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man aus folgendem Erempel Johann Frankens, wird abnehmen können. Es steht auf der 41. S. feiner Trauer

gedichte.

So hast du auch nunmehr, du Wonn und Zier der Deinen,

Du edle Jahninn, du, du Nahel' unsrer Zeit,

Du, als um deren Tod viel fromme Herzen weihen,

So hast du auch nunmehr ist dieser Eitelkeit

Jüngst gute Nacht gesagt.

Wie leicht hätte der Poet diesen Uebelstand vermeiden kön nen, wenn er anstatt der vierten Zeile, diese

So eilst du auch nunmehr aus dieser Eitelkeit!

håtte sehen, und die fünfte Zeile mit einem neuen Sage anfangen wollen? Jedoch nein, auch damit wäre es noch nicht ausgerichtet gewesen. Es hätte sich auch der Verstand in der andern Zeile bereits einigermaßen schließen müssen. Die langweiligen Säße schicken sich hier gar nicht her; und wenn es möglich wåre, jeder Zeile einen vollen Sinn zu geben, so wäre es in Elegien am besten.

11. §. Zum Beschlusse merke ich noch an, daß man die Elegien im Deutschen nicht nur mit weiblichen, sondern auch mit männlichen Zeilen anfangen könne. Man kann sie bey uns hauptsächlich zu Trauergedichten und zu verliebten Sachen; sodann aber bey Hochzeiten, wo gemeiniglich was verliebtes und zärtliches mit unterläuft, brauchen. Lobgedichte aber und Satiren, oder andere ernsthafte Briefe darinn zu schreiben, das ist ungereimt: obgleich zuweilen große Leute solches gethan haben. Kanizens Harpar zum Erempel, würde noch einmal so schön klingen, wenn er in ungetrennten Reimen beschrieben wåre. Hergegen hat er ein Schreiben an einen guten Freund als eine Elegie gemacht, welches zum Muster einer schönen Elegie dienen kann:

Vergönne mir mein Freund, daß ich dir etwas stifte,

Das länger dauren soll, als Erzt und Marmelstein; Mich freut dein Wohlergehn, drum fahr ich durch die Klüfte, Die zwischen mir und dir nunmehr befestigt seyn.

Du

Du wirst des Fürsten Rath im allerhöchsten Orden,
Da dieser Namen sich bey mir im Schatten weist,
Und bist im rechten Ernst, zur Excellenz geworden,
Da mich mein Bauer kaum; gestrenger Junker! heißt.
Getrost! ein gleicher Blick wird auch auf diese Zeilen,
Und meine Niedrigkeit von deinem Gipfel gehn;
Als du dich nicht geschämt, den Briefen zu ertheilen,
Die dir, von Wort zu Wort, noch im Gedächtniß stehn.
Du hast dich nimmer nicht, noch andre, so vergessen,
Daß man Veränderung an dir befürchten kann;
Noch, nach der Aemter Maaß, die Freundschaft abgemessen
Du fahst die Redlichkeit, und nicht den Purpur, an.
So ist ein jeder froh, daß Friedrich dich erhoben,

Daß endlich dich das Glück erwischet bey der Hand,
Und, gleichsam mit Gewalt, auf einen Ort geschoben,

Den dir Verdienst und Wunsch schon lange zuerkannt. 2c. Ich sehe wiederum zum Beschlusse des Boileau Regeln von dieser Materie hieher:

Mit einer etwas höhern Sprache, (schreibt er in seiner Dichtkunst,) die doch aber nicht verwegen ist, weis die klagende Elegie, in langen Trauerkleidern, mit zerstreueten Haaren, unter einem Sarge zu feufzen. Sie malet die Freude und Betrübniß der Liebenden; sie schmäuchelt, drohet, reizer und besänftiget eine Geliebte. Allein, um diesen glücklichen Eigensinn recht wohl auszudrücken, ist es nicht genug, daß man ein Dichter sey, man muß auch verliebt seyn.

Ich hasse die eiteln Dichter, deren gezwungene Muse mich mit einem allezeit kalten und erstorbenen Feuer ergehen will; die sich aus Kunst betrüben, und sich mit gesättigten Sinnen, nur des Reimens wegen, zu erhitzten Liebhabern aufwerfen. Ihre schön: sten Entzückungen sind nichts als leere Wortfügungen. Sie können gar nichts, als sich beständig mit Ketten schleppen, ihre Marter verehren, ihre Gefangenschaft segnen, und die Leidenschaften wider die Vernunft zu Felde liegen lassen. Es war ja vorzeiten ein solcher lächerlicher Ton nicht, in welchem die Liebe einem Tibullus die Verse vorsagte; oder mit welchem Ovidius die süßen Töne stimmte, und die reizenden Lehren seiner Kunst aufschrieb. Das Herz allein muß in der Elegie reden.

Des

Des I. Abschnitts XIII. Hauptstück. Von poetischen Sendschreiben oder Briefen.

I. §.

'o gut andere Leute in ungebundener Rede an einander schreiben können; so leicht kann ein Poet solches in gebundener Schreibart thun. Wie es aber dort eine besondere Kunst ist, ein schönes Schreiben abzufassen: so ist es auch nicht eines jeden Werk, einen guten poetischen Brief zu machen. Ja in gewisser Absicht ist dieses noch schwerer. In prosaischen Briefen macht man zuweilen lauter Compli= menten und unnüße Umschweife in Worten, die durch die Höflichkeit eingeführet worden. Man schreibt auch oft von nöthigen Angelegenheiten und Hausgeschäfften, die sonst niemand wissen mag oder soll, als den sie angehen. In der Poesie aber würde es lächerlich seyn, solche Briefe zu schreiben. Sie müssen allezeit gewisse Materien betreffen, die allerley Lesern nüßlich und angenehm seyn können. Sie complimentiren daher nicht viel; sondern gehen gerade zu: daher es denn auch kömmt, daß man in Versen alle Titel und Ehrenworte der vornehmsten Personen zu vermeiden pflegt. Die deutschen Poeten haben auch überaus wohlgethan, daß sie, in den Anreden an die vornehmsten Leute, sich, nach alter Art, das edle Du vorbehalten haben, welches die prosaischen Scribenten gar nicht mehr brauchen dórfen.

