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9. §. Eben dergleichen Metaphoren können auch in selbstständigen Nennwörtern und Hauptwörtern, ja fast in allen andern vorkommen. 3. E. Ranig schreibt:

Ists ihm nicht mehr vergönnt, zu küssen eine Docke,
Die ihre freche Stirn mit Thürmen überhäuft 2c. /

Da ist das Wort Thürme, für den hohen Kopfpuß ge.
braucht, der zu seiner Zeit Mode gewesen. Eben so hat
Heraus auf der 248. S. die großen Perrücken beschrieben:
Der weißbestäubte Busch, der ganze Leiber deckt.

Imgleichen Opitz, nennt ein Frauenzimmer ein Bild; we gen der Schönheit, die man in Bildern am vollkommensten finden kann. Auf der 165. S. der poetischen Wälder. Hier geht ein schönes Bild,

Wo nichts zu spüren war, als ungezähmes Wild.

Von Hauptwörtern mögen folgende Erempel dienen. Heraus fagt, ein Fleißiger habe Minuten zu zählen; und ein Müßsiggånger stehle ihm den Tag.

Wie diesem, dessen Fleiß Minuten hat zu zählen,

Der kömmt, den guten Tag zu biethen und zu stehlen.

Um das Zählen ist es einem Fleißigen wohl nicht zu thun: aber es heißt hier beobachten, ja theuer und werth halten; weil man solche Dinge genau nachzuzählen pflegt. Das Stehlen schicket sich hier gleichfalls so eigentlich nicht zum Tage. Aber es heißt hier unbrauchbar machen; weil man Sachen, die uns gestohlen werden, nicht mehr zu seinem Nußen anwenden kann. Opitz schreibt auf der 166. Seite der poetischen Wälder.

Ich kenne den Weg auch. Sehr oft hab ich gemessen
Den grünen Helikon, bin oben auf gesessen.

Durch mich wird ist das Thun in Deutschland aufgebracht,
Das künftig troßen kann der schönsten Sprachen Pracht.
Wer diesen Zweck erlangt, der darf nicht unten kleben:
Und wår er zehnmal todt, so soll er dennoch leben!
Gott herbergt selbst in ihm, ja was er denkt und schafft,

Reucht nach Unsterblichkeit, schmeckt nach des Himmels Kraft 2.

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Den Helikon messen, heiß hier darauf gehen: weil man mit Schritten zu messen pflegt. Den schönsten Sprachen trogen, heißt hier, ihnen an Schönheit gleich gehen. Un ten kleben, heißt hier, unten bleiben; leben heißt, undergeßlich seyn; herbergen, heißt, in etwas anzutreffen seyn; nach Unsterblichkeit riechen, und nach des Himmels Kraft schmecken, heißt, nur jenes und dieses zu verstehen geben, und an sich spüren lassen. Und diese Erempel können davon genug seyn.

10. §. Wenn die Metaphore långer, als in einem Worte fortgefeht wird, so heißt sie eine Allegorie. 3.E. Flem ming schreibt von einem Bräutigam:

Viel tausend, tausend feuchte Küsse,
Bethauen die vermählte Hand:
Damit der Liebe tráchtigs Land,
Hinkünftig nicht vertrocknen müsse.

Die Liebe wird hier als ein befåeter Acker vorgestellet, der eines nassen Thaues benöthiget ist, damit er nicht verdörre: Und diesen findet der Poet in den feuchten Küssen des Bråutigams. Ranig beschreibt die Reizungen der bösen Lüste unter dem Bilde des ersten Sündenfalles:

Wir hören überall Verführungsschlangen pfeifen,

Wir wollen hier und da nach fremden 2epfeln greifen,
Wie wässert uns der Mund, die Hand wird ausgestreckt.
Amthor beschreibt den Christenwandel unter dem Bilde des
israelitischen Zuges nach Kanaan auf der 308. Seite:

Der Proben harter Strich macht seinen Werth bekannt;
Man kömmt durchs rothe Meer nur ins gelobte Land,
Uud muß durch manchen Kampf den Heldenmuth beweisen.
Es trägt Arabiens bestäubte Wüsteney

Nur Hunger, Durst und Angst auf allen Wegen bey;
Durch die der Wandrer muß nach Zions Höhen reisen.

Pietsch gleichfalls, wenn er die Beschaffenheit des kaiserli chen Heeres bey Belgrad beschreibt:

Der Adler wacht indeß auf einem sichern Hügel,
Und streckt mit reger Kraft die ausgedehnten Flügel

Vor seiner Wohnung aus, um die er anfangs schwebt,
Eh ihn der volle Flug aus seinen Gränzen hebt.
Bald schießt er schnell herab, wenn er den Drachen findet,
Der sich, auf seinen Stoß um seinen Schnabel windet:
Doch den verdrehten-Balg hält seine Klaue fest,
Bis er ihn abgestreift im Blute liegen läßt;

Als Sieger in den Kreis des fernen Mondes steiget,
Und seinen Donnerkeil den blassen Hörnern zeiget.

i.§. Es muß aber eine gute Metaphore und Allegorie I) eine wahre Aehnlichkeit in sich haben, die in den Sachen, und nicht in bloßen Worten anzutreffen ist. 3. E. Wenn ich den Himmel ein Engelland nennen wollte, so wåre es nichts: denn hier käme es bloß auf das Wort Engel an. 3. E. Neukirch hat in dem vortrefflichen Gedichte auf die Königinn in Preußen, Charlotte, dieses Wortspiel gebraucht, indem er den König Friedrich so redend einführet:

Und wer bewundert nicht das, was du jüngst gesprochen?
Mein Kronprinz, war dein Wort, beschloß vor wenig Wochen,
Nach Engeland zu gehn; doch seht, er läßt es seyn,
Und seine Mutter geht ins Land der Engel ein.

