Page images
PDF
EPUB

Des I. Abschnitts VI. Hauptstück. Von heroischen Lobgedichten.

W

I. §.

enn man vollständige Ausgaben vom Homer, j. E. Schrevels seine, nachschlägt, so findet man verschiedene Lobgedichte, unter dem Nainen Tuvos, auf die heidnischen Götter, z. E. auf den Apollo und Merkur, auf die Venus, den Bacchus, und den Mars, imgleichen auf den Pan, die Diana, und Pallas, u. s. w. Es kann seyn, daß einige von diesen Stücken nicht ganz unstreitig vom Homer herrühren; wie denn die Kunstrichter an vielen zweifeln. Alle miteinander aber, demselben abzu sprechen, halte ich die Gründe nicht für zulänglich: weil wirklich sowohl die Art zu denken, als der Ausdruck, den übrigen homerischen Schriften so nahe kömmt; daß schwerlich ein anderer ihn so genau håtte nachahmen können. Diese Gedichte nun haben mit den obigen epischen viel ähnliches. Denn ungeachtet sie bey weitem so lang nicht sind, als jene: so sind sie doch auch nicht eben so gar kurz. Z. E. das Lobgedicht auf die Venus, ist so lang, als die Batrachomyomachie, das ist auf die 300 Verse: das auf den Apollo, enthält nah an sechstehalb hundert, und das auf den Merkur, 575 Verse. Die Versart, die er darinn beobachtet, ist auch die heroische; denn sie bestehen aus lauter Hexametern. Der Inhalt ist auch größtentheils episch, das ist erzählend; indem er die Geburt, die Erziehung, und die Thaten seiner Götter, und was sonst vor Alters von ihnen geglaub erzählet. Endlich kommen diese Lobgedichte au mit den epischen überein, daß er in etlichen die D ruft, ihm benzustehen. 3. E. in dem, auf den heißt es gleich anfangs :

Crit. Dichtk.

[ocr errors]

Umfang seiner Geschichte verkürzen, die ihn sonst zu weit führen würde. Denn ungeachtet man einem Roman solche enge Grånzen nicht sehet, als einer Epopee; so soll er doch kein Lebenslauf werden. Und dieses giebt die III. Regel an die Hand: daß nämlich der Roman nicht von der Wiege bis ins Grab gehen; fondern nur eine Haupthandlung des Romanhelden, nebst allem, was dazu gehöret, erzählen solle. Auch darinn darf ein Roman dem Heldengedichte nicht gleich kommen, daß er den wunderbaren Einfluß der Götter, oder Geister, Heren, u. d. m. nöthig hätte. Diese Stücke würden ihn mehr verunzieren, weil sie ihn unglaublich machen würden. Denn wer machet sich wohl viel aus den arabischen Geschichten, Tausend und eine Macht; den franzöfifchen Contes de Fèes, oder Herenmåhrchen, Prinz Titiu. d. gl. m.? Endlich IV. was die Schreibart betrifft, so ist zwar lange in Deutschland die Mode gewesen, fie recht poetisch, wie man glaubte, d. i. schwülstig und hochtrabend zu machen; wie Arminius, die Banise, und unzåhlige andere die Proben geben. Allein eine natürliche Art zu erzählen, die der Vernunft und Wahrheit gemäßer ist, machet einen weit größern Eindruck in den Gemüthern, als ein so gefirnißter und gleißender Ausdruck; der insgemein die Schwäche seines Urhebers verräth. Je näher also die Schreibart in Romanen der historischen kömmt, desto schöner ist sie: und sie bleibt darum doch aller Schönheit fähig, die ein geläuterter Wig, und eine feine Sprache, wohlausgearbeiteten Schriften, z. E. dem Serhos, und der Ruhe des Cyrus geben. Schlüßlich muß ich noch V. erinnern, daß ein guter Roman auch den Sitten keinen Schaden thun muß. Die Liebe kann, nach Heliodors Erempel, auch eine unschuldige und tugendhafte Neigung seyn. Dieses zeiget auch das Erempel der Pamela in neuern Zeiten: ja selbst diese ist vielen Kunstrichtern noch nicht von allen Buhlerkünften frey genug. Wie unzählig vielen Romanen wird durch

dieß Urtheil nicht der Stab gebrochen!

[ocr errors][merged small]

Des I. Abschnitts VI. Hauptstück. Von heroischen Lobgedichten.

I. §.

enn man vollständige Ausgaben vom Homer, 3. E. Schrevels seine, nachschlägt, so findet man verschiedene Lobgedichte, unter dem Namen 'Yμvo, auf die heidnischen Götter, z. E. auf den Apollo und Merkur, auf die Venus, den Bacchus, und den Mars, imgleichen auf den Pan, die Diana, und Pallas, u. f. w. Es kann seyn, daß einige von diesen Stücken nicht ganz unstreitig vom Homer herrühren; wie denn die Kunstrichter an vielen zweifeln. Alle miteinander aber, demselben abzu sprechen, halte ich die Gründe nicht für zulänglich: weil wirklich sowohl die Art zu denken, als der Ausdruck, den übrigen homerischen Schriften so nahe kömmt; daß schwerlich ein anderer ihn so genau håtte nachahmen können. Diese Gedichte nun haben mit den obigen epischen viel ähnliches. Denn ungeachtet sie bey weitem so lang nicht sind, als jene: so sind sie doch auch nicht eben so gar kurz. 3. E. das Lobgedicht auf die Venus, ist so lang, als die Batrachomyomachie, das ist auf die 300 Verse: das auf den Apollo, enthält nah an sechstehalb hundert, und das auf den Merkur, 575 Verse. Die Versart, die er darinn beobachtet, ist auch die heroische; denn sie bestehen aus lauter Herametern. Der Inhalt ist auch größtentheils episch, das ist erzählend; indem er die Geburt, die Erziehung, und die Thaten seiner Götter, und was sonst vor Alters von ihnen geglaubet ward, erzählet. Endlich kommen diese Lobgedichte auch darinn mit den epischen überein, daß er in etlichen die Musen anruft, ihm beyzustehen. 3. E. in dem, auf den Merkur, heißt es gleich anfangs:

