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Hab' ich doch, so sagt er, dir bewiesen,
Daß ich dieses Handwerk gut verstehe;
Doch es ist das Schwerste noch zurücke.

Zeichnete darnach mit spitem Finger
Und mit großer Sorgfalt an dem Wäldchen,
Grad' an's Ende, wo die Sonne kräftig
Von dem hellen Boden wiederglänzte,
Zeichnete das allerliebste Mädchen,
Wohlgebildet, zierlich angekleidet,
Frische Wangen unter braunen Haaren,
Und die Wangen waren von der Farbe,
Wie das Fingerchen, das sie gebildet.

O du Knabe! rief ich, welch ein Meister
Hat in seine Schule dich genommen,
Daß du so geschwind und so natürlich
Alles klug beginnst und gut vollendest?

Da ich noch so rede, sieh, da rühret
Sich ein Windchen, und bewegt die Gipfel,
Kräuselt alle Wellen auf dem Flusse,

Füllt den Schleier des vollkommnen Mädchens,
Und was mich Erstaunten mehr erstaunte,
Fängt das Mädchen an den Fuß zu rühren,
Geht zu kommen, nähert sich dem Orte,
Wo ich mit dem losen Lehrer size.

Da nun alles, alles sich bewegte,
Bäume, Fluß und Blumen und der Schleier,
Und der zarte Fuß der Allerschönsten;

Glaubt ihr wohl, ich seh auf meinem Felsen: Wie ein Felsen, still und fest geblieben?

Künstlers Abendlied.

Ach, daß die innre Schöpfungskraft
Durch meinen Sinn erschölle!
Daß eine Bildung voller Saft
Aus meinen Fingern quölle!

Ich zittre nur, ich stottre nur,
Und kann es doch nicht lassen;
Ich fühl, ich kenne dich, Natur,
Und so muß ich dich faffen.

Bedenk ich dann, wie manches Jahr
Sich schon mein Sinn erschließet,
Wie er, wo dürre Haide war,
Nun Freudenquell genießet;

Wie sehn' ich mich, Natur, nach dir,
Dich treu und lieb zu fühlen!

Ein lust'ger Springbrunn, wirst du mir

Aus tausend Röhren spielen.

Wirst alle meine Kräfte mir
In meinem Sinn erheitern,
Und dieses enge Daseyn mir
Zur Ewigkeit erweitern.

Kenner und Künstler.

Kenner.

Gut! Brav, mein Herr! Allein
Die linke Seite

Nicht ganz gleich der rechten;
Hier scheint es mir zu lang,

Und hier zu breit;

Hier zudt's ein wenig,

Und die Lippe

Nicht ganz Natur,

So todt noch alles!

Künstler.

O rathet! Helft mir,
Daß ich mich vollende!

Wo ist der Urquell der Natur,
Daraus ich schöpfend

Himmel fühl und Leben

In die Fingerspißen hervor,

Daß ich mit Göttersinn

Und Menschenhand

Vermöge zu bilden,

Was bei meinem Weib'

Ich animalisch kann und muß. Kenner.

Da sehen Sie zu.

Künstler.

So!

Kenner und Enthusiast.

Ich führt einen Freund zum Maidel jung, Wollt' ihm zu genießen geben

Was alles es hätt, gar Freud' genung,

Frisch junges warmes Leben.

Wir fanden sie sißen an ihrem Bett,

Thät sich auf ihr Händlein stützen.

Der Herr der macht' ihr ein Compliment,

Thät gegen ihr über sißen.

Er spißt die Nase, er sturt sie an,
Betracht sie herüber, hinüber:

Und um mich war's gar bald gethan,
Die Sinnen gingen mir über.

Der liebe Herr für allen Dank
Führt mich drauf in eine Ecken,
Und sagt, sie wär' doch allzu schlank,
Und hätt' auch Sommerflecken.

Da nahm ich von meinem Kind Adjeu,
Und scheidend sah ich in die Höh:
Ach Herre Gott, ach Herre Gott,
Erbarm' dich doch des Herren!

Da führt' ich ihn in die Galerie
Boll Menschengluth und Geistes;
Mir wird's da gleich, ich weiß nicht wie,
Mein ganzes Herz zerreißt es.
O Maler! Maler! rief ich laut,
Belohn' dir Gott dein Malen!

Und nur die allerschönste Braut
Kann dich für uns bezahlen.

Und sieh, da ging mein Herr herum, Und stochert' sich die Zähne, Registrirt in Catalogum

Mir meine Götterföhne.

Mein Busen war so voll und bang,

Von hundert Welten trächtig;

Ihm war bald was zu kurz, zu lang,

Wägt' alles gar bedächtig.

Da warf ich in ein Eckchen mich,
Die Eingeweide brannten.

Um ihn versammelten Männer sich,

Die ihn einen Kenner nannten.

Monolog des Liebhabers.

Was nußt die glühende Natur
Vor deinen Augen dir,
Was nuht dir das Gebildete
Der Kunst rings um dich her,
Wenn liebevolle Schöpfungskraft
Nicht deine Seele füllt

Und in den Fingerspitzen dir
Nicht wieder bildend wird?

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