Linde geben. Es steht in seiner Unterredung von der Poesie a. d. 227. S. Die andere Art, wiederholt im Anfange jeder Strophe ben Schluß der vorhergehenden; und dergestalt hången die StroCrit. Dichtk. phen phen gleichsam wie die Glieder einer Kette an einander; der Schluß der leßten Strophe aber schließt auf den Unfangs= worten des ganzen Liedes. Ein Exempel giebt enantes in seiner gal. Poesie a. d. 119. S. Erbarme dich, du Schönheit dieser Welt, Und nimm von mir die Fessel meiner Seelen! Ist schon der Tod! Ist schon der Tod ein Opfer deiner Lust, z. Und die lehte Strophe schließt so: Mein Herz giebt nur den Seufzer noch von sich, Eben dergleichen kömmt auch auf der 175. u. f. S. vor, und Ergöße dich, befriedigtes Gemüthe, An allem was der Himmel fügt. 2. 2. S. Fast zu eben dieser musikalischen Art gehören die Wiederhallslieder. Man versteht durch dieselben solche Lieder, die an Dertern gefungen werden können, wo das Echo die lehten Sylben jeder Strophe wiederholet; dieses aber dem Dichter Gelegenheit zu einem neuen Gedanken giebt, dem er in der folgenden Strophe weiter nachdenket. Denn ob wohl einige auch andere Arten von wiederhallenden Versen zu machen gelehret, die nicht gesungen werden können, und wo das Echo an keinen gewissen Stellen etwas wiederholet: so kommen mir doch dieselben viel unnatürlicher und abgeschmack. ter vor. Denn wer wird in einen Wald hintreten, um ei= nen fertigen Vers so laut abzulesen, daß ihm das Echo ante worten könne. Hergegen ein Lied, kann man schon so laut fingen, daß der Wiederhall ertönen kann: und da Verliebte die Einsamkeit in Wäldern suchen; so ist es so ungereimt nicht, daß man ihnen auch solche Lieder mache, die zu gu ten Gedanken Anlaß geben. Das Muster will ich wieder aus |