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zu Nuge machen wollte? Ich will aber nur aus dem XII. Jahrhunderte den Marbodeum de Lapidibus pretiofis anführen, den Herr Brückmann 1704. wieder in 4. drucken lassen; davon wir auch alte deutsche Ueberseßungen haben. Unter neuern Dichtern fallen mir igo Daniel Hermanns, eines Preußen, Werke in die Hände, den ich schon, wegen feines epischen Gedichtes, auf die Stiftung der straßburgifchen Universität 567. und vieler andern Lobgedichte wegen, unter die heroischen Dichter hätte rechnen können. Aber er hat auch auf den Fall Adams und die Erlösung des menschlichen Geschlechtes, imgleichen ein anders von dem Begråbnisse Christi, und noch ein anders de Vita Litterata, five Scholaftica, ein langes Lehrgedicht zu Straßburg öffentlich Hergefaget. Die ganze Sammlung ist 1604. zu Riga in 4. gedruckt. Des Palingenius Zodiacus Vitæ ist ebenfalls ein philosophisch moralisches Gedicht, das sehr angenehm zu Lesen ist. Endlich hat Schoranus ein metaphysisches aus des Carrefius Meditationen, unser Herr D. Hebenstreit eine merrische Physiologie; Milcolumbus Flemyng zu Amst. 1741. in 8. die Neuropathiam, Poema medicum; und Bened. Stay endlich zu Rom 1747. eine ganze Philosophie in Versen in VI. B. ans Licht gestellet. Des Cardinals Polignac Antilucrez, welchen ich selbst vor wenigen Jahren, hier neu wieder herausgegeben habe, ist eins von den wichtigsten Stücken in dieser Art.

7. §. Auf die Ausländer zu kommen: so sind unter den Engländern folgende die berühmtesten. Denham hat den Cato major unter dem Titel Old Age, in ein folch Gedicht gebracht. Philipps hat vom Cyder ein ausführliches Lehrgedicht geschrieben, worinn er lehret, wie man ihn recht machen soll. Cowley hat lat. vier Bücher von Pflanzen geschrieben, die man in englischen Versen übersehet hat. Pope hat nicht nur sein Eflay on Men, oder die Ethic Epiftles, sondern auch das Essay on Criticism, und den Temple of Fame geschrieben; wo man nicht dieß leßtere unter die heroischen Gedichte rechnen will: alsdann aber werde

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ich seinen Windsorer - Wald dafür hieher ziehen, der voll lehrreicher Gedanken ist. Thomsons vier Jahreszeiten, die Brockes sehr schlecht überseher hat, gehören auch unter diese Claffe. Ein gewisser Ungenannter hat eine umgekehrte Artem Poeticam, unter dem Titel, Harlequin Horace, auf eine ironische Art geschrieben: und Rong hat in seinen Night-Thoughts, vom Leben, Tode, und der Unsterblich keit, auf eine sehr philosophische Art gehandelt. Unter den Franzosen hat Barras in seiner Woche, die Schöpfung der Welt, nach der mosaischen Geschichte derselben, poetisch abgehandelt. Pibrac hat in vierzeilichten Versen allerley Sittenlehren abgefasset. Boileau, hat die Dichtkunst, in ein ordentliches Lehrgedicht gebracht; an dessen Ordnung und Einrichtung gleichwohl ein holländisches Frauenzimmer, Jungf. Hooghard in ihren Lettres Antipoetiques sehr viel auszusehen gefunden. Der Abt Genest hat in seinen Principes de Philofophie, den Beweis vom Daseyn Gottes und von der Seelen Unsterblichkeit ausführlich beschrieben; welches wir gleichfalls von Brocksens matter Feder deutsch haben. Der jungere Racine hat von der Religion ein schönes Lehrgedicht verfertiget, welches wir auch schon deutsch haben. Der Abt Berni hat sich in dieß Feld auch glücklich gewaget, als er ein Stück eines Gedichtes wider die Freygeister ans Licht gestellet. Von wålschen Sachen dieser Art kommen mir des Dantes Hölle und des Petrarcha Triumphe, imgleichen des Taffo Mont Oliveto in die Hånde; davon ich eine einzelne Ausgabe von 1605. in 4. besige: wiewohl man dieses auch leicht zu der heroischen Art zählen könnte. Nach diesem hat vor etlichen 20. bis 30. Jahren ein Sicilianer die ganze Naturlehre in einem poetisch abgefaßten Folianter. ans Licht gestellet. Und Riccoboni, der Vater, hat von der guten Aussprache eines Schauspielers auf der Bühne, ein ausführliches Gedicht im Wälschen gemacht: welches bey seiner Historie der wälschen Schaubühne mit verkaufet wird.

