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Die Gärten sind der Lüfte Thron,
Den kühlen Wald erhiht die Liebe;
Der Musen Höhe rauchet schon,

Wie ihre Brust, von deinem Triebe.

20. §. 3um XVten folgt der Gegensatz, (Antithefis) wo man widerwärtige Dinge gegen einander stellt, um das eine desto mehr ins Licht zu sehen. So beschreibt Opin feinen verwirrten Zustand in der Liebe auf der 180. Seite der poet. W. im IV. B.

Ich fürcht, und hoffe doch; ich bitt, und schweig auch stille;
Ich bin wie kaltes Eis, und fühle Glut die Fülle;

Ich lös', und binde mich; ich wünsche frey zu seyn,
Und wenn ich denn frey bin, so geh ich wieder ein.

Folgende Art ist noch gewöhnlicher, da man etwas leugnend aus dem Wege räumt, um etwas anders festzusehen. Bess ser erklärt uns so, was er an Kallisten verlohren habe:

Ich klage nicht an ihr die prächtige Gestalt,

Die Anmuth des Gesichts, des Mundes Morgenrosen,
Der Augen holden Ernst gebiethend liebzukosen,
Ihr langgekrolltes Haar, das meine Sinne band,
Die schwanenweiße Brust, die atlasweiche Hand;
Nicht die Geschicklichkeit der schlankpolirten Glieder:
Verhängniß! gib sie mir nur ungestalter wieder!
Ich klage bloß an ihr, was keine Misgunst sieht,
Ihr groß und edles Herz, ihr redliches Gemüth,
Den englischen Verstand, die Sorgfalt, mir in allen,
Vergnügt in Lieb und Leid, beständig zu gefallen.

Jmgleichen schreibt Pietsch in dem Gesange auf den Prinz
Eugen, also:

Doch wie entfernet ist des Himmels hoher Schluß,

Von des Tyrannen Traum! Wie reimt Eugenius

Sich mit der Türken Sieg und Christen Flucht zusammen?

Die ausgedehnte Macht schwächt zwar mit Stahl und Flanımen, Und mörderischer Faust des kleinen Heeres Zahl;

Nicht unsers Helden Muth. Sein Arm und Herz ist Stahl! Sein Degen macht den Feind, nicht ihn die Furcht zur Leichen: Eh muß sein ganzes Heer als sein Gesicht erbleichen.

21. §.

21. §. Die XVIte Figur ist das Gleichniß, (Simile) wodurch man, anstatt von der Hauptsache zu reden, von einer andern ähnlichen zu sprechen anfängt, um die erstere dadurch ins volle Licht zu sehen. Z. E. Amthor hat aus dem IVten Buche der Uencis das Gleichniß von dem verwundeten Hirsche folgendermaßen überseßt, auf der 481. S.

Die arme Dido brennt, sie läuft durch alle Gassen,
und kann sich selbst nicht mehr in der Verwirrung fassen.
Wie, wenn durch Kretens Busch des Hirten blinder Schuß
Der Hindinn sichre Brust gar plößlich rühren muß,
Und jener selbst nicht weis, was seine Faust verrichtet:
Da doch das arme Wild durch Holz und Felder flüchtet,
Und mit der bangen Flucht Diktäens Wälder schreckt;
Obschon ihm Tod und Pfeil in seiner Seite steckt.

Eben so hat es Piersch in dem Gedichte auf den Prinz Eugen gemacht:

Er fliegt dem Feinde nach: doch ist der Unterscheid,

Daß ihn die Großmuth treibt, den Feind die Furchtsamkeit: Der, wie ein Habichtschwarm, mit ängstlichem Bemühen Dem Adler sich entzieht, und suchet zu entfliehen.

Hier ist das Gleichniß der Hauptsache nachgesezt. In dem folgenden aber, so ich aus Ranitzen geben will, steht es vorn, und die Deutung wird zuleht gemacht.