Ich weis aber zu seiner Entschuldigung nichts mehr zu fagen, als daß dieses vieleicht in der That ein Einfall des Königes selbst gewesen seyn muß: daher der Poet ihn denn auch dem Könige in den Mund gelegt hat; um demselben die Ehre der Erfindung nicht zu rauben. Und spricht er gleich, daß man dieses Wort des Königes bewundere: fo glaube ich doch nicht, daß ihm dasselbe so schön vorgekommen sey, weil er selbst nirgend dergleichen vorgebracht. Aber an manchem großen Herrn, ist in solchen Dingen oft etwas ein Wunder, welches man auch an einem Schüler nicht dulden würde. Doch ich befinne mich, daß auch Neus kirch von Wortspielen so frey nicht gewesen, als er wohl þåtte seyn sollen. Z. E. in dem Gedichte auf die geschüßten Nachtigallen, heißt es:

Denn sprach er, was man ist im Kriege großes schaut,
Ist, daß uns Friederich Fried, hr und Reich erbaut.

wiewohl ich dieses schon in dem vorigen Hauptstücke hätte anführen sollen. Wenn aber Kaniß schreibt: Sein of wird ihm ein Hof ic. so vergleicht er wirklich den Rittersiß eines Landjunkers, mit einem Hofe, und dieses ist also kein Wortspiel zu nennen.

12. §. II) Muß sie nicht von solchen Dingen hergenommen seyn, die eine Sache verächtlich oder lächerlich machen können; es wäre denn, daß man mit Fleiß satirisch schreiben wollte. Cicero z. E. tadelt einen Scribenten, weil er gesagt hatte: durch Catons Tod, wåre die Republik entmannet oder verschnitten worden. III) Muß das Gleichniß nicht gar zu weit hergesucht seyn, so, daß man es leicht verstehen kann. Aristoteles verwirft in dieser Absicht den Ausdruck eines alten Poeten, der den Eerres einen persianischen Jupiter genennet hatte. Und dahin könnte man die pralerischen Metaphoren der portugiesischen Redner rechnen, die im XL. St. des II. Theils der vern. Tadlerinnen angeführet worden; wie auch unzähliche im Milton und seinen Nachahmern. Endlich IV) müssen die Metaphoren, so viel möglich, alles sinnlicher machen, als es im eigentlichen Ausdrucke seyn würde. Daher dienen alle die Redensarten und Wörter sehr, die das Gesicht, das Gehör, das Gefühl, den Geruch und Geschmack angehen. Vor allen Dingen aber, sind die sichtbaren Dinge sehr geschickt, lebhafte Metaphoren zu geben. Die oben schon so häufig angeführten Exempel können dieses sattsam erweisen: Es ist aber auch an sich selbst leicht zu begreifen: denn die Einbildungskraft bringt die Begriffe desto klårer hervor, je stärkere Eindrückungen man davon sonst gehabt. Nun wirken aber die meisten Sinne sehr stark in die Seele; sonderlich aber wirkt das Gesicht, bey Empfindung des Lichtes und der Farben, sehr klare, von Figuren und Größen aber auch deutliche Begriffe. Ein Wort also, welches dahin gehöret, kann auch eine unsichtbare Sache gleichsam sichtbar machen, wenn es in verblumtem Verstande dazu gebrauchet wird.

13. §.

13. §. Die andere Art verblümter Reden, ist die Metos nymie, welche man mit dem Longolius ein Namenlehn nennen könnte. Man sehet aber darinn entweder die Ursache, und meynet die Wirkung derselben: als wenn ich einen Scribenten für seine Schriften nenne:

Der reiche Seneca an Wiß und an Vermögen,

Der schlaue Tacitus, und was noch ist zugegen,
Muß allezeit um mich seyn.

Opit.

Oder umgekehrt, die Wirkung für die Ursache, als wenn ich den Pan die Furcht der Nymphen nennte:

Phyllis schickt Silvanen Kränze,

Alle Nymphen führen Tänze:

Ihre Frucht, der geile Pan,

Geht nicht minder stets im Reihen 2c. Dach.

Oder die Hauptursache an statt eines Nebendinges: und zwar erstlich, das Behältniß für das Enthaltene, als wenn ich den Helikon sehe, und die Musen meyne.

Der ganze Helikon ist schon um diese Zeit,

Um seine Bücher her, und dichtet allbereit,
Das, was man rühmen muß.

Flemming.

Zweytens der Besizer an statt seines Eigenthums, als wenn man den Phōbus an statt der poetischen Triebe seßt, die ihm angehören.

Phobus ist bey mir daheime,

Diese Kunst der deutschen Reime,
Lernet Preußen erst von mir ze.

Dach.

Drittens, der Feldherr für seine Soldaten, als wenn man sagt, der Kaiser wird geschlagen, da es doch die Soldaten

find.

Hier möchte man gedenken,

Das Glücke håtte dir Ergehung sollen schenken,

Und Raft nach solcher Müh. Allein es saget Nein!

Der Kaiser von Byzanz muß auch geschlagen seyn. Opit,.

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