8. §. Es ist Zeit, auf die Deutschen zu kommen: und was könnte ich hier nicht für ein Verzeichniß machen, wenn ich aus

aller

allen Zeiten die Lehrgedichte unserer Poeten erzählen wollte? Ortfrieds Evangelien würden hier oben an stehen: ja ich würde ganze überseßte Bibeln in Menge aus den åltern Zeiten, u. a. s. Ding anführen müssen. Doch weil diese noch nicht gedruckt sind, so verschiebe ich sie in meine Histo:.e der deutschen Sprache. Der Freydank und Hugens von Trymberg Renner hergegen, sind gedruckt, obwohl selten zu haben, und gehören unstreitig zu den moralischen Lehrgedichten. Das Memorial der Tugend des von Schwar. zenberg, der getreue Eckard, Morsheims Hofleben, und das Gedicht von Frau Untreu, das im Reineke Fuchs so fleißig angeführet wird; Sebaftian Brands Narrenschiff; Burcards Waldis Pabstthum, Ringwalds lautere Wahrheit, imgleichen sein Gedicht von Himmel und Hölle, auch Rabmanns Gespräch von Bergen und Bergleuten; und endlich Jamsthalers spagirisches Buch von der Kunst Gold zu machen, gehören zu den alten Werken in dieser Art. Von Uebersehungen haben wir nicht nur Dedekinds Grobianus, und Carons Disticha, nebst Pibracs vierzeilichten Versen, und des Bartas Woche; sondern auch den ganzen Palingenius von Sprengen verdeutschet. Allein von neuern ist Opitz an die Spize aller guten Lehrdichter zu sehen. Sein großes Trostgedicht in Widerwärtigkeit des Krieges ist moralisch; sein Vesuv physikalisch; sein Vielgut, und von Ruhe des Gemüthes, imgleichen sein Zlatna, oder Lob des Feldlebens, gehören völlig hieher. Ein Engländer, mit Namen Teate, hat ein poetisches Werk unter dem Titel Ter tria geschrieben, welches wir von Wagnern auch deutsch haben. Philander hat aus Sam. Slaters Gedichten, ein Gespräch des Glaubens und der Seele verdeutschet. Eckard, Herr M. Lange, und ich selbst, haben Horazens Dicht kunst übersehet; und von Brück hat in den Schriften der deutschen Gesellschaft allhier eine eigene gemacht. Brockes und Herr Hofr. Triller haben sehr viel physikalische Gedichte geschrieben, und übersehet; derer zu geschweigen, die ich schon oben genennet habe. Herr D. Lindner und Herr D. Trals

D. Tralles endlich haben verschiedene schlesische Merkwürdigkeiten von Flüssen und Bergen überaus glücklich in Versen beschrieben, die allerdings zu den Lehrgedichten zu zählen sind.