Wenn der geringste Lårm, im nechstgelegnen Wald,
Um eine stille Trift der blöden Schafe schallt,

Und eins erst schüchtern wird; beginnt ein ganzer Haufen,
Durch Blatt, Gebüsch und Strauch dem Flüchtling nachzulaufen :
So traut das kluge Thier, der Mensch, ihm selber nicht;
Sein eigner Tacht verglimmt, er folget fremdem Licht;
Dadurch verirrt er sich z.

22. §. Der P. Cami unterscheidet davon zum XVII. die Vergleichung (Comparatio), welche seiner Meynung nach mit der vorigen sehr übereinkömmt, aber gemeiniglich noch lebhafter zu werden pflegt, als jene. Ein Exempel giebt mir Flemming, der hierinn sehr glücklich gewesen. Es steht auf der 131. Seite.

Was

Lsas ist es, soll ich sprechen,

Wohl anders, seit der Zeit, als wenn die Klippen brechen,
Die Aeolus verwahrt? Die Winde reißen aus,
Und brausen durch die Welt! Da krachet manches Haus,
Manch edler Bau zerbricht. Wir haben es gesehen,
Ach leider! allzusehr, wie uns bisher geschehen;
Wie uns der Kriegessturm hat hin und her geweht,
Die Städte durchgesaust, die Dörfer umgedreht,
Daß nichts ihm ähnlich ist.

Eben so lebhaft ist die folgende Stelle aus Rachels VI. Sa tire, wo er die hohen Hofbedienten mit Schieferdeckern vergleichet.

Wer neben dieser Pracht auch merket die Gefahr,

Und nimmt so manchen Fall des hohen Glückes wahr,

Den kömmt ein Schrecken an. Gleichwie wir furchtsam stehen,
Und auf dem hohen Thurm den kühnen Decker sehen.
Nicht einer klimmt ihm nach: wir danken Gott allein,
Daß wir der Erden nah, und an dem Boden seyn!

Noch heftiger ist abermal Pietsch in dem angezogenen Gedichte, wenn er den Sturm und den Donner zur Vergleichung braucht. Es heißt:

Wie, wenn der strenge Nord die starken Flügel hebt,
1nd aus der Höhle steigt, der feste Grund erbebt;
Wenn er den rauhen Ton läßt durch das Land erschallen,

Bis Thürme, Thor, Pallast, Schloß, Haus und Hütten fallen:
Wie dieser Mauren Graus die Menschen niederschlägt,
Die sein gedrehter Hauch im Wirbel aufwärts trägt;
Wenn er die Wälder selbst aus ihren Wurzeln drenget,
und Stein, Banm, Thier und Mensch, in einen Klumpen menget:
So reibt des Helden Arm die Saracenen auf 2.

23. S. Es folgt igo das Aufhalten (Suspensio) als die XVIII. Figur, wenn man nämlich eine Rede ganz von weitem anfängt, und eine gute Weile durch viele Umschweife fortführet: daß der Leser oder Zuhörer nicht gleich weis, was der Poet haben will, sondern das Ende erwarten muß; wo sich der Ausgang zum Labyrinthe, von sich selbst zeiget. Diefer Kunstgriff ist sehr gut, die Leute aufmerksam zu machen.

Exempel

Erempel machen die Sache deutlich. Günther schreibt

auf der 87. S. im II. Th.

1

Daß noch die ganze Welt in ihren Angeln geht,
Das Meer die Gränzen hält, die Erde feste steht,

Die Sterne und ihr Haus nicht in den Abgrund schießen;
Die Sonne Licht, und Tag mit Mond und Menschen theilt,
Der kleine Bar am Pol nicht zu dem großen eilt,

Die Elemente sich nicht in einander gießen;

Die Tugend Kinder zeugt, der Purpur sich verjüngt,
Geschlechter unverrückt bis auf die Nachwelt bleiben;
Ja daß der Weisheit nicht der Tod zu Grabe fingt,
Dieß alles ist mit Recht der Liebe zuzuschreiben.
Noch ein anders steht in Flemmingen:

Der Sonnen güldnes Rad begunnt hervorzusteigen,
Und seinen Lebensglanz der muntern Welt zu zeigen;
Zu der Zeit, wenn das Dorf zu Felde pflegt zu gehn,
Und die erwacht Stadt allmählich aufzustehn.

