Der kleine Liebreiz sang ein Dichtling auf den Schmaus; Mit Schnabeln angethan: Apollo ließ die Finger Frisch durch die Seyten gehn. Des Heldreichs Waldhaupt: mann Fieng lustig einen Tanz mit den Holdinnen an. Je! daß ich doch so schreib! Dieß Elend ist entsprungen, Und unsre Deutschen hat das reine Deutsch gelehrt! 18. §. Aus dem allen erhellet deutlich genug, daß man sich vor dergleichen neuen Wörtern, so viel möglich ist, zu hüten habe. Das will Horaz, wenn er schreibt: In verbis etiam novis cautus parcusque ferendis! Unsere Sprache ist an sich selbst reich genug. Wir könnten zur Noth andern Völkern eine Menge der besten Ausdrüc kungen abtreten, und würden doch keinen Mangel leiden dorfen. Man kann auch alle seine Gedanken gar leicht mit üblichen und gewöhnlichen Redensarten zu verstehen geben, wenn man nur will, und fleißig die besten deutschen Scri benten gelesen hat. Diese unzeitige Begierde aber, unfre Mundart zu bereichern, macht manchen oft unverständlich und rauh; oftmals auch gar lächerlich. Hierinnen habens auch wohl große Männer versehen. 3. E. Bessern, der doch sonst so bescheiden in seinen Ausdrückungen war; ist doch einmal der seltsame Vers entfahren, der eben von keinem guten Geschmacke zeiget: Der sonnengierige Benister hoher Hügel. Wer sollte sich wohl einbilden, daß dieses einen Adler bedeute, wenn ers nicht selbst dazu gesezt håtte? Aber wer håtte es auch geglaubt, daß diese Zeile aus seiner Feder geflossen wäre? Gleichwohl steht sie auf der 19. S. der ersten Auflage seiner Gedichte. Dergleichen Erempel müssen uns behutsam machen. Allein Leute, die lieber viel schreiben, als zuvor die besten, ja auch viele nur mittelmäßige Scribenten unsers Vaterlandes lesen wollen; denken immer, sie müßten unsere Muttersprache noch erst bereichern. Daher hecken sie täglich neue Misgeburten aus; sie flicken zusammen, verlångern und verkürzen unsre Wörter ohne alle Noth, in Meynung: alsdann würden sie erst für große Dichter gehalten werden, wenn man in ihren Schriften viel neues finden würde. Diese Sucht fångt ißo, da die Liebe zu unsrer Muttersprache wieder ein wenig rege geworden, fast allenthalben an zu herrschen; und es könnte bey uns leicht ein so allgemeines Uebel daraus werden, als es in Frankreich ißo geworden. Denn auch daselbst ist schon eine so seltsame Sprache aufgekommen, daß ein sinnreicher Kopf, diesem Uebel zu steuren, das Dictionaire Neologique zu schreiben veranlasset worden. Es wäre zu wünschen, daß sich auch in Deutschland jemand fånde, der sich unsrer Muttersprache auf eine so nachdrückliche Art annåhme, und sonderlich die schweizerischen Schrachverderber zurechte wiese, die sich wohl gar für Ver besserer des Geschmacks ausgeben wollen. Man sehe indessen wie Herr Hofr. Triller in seiner I. Fabel, diese Worthecker ausgelachet hat. Ich kann nicht umhin dieselbe, ihrer Schönheit wegen, hieher zu sehen. Auf einem höckrichten und hart besteinten Rücken, Ohnfüßig, langsamschnell dahin. Ein hart geschnåbeltes schwarzweißlichtes Gefieder, Lief doppelfüffig auch daselbsten hin und wieder; Und regte gegentheils gar schnell Die aufgezogne Uhr der schlanken Unterseulen, Die ihrem fleischern Bau grundlosen Grund ertheilen. Doch durch ihr blikendes und pfeilgeschwindes Eilen, Von den hausstüßenden mit Haut bezognen Seulen, Da sprach die Hörnerstreckerinn Zu ihr mit wohlgehirntem Sinn: Laß die augustische Lehrweisheit bey dir gelten: 19. S. Doch kann man einem deutschen Poeten freylich nicht alle neue Wörter verbiethen. Das hieße seinem Pegasus die Flügel gar zu kurz verschneiden, wenn man allezeit bey der gewöhnlichen Art zu schreiben, bleiben müßte. * Eine edle Kühnheit steht uns zuweilen sehr wohl an, und gewisse Verwegenheiten gerathen manchem so wohl, daß man eine besondere Schönheit darinnen findet. Doch ist nicht ein jeder so glücklich, daß er Beyfall damit verdienet; weil nicht ein jeder ein so zårtliches Gehör hat, das Leidliche von dem Unerträglichen zu unterscheiden. Es ist hier mit unsern Poeten so, wie mit den Lateinischen. Plautus und Lucretius haben sich in diesem Stücke sehr vergangen: Virgil und Horaz aber haben sich bey ihren neuen Wörtern sehr vernünftig erwiesen. Ein Mare velivolum, oculi irretorti, oceanus diffociabilis, einirari, venti depræliantes, und andere solche poetische Redensarten mehr, kommen bey ihnen vor; die in gebundener Schreibart nicht gebräuchlich sind, und doch in den zärtlichen Ohren des gåldenen Alters der lateinischen Sprache nicht widerwärtig geflungen haben. Unfre ersten guten Poeten geben mir eine Menge von Erempeln an die Hand, da sie es glücklich gewagt haben, neue Wörter zu machen. Recht! denn soll der Himmelgurt, So viel thun bey Liebessachen. M. Opin. Derselbe. Hier wåre mein Pallast, hier wollt ich lesen können Das füsse Himmelnaß zc. Derselbe. Der, 20. S. Ich bin müde, dergleichen neue Wörter zu suchen, sonst wollte ich sie auch in andern Büchern, in Pietschen und Günthern gar häufig finden: wiewohl der lezte bey weiten so kühn darinnen nicht gewesen, als der erste; der auch wohl zuweilen die Sprachähnlichkeit aus den Augen gefeget hat, welches eben nicht zu billigen ist. Ich will nur noch dieses erwähnen, daß, wenn gute Poeten in ihren Gedichten den Schall gewisser natürlichen Dinge haben nachahmen wollen, fie gleichwohl lieber bekannte und verständliche Wörter, als seltsame und neuausgedachte Tône dazu gebraucht haben. 3. E. Wenn Nic. Peuker, seinem Namen zu Ehren, den Paukenschall liebt, und sein Buch gar die Pauke betitelt; so macht er folgenden Vers: Mein Paukenschlag, das Bomdibidibom Rufft: Friedrich Wilhelm komm! Mach uns ein Freudenlied, das Bomdibidibum, Hingegen finde ich, daß Opitz in seinem Gedichte von der Singt alle Welt; dir, dir, dir will ich dankbar seyn. Und Flemming ahmt den Gesang einer Nachtigall auf eben so eine vernünftige Art nach, wenn er in der dritten Ode des IIIten Buchs schreibt: Die gelehrten Nachtigallen Schreyn euch zu mit lautem Schallen: Eben so machen sie es, wenn sie andere Gattungen der Töne Hier sieht man, wie klüglich der Poet im ersten Verse das sen 1 |