9. §. Daß es also angehe, dergleichen philosophische, theils nati:liche, theils fittliche Materien in Verfen abzuhandeln, lehret der Augenschein selbst: und daß es nicht uneben sey, zeigen die angeführten Erempel der größesten Männer. Das fraget sich pur, ob man diese und dergleichen Schriften Ge-' dichte nennen könne? Nach der oben fest gestellten Beschrei. bung der Poesie überhaupt, kann man ihnen diesen Namen so eigentlich nicht einräumen. Alle diese großen und weitläuftigen Werke find zwar in Versen geschrieben; in der That aber keine Gedichte: weil sie nichts gedichtetes, das ist, keine Fabeln sind. Aristoteles hat daher in dem ersten Capitel seiner Poetik, dem Empedokles, den Titel eines Pocten abgesprochen, und ihm nur den Namen eines Naturkündigers zugestanden: ob er wohl wußte, daß die Unverständigen ihn, seiner alexandrinischen Verse halber, mit dem Homer in eine Classe zu sehen pflegten. Was er von dem Empedokles geurtheilet hat, das müssen wir von allen übrigen oberwähnten Büchern und Schriften fagen. Es sind philosophische Abhandlungen gewisser Materien, Vernunftschlüsse, Untersuchungen, Muthmaßungen der Weltweisen, Ermahnungen zur Tugend, Trostreden im Unglücke; aber keine Gedichte, keine Nachahmungen der Natur. Also würden denn wohl alle diese Stücke gar nicht in die Poesie laufen, wenn sie in ungebundener Schreibart abgefasset wären: da hingegen die Heldengedichte, Romane, Trauerspiele, Komödien, Schäferspiele, und überhaupt alle Fabeln, dennoch Gedichte bleiben, und in die Poesie gehören; wenn sie gleich nur in ungebun dener Rede abgefaßt werden. Indessen, da wir gleichwohl Oden, Elegien und Briefe, bloß wegen der poetischen Schreibart, darinn sie abgefaßt werden, zur Poeteren rechnen; obgleich selten eine Fabel darinn vorkömmt: so können wir auch diesen größern Arten poetisch abgefaßter Schriften hier die Stelle nicht versagen. Die Einkleidung, der Auspuß,

die Zierrathe, der geistreiche und angenehme Vortrag der allerernsthaftesten Lehren, machet, daß sie Poesien werden: da sie sonst ihn ihrem gehörigen philosophischen Habite ein sehr mageres und oft verdrüßliches Ansehen haben würden.

10. S. Es fragt sich ferner hier, ob es rathsam sey, dergleichen dogmatische Sachen, insonderheit aber Künste und Wissenschen, poetisch abzuhandeln? Vor einigen Jahren kamen in Holland die Lettres Antipoetiques von der Jungfer Hooghard heraus, darinn des Boileau Art Poetique mit großer Heftigkeit, und nicht geringer Gründlichkeit angegrif fen wurde. Dieses gelehrte Frauenzimmer, welches noch wirklich in Uinsterdam leben soll, will es durchaus nicht zugeben, daß man vollständige Künste, dergleichen die Dicht kunst ist, in einer poetischen Schreibart vortragen solle: weil fie der Meynung ist, die Regeln des Sylbenmaaßes und der Reime, insonderheit aber das Feuer der Poeten, wäre einer systematischen Ordnung und rechten Verbindung der Lehren schnurstracks zuwider. Siz untersucht auch in der That den guten Boileau nach den Regeln ihrer lieben Logif, wie sie selbst schreibt, mit so vieler Einsicht und Scharfsinnigkeit; daß man ihr größtentheils Recht geben muß. Und endlich vergleicht sie den ersten Gesang seiner Dichtkunst mit einem zerdrümmerten Tempel Apollons, wo hier ein schöner Pfeiler, da ein prächtiger Altar, dort ein treffliches Gemälde, hier wieder ein köstliches Marmorbild u. f. f. ohne Ordnung und Verbindung, über und durch einander geworfen, låge. Ja, sie macht selbst eine ganz neue Einrichtung dieses zerschlage nen Gebäudes. Sie ordnet seine Materien ganz anders; und zeiget, daß hier und da manche Lücke auszufüllen, ander wårts aber viel Ueberflüßiges wegzuwerfen wåre. Und was dieselbe, von diesem Meisterstücke des berühmten Despreaur mit so gutem Grunde behauptet, daß ließe sich freylich von allen übrigen dogmatischen Poesien ebenfalls darthun, wenn man sie so genau auf die Probe stellen wollte.

11. §. Ich gebe es also zu, daß man eine Wissenschaft mit völliger Gründlichkeit, weder synthetisch, noch analytisch in

Poesien

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