Das Unglück hat mir ja von außen was genommen, Ranig giebt mir eben dergleichen Exempel in der Obe auf feine Doris, welche er in der leßten Strophe redend ein führet: Wie geschieht mir? darf ich trauen? Noch ein schönes Erempel giebt Piersch, wenn er den Pregelstrom in Königsberg redend einführt: Der Pregel fiehet dieß mit starren Augen an, Und seufzet, daß er nichts dem König opfern kann: Daß Segel, Schiff und Mast, durch meinen Hafen gehen, Daß noch kein wilder Sturm auf meine Brücken schlägt, 26.§. Ferner zählt Lami unter die Figuren auch XXI. die Denk- und Lehrsprüche. Dieses sind allgemeine Säße, die bey Gelegenheit besonderer Fälle angebracht werden, und nüßliche Regeln, kluge Sittenlehren, oder sonst sinnreiche und kurzgefaßte Aussprüche in sich halten. Zuweilen find fie etwas weitläuftiger, und könnten Betrachtungen heißen. 3.E. Tscherning schreibt auf der 166. S. Dein Sinn war in der Welt, Du wußtest, daß sie mehr in ihren Armen hålt, Crit. Dichtk. Als wo der Gränzstein liegt. Wer nie vom Vater kommen, Hier sieht ein jeder, daß bey Gelegenheit der ersten drey Zeilen alles übrige als ein Lehrspruch beygefüget worden. Weil es aber etwas langweilig ist, so kann es besser eine moralische Betrachtung heißen. Von der kurzen Art mag folgendes Exempel eine Probe geben. Es steht in Joh. Frankens irdischem Helikon auf der 94. S. Ein Sinn, der Feuer hat, hat immer was zu schaffen, Der Degen und das Buch), der Adel und Verstand. Allhier begreift man leicht, daß diese Sprüche weit nachdrücklicher klingen, weil sie so kurz gefasset worden. Ja, daß sie zuweilen: noch weit kürzer in einer, oder einer halben Zeile eingeschlossen seyn können, wird unter andern folgendes Erempel aus Rachels VI. Sat. Gut und Böfe, zeigen : auf der 66. Seite. Wie soll man denn, sprichst du, vor Gott, den Höchsten, treten? Was er, der höchste Gott, vermeynet gut zu seyn. Er weis es, was dir dient. Er meynet dich mit Treuen! Er schenket 2. 27. §. Von eben solcher Gattung sind auch zum XXIIsten die Schlüßsprüche, (Epiphonema) wodurch man ein ganzes Gedicht, oder eine Strophe desselben, auf eine nachdrückliche Art, mit einem denkwürdigen Sahe, oder sinnreichen Gedanken endiget. 3. E. Opitz beschließt sein Gedicht an Zinkgråfen, wo er von der Poesie gehandelt hat; und sich wegen der elenden Versmacher tröstet, folgender gestalt: Ein Körper bleibet doch, obgleich des Schattens Schein Hier ist der Schluß durch die Kürze so schön geworden: er fann aber wiederum auch bey der weitläuftigern Schreibart doch von gutem Nachdrucke fallen, wenn er desto nachdenklicher und sinnreicher ist. Anthor beschreibt die Liebe alter Männer, und schließt auf der 165. S. die Strophe so: Viel seltner sieht es aus, wenn sich ein greiser Bart, O Thorheit! sich durchs Geld zur Knechtschaft einzudrin gen. Und noch auf andre Art schließt Pietsch in einem Gedichte auf seinen König: Held, dieses ist das Heer, das deine Herrschaft ziert, 28. §. Es folgt XXIII. die Frage, (Interrogatio) die fich von sich selbst versteht, und so zu reden, die gemeinste; aber auch eine von den kräftigsten Figuren ist. Zuweilen ist sie nur einfach, und dann hat sie so viel Nachtruck nicht, als wenn sie vielmal hinter einander geseht wird. Die große Weitläuftigkeit macht eine Frage auch nur matt: je fürzer aber ihre Theile oder Glieder werden, und je hurtiger sie auf einander folgen, desto schårfer dringt sie ein; ja sie stürme fast auf die Gemüther los. 3. E. Kanitz in seiner Satire von der Poesie: Was fehlt? was sicht dich an? Was ists? Was macht dich toll? Ein Wort! Was für ein Wort? das hinten reimen soll! Eben auf die Art fångt Opitz sein Schreiben an Nüßlern mit etlichen Fragen hinter einander an: Auf der 177. S. der poet. W. Ist das der freye Sinn? Sind dieses die Gedanken, Günther hat zwar diese Figur selten gebraucht, doch finde ich auf der 825. S. der Ausgabe von 1735. folgendes: Muß denn der Sonnen Gold im Aufgang untergehn? 29. §. Etwas ungewöhnlicher ist XXIV. die Anrede, (Apostrophe) an leblose, Todte, Abwesende, oder auch wohl an gegenwärtige Leute und Dinge, welche mit einer großen Heftigkeit geschieht, und nur in hißigen Bewegungen des Gemüthes statt findet. 3. E. Flemming auf der 363. S. redet den Maymonat an: Sey gegrüßt, du Fürst der Zeiten! Du des Jahrs Apell, o May! ze. In einer andern Ode wendet er sich an den Mond und AbendStern: Sieh fie an, die Weberinn, Anderwärts redet er die bunten Matten, die Thaler, Germanien, die Liebe, die Musen u. s. w. an. Pietsch redet eben so lebhaft den Tag an, den er besingen will: Tag! meines Königs Glanz krönt dich mit Stral und Licht, Du brauchst den matten Schein der Morgenröthe nicht ze. Und was ist gewöhnlicher, als daß die Poeten gar sich selbst, oder wie sie reden, ihren Geist und Sinn anzureden pflegen? 3. E. Ranig in dem obgedachten Gedichte von der Poesie fchreibt: Auf, saume nicht, mein Sinn! ein gutes Werk zu wagen. Und abermal: Verdammte Poesie! mein Sinn, laß dich bedeuten, Eh ich dir Niesewurz darf lassen zubereiten ze. Und weil die Musen in der That nichts anders, als den poeti 30. §. Zum XXV. kömmt die Wiederkehr (Epistrophe) da man die Schlußworte des einen Sahes etlichemal am am Ende anderer Säße wiederholet. Dahin gehören die Oden, wo die lehten Zeilen allezeit bey jeder Strophe wieder vorkommen, doch so, daß sie sich auch dazu schicken. 3. E. Flemming hat auf der 371. S. im III. Buche seiner Oden die 8te so gemacht, daß jede Strophe sich so schließt: Pflücket Blumen, windet Krånze, Führet liebe Lobetånze. Eben so hat Opitz die dritte von seinen Oden bey jeder Strophe folgendermaßen beschloßen: Ein jeder lobe seinen Sinn: Ich lobe meine Schäferiun. Es ist aber auch nicht nothwendig, daß dieses nur in Oben am Ende jeder Strophe geschehe: man kann vielmehr auch in langen Versen, an bequemen Orten, zum Beschlusse einer kurzen Rede, zwey oder mehrmals nach einander, einerley Schlußworte wiederholen. Ich will daven folgendes Erempel aus einem Schäfergedichte herseßen, das auf den Tod der Sylvia in Neukirchs von mir ans Licht gestellten Gedichten steht, und wo immer der Vers wiederholt wird; Ach Himmel, Erd und Luft! erhöret meine Lieder, |