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Ausgabe von des Card. Polignac, Antilucrez, deutlich erwiesen habe. Man sehe auch in der Geschichte der paristschen Akademie der schönen Wissenschaften VI. B. XII. Art. a. d. 132. u. f. S. was Racine daselbst sehr gelehrt von dieser Sache geschrieben hat.

2. §. Die alleråltesten Gedichte dieser Art würden unstreitig die fybillinischen Orakel seyn: wenn es nur ausgemacht wåre, daß dieselben nicht in neuern Zeiten untergeschoben worden. Aliein ihr Inhalt zeiget zur Gnůge, daß die noch vorhandenen Bücher derselben von denen ganz unterschieden find, deren Livius und andere Alten gedenken. Diese zielten nämlich zu Beförderung der Abgötterey, und des Heydenthums ab: dahingegen jene allenthalben das klare Christenthum im Munde führen; und auf den Gößendienst los ziehen. Zudem findet man, daß die wahren sybillinischen Bücher, die zu Rom bis auf des åltern Theodofius Zeiten, von den Zehnmännern zu Rathe gezogen werden mußten, unter dem Honorius vom Stilicon verbrannt wor den: worüber denn die Heyden sehr bittere Klagen geführet. Rutilius Numatianus schreibt davon im XI. Buche:

Nec tantum Geticis graffatus proditor armis,
Ante Sybillinæ fata cremavit Opis.
Odimus Althæam confumti fœdere torris;
Nifæum crimen flere putantur aves.
At Stilicho æterni fatalia pignora libri,
Et plenas voluit præcipitare colus.

Und wie ungereimt ist es nicht, zu glauben, daß die blinden Heyden, ein größeres Licht vom künftigen Messias gehabt haben sollten, als die Juden; denen die Propheten nur råthfelhaft davon geweiffaget. Die Sybille nennet ausdrücklich den Namen der Mutter Christi, Maria, und ihres Soh, nes Jesus; die ein Esaias nicht wußte. Kein Prophet hatte vorher gefaget, daß Jesus im Jordan getaufet werden würde: aber die Sybille weis es; ja sie sehet auch hinzu, die ganze Dreneinigkeit werde sich dabey offenbaren. Wo bleibt

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nun

nun noch die so berufene Dunkelheit der sybillinischen Schreib. art; die sich in den vorhandenen Gedichten gar nicht findet? Ja diefer ihr Ausdruck ist nicht einmal recht griechisch, sondern wimmelt von Fehlern. Endlich zeiget der Inhalt, daß die Verfasser derselben allererst um die Zeit der Antoninen gelebet: ob gleich die vermeynte Sybille vorgiebt, sie sen mit ihrem Manne beym Noah im Kasten gewesen. S. den Doffius de Poetis græcis Cap. I. a. d. 3. u. f. S.

3. S. Die heilige Schrift liefert uns also an dem Buche Hiobs, an den Sprüchen, und dem Prediger Salomons unstreitig die allerältesten Lehrgedichte, die nur vorhanden find. Daß nämlich Hiobs Buch das älteste Stück der Schrift sen, bekennen alle Ausleger; und daß es poetisch geschrieben sen, gestehen sie gleichfalls; wenn man den Eingang davon ausnimmt. Doch so verschieden die Schreibart desfelben klingt, so gewiß ist auch dieser poetisch; so gar, daß Jofephus deswegen dieß Buch für ein episches Gedicht ausgegeben hat. Es würde sich auch so ziemlich zu dieser Classe rechnen lassen: wenn nicht die Zahl der Gespräche und moralischen Unterredungen, die Erzählungen bey weitem überträfe; als die nur im ersten und lehten Kapitel hauptfachlich vorkommen. Der Hauptinhalt ist also unstreitig dogmatisch; indem Hiob mit seinen Freunden von den Wegen der Vorschung, von der Gerechtigkeit Gottes, von der Tugend und dem Laster, und von beyder Belohnungen und Strafen handelt. Seine Lehrart aber wird dadurch desto lebhafter, daß sie ganz dramatisch, oder gesprächsweise abgefasset ist. Kurz, es ist ein Meisterstück in seiner Art. Salomons Vortrag hingegen ist in seinen Schriften ganz davon unterschieden. Er redet lauter Sprüche, und drücket seine Sittenlehren sehr kurz aus: nicht anders, als ob er die Regel Horazens vor Augen gehabt hätte:

