Dergleichen Stellen denn in diesem Gedichte fast unzähliche vorkommen, aber alle Proben des zärtlichen Affects abzulegen geschickt sind. Man könnte auch folgende Stelle aus Gimthern hieher rechnen, die man sonst eine Zusammens håufung (Cumulum) nennen möchte. Er beschreibt einen Büchersaal: Was Memphis, was Athen, was Rom, Großgriechenland, Was Salem, was Byzanz, die Thems, der Cimberstrand, Gethan, gelehrt, geglaubt, gemeynt, gewußt, gelogen; Das kommt, das sammlet sich, das lebt, das dauret hier, Auf Bildern, Rinden, Bley, Stein, Leder and Papier, Und wird der Blinden Nacht der Barbarey entzogen. Ich wollte aber deswegen dieser und andern dergleichen Stellen lieber den lehtern Namen geben, als den ersten, und also eine besondere Figur daraus machen: weil in der That alle die angebrachten Wörter ihre eigene ganz besondere Bes griffe erwecken; und, nur obenhin angesehen, gleichviel zu bedeuten scheinen. Ein solcher Kunstgriff aber ist von großem Nachdrucke, andern eine Sache sehr lebhaft vor Augen zu malen. 17. §. Die XII. Figur kann auf deutsch eine Schilderung (Hypotypofis f. Icon) heißen, weil sie einen so lebhaften Abriß von einer Sache macht, als ob sie wirklich vorhanden wäre. Das macht die starke Einbildungskraft, welche fich im Affecte die deutlichsten Bilder von sinnlichen Sachen hervorbringet, die oft den wirklichen Empfindungen an Klarheit nichts nachgeben, und also abwesende oder vergangene Sachen als gegenwärtig vorstellet. Die Zunge folgt den Gedanken, und beschreibt, was im Gehirne vorgeht, eben so munter, als ob es wirklich außer ihr zugegen wåre. 3. E. Günther in seiner Ode auf den Prinzen Eugen, macht unter vielen andern sehr deutlichen Bildern, auch diese poetische Schilderung: Was zieht sich für ein Vorhang weg? Ich seh den Schauplah später Zeiten: Dort hor ich einen Scanderbeg, Dort jeh ich einen Gottfried streiten. Die Palmen ziehn sich um sein Haupt, Und würgt den Hund mit seiyen Darmen. Der Nil erschrickt, Damascus brennt, Herrscht Unruh, Hunger, Pest und Würgen. Er kömmt auch, doch aus deutschem Samen. Pietsch aber hat in einer Ode auf die Charisische Hochzeit, die Flucht der Daphne vor dem Apollo, ganz ungemein ab. geschildert, davon ich nur eine Strophe hersehen will: Sie starrt und wurzelt in der Erden Den schlanken Leib zum Stamme werden. Der hingestreckten Arme Paar Verliert sich in durchflochtnen Zweigen: Und ihres Hauptes flatternd Har Muß den begrünten Schmuck geŋpißter Blätter zeigen. 18. §. Nun folgt XIII. die Beschreibung (Defcriptio) welche von der vorigen darinn unterschieden ist, daß jene in der Entzückung Dinge abmalet, die nicht zugegen sind; diese hergegen wirklich vorhandene Sachen zwar lebhaft und munter, aber nicht so hißig und handgreiflich, als jene, vorstellet. Ich wähle mir, zum Erempel, eine Beschreibung, die Simon Dach von dem Prospecte gemacht hat, der fich auf dem königsbergischen Residenzschlosse, von dem großen fogenannten moscovitischen Saale, westwärts zeiget; weil ich mich dabey einer sehr angenehmen Gegend meines Vaterlandes erinnern fann: Die Schloßkirch hält alhier ein schön Gemach erbaut, Ein gut Theil Konigsbergs, die Fahrt der schmalen Segel, Nicht weit von Hafeftrom. Du siehst zur linken Seiten, Durch ihren Rosenbusch: der zwar nicht Rosen tråget; Der solch ein Eigenthum für sich besißen kann. Du fichest hier zunächst das alte Lochstätt stehn, Ich will noch ein anders aus Opizzen herseßen, darinn er sich selbst als einen Verliebten beschreibt. Es steht im IV.B. der poet. W. auf der 179. S. Die Bücher stinken mir. Ich fieng schon an zu melden, Hier ist mein Aufenthalt, hier irr ich hin und wieder, Und rede mit mir selbst. Dann seß ich bald mich nieder, und wenn ich müde bin, Vom Klagen und vom Gehn; so streck ich mich dahin, Ich eil, ich wart, ich zürn, ich weis nicht, was ich treibe, Haß ich die Hartigkeit, und liebe die Gestalt. Die Leute sehn mir nach, daß ich,' indem ich gehe, Man soll mich vielmal fragen: 19. §. Die XIV. mag die Zergliederung (Distributio) heißen, und besteht aus einer ausführlichen Erzählung aller Theile, die bey einer Sache vorkommen; wodurch denn diefelbe dem Gemüthe sehr deutlich und ausführlich vorgestellet wird. Das Erempel soll mir Günther geben, der auf der 330. S. im I.Theile, die Verderbniß der Welt folgendergestalt beschreibt: Da schreckt mich hier und dort Krieg, Hunger, Pest und Brand; Das magre Fliegen fångt und Hummeln schwärmen läßt; Sm reich'sten Contoir, viel Fluch an schönen Wänden; Ein anders giebt Herdus in seiner Beschreibung der Lappländer, wenn er die Unruhe unserer Städte gleichsam auf den Fingern herzählet, auf der 250: Seite: Bey Nacht der Glockenklang, der Wächter rauhes Schreyen, Noch ein schöner Beyspiel giebt Pietsch in der Hochzeitode auf Professor Bayern, wenn er zeigen will, daß die Liebe überall herrsche. Er redet sie an: Der Seelen überwundné Schaar Der harte Mars senkt Schild und Schwert, Sein steifer Harnisch muß sich bücken; So brennt das waffenvolle Feld, |