Das rege Federvolk, das sang mit füßen Stimmen
Den jungen Tag laut an; der Fisch der gieng zum schwimmen
Aus seinen Ufern vor; der Frosch, der Wäscher, rief;
Es war schon alles auf: nur ich lag noch, und schlief.

24. §. Zur XIXten Figur machet man die Personens dichtung (Profopopoeia), welche leblosen Dingen solche Eigenschaften zuschreibt, die nur beseelten, ja vernünftigen Geschöpfen zukommen. Es werden aber gemeiniglich die Flüsse, Winde, Meere, Steine, Jahreszeiten, auch ganze Städte und Länder dergestalt in Personen verwandelt; ja man führt auch Tugenden und Laster, Leidenschaften u. d. m. redend ein: so daß dieses eine Figur ist, die zu viel schönen Erfindungen Anlaß giebt. Simon Dach führet den königs. bergischen Pregelstrom, in einem Gedichte auf die Geburt eines preußischen Prinzen, dergestalt auf:

as! der brückenreiche Pregel,

Hebt durch Flaggen, Mast und Segel,
Sein beschilftes Haupt empor.

Und nachdem er angesehen,

Was und warum es geschehen,

Läuft er schneller als zuvor.

Fleme

1

Flemming ist in dieser Figur sehr kühn gewesen, sonderlich
in seinen Doen. Er sagt von einem Strome, den er kurz
zuvor sein schilficht Haupt erheben lassen, daß er dreymal
laut solle gelacht haben. Von der Erde spricht er im Früh-
linge:

Sie streicht mit verliebt m Finger
Ihre Runzeln von der Haut,

Der Lenz kömmt gegangen, und umarmet die Welt: die
erwachte Rose thut ihr Auge zu, und die Cypressen taumeln
ihm, wenn es Abend wird. Die Morgenröthe kommt in
der Anemonen Tracht, in den purpurbraunen Wangen,
als die Vertreiberinn der Nacht, vor der Sonnen herge-
gangen, und nimmt bey seiner Ankunft schamroth den Ab-
schied. Und noch ayverwärts sagt er, in einer Beschreibung
des Winters:

Der beschneyte Hornung stehet,

Und streicht seinen Eisbart auf.

25. §. Sehr nahe ist damit die XX. Figur verwandt, welche man die Sprachdichtung (Sermocinatio) nennen kann. Es wird darinn ein Abwesender, ein Todter, oder gar etwas lebloses redend eingeführet: und dieses muß mit vieler Kunst, auch nur im größten Affecte geschehen. Denn wie es viel Nachdruck hat, wenn es wohl geräth, und als was außerordentliches den Zuhörer in Erstaunen seht: so kömmt es auch sehr kalt und lächerlich heraus, wenn es ungefickt bewerkstelliget wird. Ein Erempel giebt mir Opitz, der im II. Buche seiner Trostgedichte den Ulysses so redend einführet:

O sagt er, schwimme fort, was nicht will bey mir halten!
Mein Herze, mein Verstand soll doch mit mir veralten;
Mein unerschöpfter Muth, mein guter treuer Rath,
Der nicht ein kleines Theil gethan vor Troja hat,
Der bleibt so lang als ich. Laß alles von mir laufen,

Bunt über Ecke gehn, Freund, Gut, Knecht, Schiff ersaufen !
Es muß seyn ausgelegt; dieß ist der Reise Zoll:

Um mich, und meinen Sinn steht alles recht und wohl.

Das

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