Quidquid præcipies efto brevis! ut cito dicta,
Percipiant animi dociles, teneantque fideles.

Dieses ist nun durchgehends im Oriente, bis nach China hin, die älteste Lehrart gewesen. In seinem Prediger suchet Salomon zwar hauptsächlich die Wahrheit zu behaupten, daß alles eitel sey: doch kommen noch viel andere vortreffliche Lehren vor, die er sehr rührend einzuschärfen weis. Wenn das Buch der Weisheit, und das Buch Sirachs poetisch abge. fasset måren: so würde man sie ebenfalls in diese Classe rech nen können. Allein sie würden auch in neuern Zeiten, lange' nach dem Hesiodus gehören.

4. S. Der älteste heydnische Lehrdichter bleibt also wohl Hesiodus, aus Cuma gebürtig, der um Homers und des Eumelus, eines andern Dichters Zeiten gelebet, in Afera einem Flecken am Fuße des Berges Helikon erzogen, ja selbst ein Priester Apollons gewesen seyn soll. Ein großer Beweis feines Alters ist es, daß er selbst anmerket, das Gestirn Arkcurus sen zu seiner Zeit in Bootien, den 8 März, angovuxos aufgegangen: woraus Jof. Scaliger, in seinen Anmerkungen über den Eusebius beobachtet: man könne in Bestimmung seiner Zeit über siebenzig Jahre nicht fehlen. Er muß nämlich um die Zeit der ersten Olympiaden, oder um des Romulus Zeiten gelebet haben. Sein vornehmstes Werk, das hieher gehöret, sind seine Egya xay Huɛgay, wiewohl auch seine Theogonie, und sein Schild des Her kules zu dieser Classe gerechnet werden können. In dem ersten muntert er zuförderst den Perses zum fleißigen Acker baue auf; nachdem er ihn aus der Fabel vom Prometheus, dem Epimetheus, und der Pandora belehret: woher es komme, daß es dem Menschen iho so sauer werde, seine Lebensmittel aus der Erde zu ziehen? Ferner lehret er diesen Freund, alle Tage im Jahre, daran gewisse Feldarbeiten, oder andere Beschäfftigungen eines Landmannes vorgenommen werden müssen: als welche Kenntniß in den alten Zeiten, ein großes Stück der allernüßlichsten Weisheit der Menschen ausmachete. In der Theogonie lehret er seine Leser gleich. fam den Ursprung aller Dinge, d. i. der Götter und der Welt nach seinem und anderer Weisen damaligen Begriffe. Es ist Nn 5 wahr,

wahr, daß hier viel Fabeln mit vorkommen, die sich sehr schwer erklären lassen. Allein wer will es von seinen Zeiten fodern, daß sie eine bessere Einsicht gehabt haben sollen? Die Welt riß sich damals erst aus ihrer Rauhigkeit und Dummheit; darinn sie so viel Jahrhunderte begraben gelegen hatte. Es war also schon viel, daß es nur einige gab, die an solche erhabene Dinge zu denken aufingen, und auch andere auf solche Gedanken bringen konnten.

