$ Derhalben weldien Gott mit dieser Gnade regnet, Daß er' in seiner Eh noch funfzig Jahr vollbringt, Das unter hunderten kaum einem halb gelingt. Das Ehen auf Erden Bollzogen; aber nur von mir beschloßen werden. 2. S. Was ist nun in diesen benden Stücken poetisches, außer dem Sylbenmaaße und den Reimen? Sind es nicht lauter gemeine Gedanken, gemeine Wörter und Redensarten, und gemeine Bedeutungen derselben? Wie gåtte man sich eigentlicher ausdrücken, und den natürlichen Verstand der Worte genauer beybehalten können, als hier geschehen ist? Man darf nur eine kleine Veränderung damit vornehmen, so, daß das Sylbenmaaß verschwindet, und der Keim wegs fållt: so bleibt nichts als eine sehr magre Prosa übrig. Wir wollen mit dem ersten die Probe machen: Wer ißo in seinem ganzen Leben funfzig Jahre zurüche ,,legen kann, dem scheint es trefflich viel zu senn. Die Welt „ nimmt alle Tage ab, und will uns fast Abschied geben. Jemehr die Jahrzahl zunimmt, defto fürzer wird auch „das Ziel. Welchen Gott derohalben mit dieser Gnade „segnet, daß er noch funfzig Jahre in seiner Ehe vollbringt, „dem ist ein solch Wunderwerk und Glück begegnet, daß faum einem unter hunderten Halb zu gelingen pflegt. 2C. Nun möchte ich gern wissen, wo hier das poetische Wesen stecket; worinnen sich der Geist und Wiß eines Dichters ge wiesen وز wiesen hätte? Alles dieses Hat meines Erachtens ein jeder denken und schreiben können, der niemals einen Poeten gea sehen oder gelesen, ja kein Wort von Poesie reden gehörer hat. In der besserischen Stelle redet Jupiter ebenfalls in der gemeinsten Sprache, wenn man nur das klingende Sylbenmaaß und die Reime wegschaffet. „Daß auf Erden von den Menschen Eßen vorgenommen », werden, das kommt nicht vom Vorsage der Menschen her. „Es ist ein Werk Jupiters: es ist nur mein Thun, der ich die Welt regiere. Lernet ihr Sterblichen, daß ich die Herzen lenke, und daß die Ehen auf Erden zwar vollzogen, aber „ nur von mir beschlossen werden. 3. S. Vieleicht halten viele dafür, daß dieses eben die recha te Schönheit der vernünftigen Poesie fen, ganz natürlich zu reden, und sich von allen schwülitigen Redensarten zu enthalten. Allein wir wollen uns erstlich erinnern, daß Boraz uns vor benden Fehlern gewarnet, und weder zu hoch über allen Wolfen nach leerer luft zu schnappen, nod) im Staube zu kriechen; sondern die Mittelstraße zu halten, und auf dem erhabenen Parnaß zu gehen, befohlen hat. Profeffus grandia, turget; In vitium ducit culpæ fuga, si caret arte. Ra genoe gende wåren: Der Wald ist mir ausgestorben; ber Baum hat den Rrebs; die Zweige kriegen schon Augen; die Saat steht geil; der Acker ist fett; das Geträyde brandig, u. d. gl. Darauf erinnert er, daß er außer diesen gemeinen Arten verblümter Reden, noch eine verwegnere Gattung gebe, die nicht aus dem Mangel der Sprache; sondern aus einem feurigen Wiße entsteht, und der Rede viel Glang und Schönbeit zuwege bringet; welches er dann mit vielen poetischen Erempeln erläutert. 4. S. Ich will desgleichen thun, um die Sache in ein vole liges licht zu feßen. So schreibt Flemming auf der 362, S. Der verliebte Himmel lächelt, Tausend schöne Binder giebet. Die verlebte Welt wird jünger, Mit perbublten Augen schaut. 5. S. Hieraus erhellet ja wohl deutlich genug, was ein poetifcher Geist, was eine edle Art zu denfen, und ein feuriger ungemeiner Ausdruck sena Dieß ist die Sprache der Poeten, dadurch sie sich von der magern profaischen Schreibart unterscheiden. Man versuche es, und zertrenne auch hier das Sylbenmaaß; man verstecke die Keime, wie man will: es wird doch ein poetischer Geist daraus hervorleuchten. Daß aber diefes die rechte Probe des poetischen Geistes fey, das lehrt uns Soraz, der in der IV. Satire des I. B. ausdrücklich sagt: daß seine und Lucils Verse nichts poetisches mehr an fich behielten, fo bald man durch die Versekung der Worte ihnen das Sylbenmaaß genommen. Weit anders verhalte es sich mit dem Ennius, der die poetische Schreibart in seiner Gewalt gehabt. Denn wenn man gleich die Worte: Nachdem die scheußliche Zwietracht die eisernen Pfosten und Thore des Rrieges erbrochen, noch so rebr verseken wollte: so würde man doch allezeit die Glieder eines zerlegten Poeten darinn antreffen. Es ist werth, daß ich das lateinische davon herseße. * Ich muß nur erwah, nen, daß soraz durch diese Anmerkung erweisen wollen, eine Satire verdiene nicht den Namen eines Gedichtes. Denn kurz vorher hatte er sich ausdrücklich aus der Zahl der Poeten ausgeschlossen, in so weit er nur ein Satiren R 3 schreiber * Non fatis est puris versuin per- Pofterius facias , præponens ultima fcribere verbis, primis, Quem fi dissolvas, quivis stoma- Non, ut fi folvas: Potquam discorchecur. etc. dia tetra His, ego que nunc; Olim quae fcripfit Lucilius, eria Beli ferratos postes portasque refree pias fi git ; Tempora certa modosque, & quod invenies etiam disje£ti membra prius ordine verbuin est, Poete. 1 schreiber war. * Ein Poet muß also einen großen Wiß, 6.). Und frenlich zeiget sich der Wig eines Poeten haupt- Ját schroindet allgemach, Den 1 rim quibus esse Poetas, Excerpam numero: nec enim con- Ingenim cui fit, cui mens divicludere versum, nior , atque os Dixcris esse fatis; neque li quis fcri- Magna fonaturum, des nominis hu jus honorem poetam. bat uri nosa |