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2. §. Die alten Römer und Griechen haben uns sehr schöne Muster solcher Briefe hinterlassen. Einen guten Theil davon haben wir schon im vorigen Hauptstücke, unter den Elegien betrachtet: es ist aber noch eine andere Art übrig, die eine besondere Abhandlung verdient. Dort herrschte, nach dem Character der Elegie, ein zärtliches und trauriges

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Wesen:

Wesen: hier ist der Juhalt geruhig und ernsthaft, zuweilen scherzhaft, auch wohl moralisch und satirisch. Wie nun in jener Art Ovidius sonderlich ein Meister gewesen, so haben wir in dieser Gattung den Horaz zum Muster. Dieser schrieb nun nicht nur an den Kaiser August, sondern auch) an den Mácenas, Claudius Nero, und Julius Florus; ja an den Poeten Albius Tibullus, an seinen Pachter, und endlich an sein eigen Buch. Hätte Ovidius nicht alle seine Briefe als Elegien abgefasset: so würde man eine Menge davon anzuführen haben. Denn nicht nur seine Heroides Epiftola, oder Briefe der Heldinnen, sondern auch seine eigenen Ex Ponto, und die in den Libris Triftium stehen, würden hieher gehören. Eben so haben Tibullus und Propertius alle ihre Briefe in Gestalt der Elegien abge. fasset: weil sie mehrentheils verliebtes und zärtliches Inhalts waren. Juvenal und Persius, machten, nach ihrer Neigung zur Satire, alle ihre Schreiben so stachlicht, und gesalzen, daß man sie für nichts anders, als für Satiren, oder Strafgedichte ansieht. Statius hat in seinen Silvis doch einige von anderer Art mit unterlaufen lassen: z. E. das im II. Buche, worinn er den Melior über den Tod seiner Glaucia tröstet, ferner das, welches er im III. B. an seine Gattinn Claudia abläßt; das an den Marcellus, im IV. B. imgleichen an den Jul. Menekrates, bey der Geburt seines dritten Sohnes 2c. Von neuern hat Vida auch ein paar von der Art, an Giberren, und den Degius abgelassen. Ulrich von Hutten hat nur eins von der Art an Pabst Leo X. geschrieben; seine übrigen sind als Elegien abgefasset. Auch Joh. Secundus ist hier nicht zu vergessen, indem er uns ein halb Duhend sehr nette poetische Schreiben hinterlassen, da er sonst in Elegien am stärksten ist. Bieler an dern neuern vor igo zu geschweigen.

3. S. Unter den Franzosen hat uns Marot ein ganzes Schock poetische Episteln hinterlassen, wie aus der neuesten Ausgabe seiner Werke erhellet. Ronsard hat eben sowohl an König Karl den IX. und viele andere Große und gerin=

gere

gere seiner Zeit Sendschreiben abgelassen; ja gar von erwähntem Könige poetische Antworten bekommen. Selbst unter seinen so genannten Elegien sind eine Menge, die besser hieher gehören; weil die ungetrennten Reime derselben gar nicht legienmäßig klingen. Eben das ist von des Des

portes Elegien zu sagen: doch findet man auch einige andere, die hieher zu ziehen wåren, z. E. die er Complaintes nennet, imgleichen die Difcours, an seine Freunde. Unter den neuern ist Boileau durch verschiedene Epitres bekannt geworden, und so wohl Teukirch, als ich selbst, haben die Epitre au Roy, ins Deutsche gebracht. Rousseau hat auch viele Stücke dieser Art geschrieben; ob er gleich die eilfsylbigten Verse dazu gebrauchet. Was Herr von Voltaire u. a. m. in diesem Stücke geleistet, ist in aller Hånden. Von Engländern hat Ortibay es unter andern auch daran nicht fehlen lassen. Dryden und Congreve haben auch derglei= chen gemacht: vor allen aber hat sich Pope dadurch gewiesen. Denn außer daß er den Abålard an die Heloise schreiben lassen, und Ovids Brief der Sapho an den Phaon übersehet, hat er uns drey Bücher sogenannte Ethic Epiftles hinterlassen, die voll der trefflichsten Gedanken sind;~ und davon das erste Buch das so genannte Effay on Men, als ein größeres Lehrgedicht, enthält.

4. §. Von unsern Deutschen hat gleich Opitz einen treuen Nachfolger der Alten, sonderlich des Horaz, abgegeben.' Seine Schreiben an Nüßlern, Zinkgräfen, Seußiussen, und viele andere mehr, sind in dem besten Geschmacke abgefaffet. Viele führen zwar andere Ueberschriften z. E. als Hochzeit oder Leichengedichte: sie sind aber doch im Grunde nichts anders, als solche Schreiben, darinn man entweder Glück wünschet, oder sein Beyleid bezeiget. Eben derglei= chen findet man in Flemmingen, Tscherningen, Risten, Siebern, Franken u. a. m. in großer Zahl. Doch Ranig ist vor andern in dergleichen Urt nachzuahmen. Es herrscht eine so edle Art der Gedanken, und eine ungekünstelte vertrauliche Art des Ausbruckes bey ihm, daß er fast unnach

ahmlich

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