5. S. Ferner finden wir, daß Xenophanes, Parmenis des, und Empedokles, der Sicilianer, von der Naturlehre in Bersen geschrieben. Theognis hat schöne Sittenlehren in kurze Sprüche poetisch eingekleidet; Timon, der Phliasier, ein pyrrhonischer Weltweiser, und Kleanthes, des zittischen Zenons Nachfolger in der Schule, haben gleichfalls philosophische Gedichte geschrieben; und von diesem Ichten habe ich oben im XII. Hauptstücke des I. Th. a. d. 404.. und 405. S. eine Probe gegeben. Aratus, ein Sternfundiger, hat seine ganze Wissenschaft des Himmels in einem poetischen Werke vorgetragen; welches den samischen Aristarch, zweene Aristyllen, zweene Krates, zweene Eueneren, den Numenius, den magnesischen Pyrrhus, einen gewissen Thales, und den Zeno zu Auslegern, den Cicero aber zum Ueberseher bekommen; wie wir noch in seinen Schriften finden. Unter dem Prolomaus Auletes, oder dem Flötenspieler, lebte ein Alexander, der eine Kosmographie in Versen hinterlassen: und um Cicerons Zeiten lebte Philodemus, ein Epikurer und Dichter. Unter dem Nerva und Trajan, schrieb der Ephefer Rufus sechs Bücher in heroischen Versen von Kräutern, wie Galenus erwähnet; und unter dem Antoninus blühete Marcellus Sidites, der die ganze Arzneykunst in 42. poetischen Bùchern beschrieben. Amphilochius, Bischof in Jkonien, schrieb ein jambisches Gedicht, darinn er einem Freunde rieth, was für Bücher der heiligen Schrift er lesen sollte. Und wird man endlich nicht auch den Tzetzes hieher rechnen müssen, der uns in feinen Chiliaden eine Menge alter Begeben

gebenheiten gelehret hat, die wir sonst nicht wissen würden? wiewohl er auch viel abgeschmacktes Zeug mit eingestreuet hat.

6. S. Kommen wir auf die lateiner, so steht hier Lucre tius billig oben an, der in Herametern die ganze epikurische Naturlehre beschrieben, und sie so viel möglich, mit poetischen Zierrathen ausgepußet hat. Allein hin und wieder ist seine Schreibart zu profaisch und matt, auch mit vielen unnüßen Umschroeifen erfüllet, die sich für Verse nicht schicken. Ungleich edler hat Virgil den Feldbau beschrieben, darinn er gewiß auch den Hesiodus übertrifft, und alle Künste der edelsten poetischen Schreibart bey einer Materie angebracht, die derfelben am wenigsten fähig zu seyn schien. S. die oben angeführte Abhandlung des Racine, von den dogmatischen Gedichten, in der Historie der paris. Ukad. der schön. Wissens. VI. B. Ovidius hat nicht nur von der Kunst zu lieben, und den Gegenmitteln wider die Liebe, dogmatische Gedichte geschrieben, sondern selbst seine Verwandlungen und Zeitbücher, oder Fastorum Libri, gehören hieher; darinn er nåmlich seine Leser von den ältesten Dingen, dem Ursprunge der Welt, u. d. m. belehren will. Horaz schrieb seine Dichtkunst, auch als eine dogmatischer Poet. Des Cato moralische Disticha sind jedermann bekannt. Boethius streuete in seine philosophischen Troftbücher sehr viel dogmatische Gedichte von den wichtigsten Lehren der Weltweisheit in allerley Versarten ein: Prudentius aber brauchte gar die Dichtkunst, die Lehren des Christenthums darinn vorzutragen. Seine Apotheosis, widerlegt die Secte derer, die da lehrten, Gott der Vater håtte im Sohne gelitten. Seine Hamartigenia ist wider die Marcioniten gerichtet, und erkläret den Ursprung des Bösen. Seine Psychomachie lehret den Streit wider die Sünde, in einer beständigen allegorischen Fabel, die fast einer epischen Erzählung eines Krieges ähnlich sieht. Endlich auch das Gedicht wider den Symmachus, gehört hieher. Was würde ich nicht aus den mittlern Zeiten für eine Menge dogmatischer Dichter anführen müssen, wenn ich mir Leysers Historie derselben

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