[merged small][ocr errors][merged small]

Έρμην υμνει Μεσα Διος και Μαιαδος υιον etc. Mercurium lauda Mufa, Jovis ac Maja filium etc. Und das auf die Venus, hebt so an:

Μουσα έννεπε έργα πολυχρυσα Αφροδίτης etc.
Mufa mihi dic opera aureæ Veneris etc.

Diese Aehnlichkeit veranlasset mich, von dieser Art von Gedichten, gleich nach den obigen zu handeln.

2. §. Es erhellet auch, ohne mein Erinnern, von sich selbst, daß diese Gedichte von den Oden gänzlich unterschieden sind. Weder die kurze Versart, noch die Abtheilung in Strophen, noch die Kürze der Oden, schicket sich zu diesen großen Lob. gedichten: am allerwenigsten aber würde sich der erzählende fast historische Inhalt, den diese erfodern, zu den Oden schicken, die ihn, so viel als möglich ist, fliehen müssen. Man darf also nicht denken, daß ich die Arten der Gedichte ohne Noth vervielfältige: zumal da eine Menge neuerer Dichter dem Somer hierinn gefolget sind, daß sie eine Menge Lobgedichte auf Götter und Helden geschrieben haben, die man unmöglich zu Oden machen kann. Von den Grie chen zwar sind uns, außer dem Rallimachus, wenige von dieser Art übrig geblieben. In der großen Sammlung griechischer Dichter, die 1614. bey Petern de la Roviere, in Fol. herausgekommen, trifft man kein einziges Stück an, welches genau von derselben Art wäre. Lykophrons Cassandra, scheint dem Inhalte und der Absicht nach, hie. her zu gehören: allein es ist selbige nicht in heroischen, sondern jambischen Versen geschrieben, auch in einer so verstrickten, dunkeln und schwülstigen Schreibart abgefasset, daß man sie gar nicht loben kann. Die zehn Hymni des Synesius, sind eben sowohl als des Gregorius von Nazianz Lieder, mit besserm Rechte Oden zu nennen: weil sie in den kürzesten Versarten, nicht aber in heroischen Versen abgefasset sind. Johann von Damascus, hat die Theogonie auch in Jamben befungen; Marinus Margunius aber seine Hymnos gar in anakreontischen Versen

geschrie.

geschrieben. Endlich sind auch des sogenannten Johannis
Geometra Hymni, auf die Jungfrau Maria, nicht in
heroischen Versen, sondern als Elegien abgefasset. Es bleibt
mir also der einzige Kallimachus übrig, der auf eben den
homerischen Schlag, Hymnen auf den Jupiter und Apollo,
die Diana und Ceres, und auf die Insel Delos gemachet.
Auf das Bad der Pallas aber hat er fein Loblied als eine
Elegie eingerichtet. Indessen finden wir sonst Nachrichten
genug, daß alte Dichter Götter und Helden auf diese Art
befungen: wie z. E. dem großen Alexander, Chórílus,
obwohl in sehr schlechten Versen, dergleichen Ehre erwiesen
hat; nach Horazens Zeugnisse: Lib. II. Epist, 1.
Gratus Alexandro Regi magno fuit ille

Chœrilus, incultis qui verfibus, et male natis,
Retulit acceptos regale numifma Philippi.

Selbst Aristoteles soll auf den Hermias ein solch Lobgeticht
geschrieben haben, das sich angefangen:

Αγνε θεων, πρεσβευτ ̓ ἑκατηβελε etc.

Sancte Deûm, longeque fenex jaculans etc.

3. §. Wenn wir auf die Lateiner kommen: so hat schon in alten Zeiten ein Ennius dergleichen heroische Lobgedichte gemacht: davon wir aber nur unvollkommene Stücke übrig haben. Um Cicerons Zeiten schrieb Catull seine Argonautica, ein heroisches Gedicht, das gleichsam einem Virgil den Ton angab, wie die lateinische Epopee klingen müßte. Selbst der Culex dieses Dichters, gehört unter diese Zahl, weil er nicht scherzhaft genug war, unter tie komischen Heldengedichte gezählet zu werden. Tibull befang den Mesfalla, in einem fogenannten Panegyricus. Darauf folgte Perronius, der uns in seinem Satiricon eine Probe gab, wie der Bürgerkrieg in Rom heroisch beschrieben wer den müßte:

Orbem jam totum victor Romanus habebat etc. Claudians Ruffinus, und Eutropius, imgleichen seine Bücher, de bello Gildonico und Getico, wider den Alarich;

[ocr errors]

seine

[ocr errors]
« PreviousContinue »