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Leb wohl!

Wandrer.

O leite meinen Gang, Natur!
Den Fremdlings-Reisetritt,
Den über Gräber

Heiliger Vergangenheit
Ich wandle.

Leit' ihn zum Schußort,
Borm Nord gedeckt,

Und wo dem Mittagsstrahl

Ein Pappelwäldchen wehrt.
Und kehr' ich dann

Am Abend heim
Zur Hütte,

Vergoldet vom leßten Sonnenstrahl;
Laß mich empfangen solch ein Weib,
Den Knaben auf dem Arm!

Künstlers Morgenlied.

Der Tempel ist euch aufgebaut,

Ihr hohen Musen all,

Und hier in meinem Herzen ist

Das Allerheiligste.

Wenn Morgens mich die Sonne weckt,

Warm, froh ich schau' umher,

Steht rings ihr Ewiglebenden

Im heil'gen Morgenglanz.

Ich bet' hinan, und Lobgesang
Ist lauter mein Gebet,
Und freudeklingend Saitenspiel
Begleitet mein Gebet.

Ich trete vor den Altar hin,
Und lese, wie sich's ziemt,
Andacht liturg'scher Lection
Im heiligen Homer.

Und wenn er in's Getümmel mich

Von Löwenkriegern reißt,

Und Götterföhn' auf Wagen hoch
Rachglühend stürmen an,

Und Roß dann vor dem Wagen stürzt,
Und drunter und drüber sich
Freund', Feinde wälzen in Todesblut
Er fengte sie dahin

Mit Flammenschwert der Heldensohn,
Zehntausend auf einmal,

Bis dann auch er, gebändiget

Von einer Götterhand,

Ab auf den Rogus niederstürzt,

Den er sich selbst gehäuft,

Und Feinde nun den schönen Leib
Verschändend tasten an:

Da greif' ich muthig auf, es wird
Die Kohle zum Gewehr,
Und jene meine hohe Wand
In Schlachtfeld-Wogen braus't.

Hinan! Hinan! Es heulet laut

Gebrüll der Feindeswuth,

Und Schild an Schild, und Schwert auf Helm, Und um den Todten Tod.

Ich dränge mich hinan, hinan,

Da kämpfen sie um ihn,

Die tapfern Freunde, tapferer

In ihrer Thränenwuth.

Ach, rettet! Kämpfet! Rettet ihn!

Ins Lager tragt ihn fort,

Und Balsam gießt dem Todten auf,

Und Thränen Todtenehr!

Und find' ich mich zurück hierher,

Empfängst du, Liebe, mich,

Mein Mädchen, ach, im Bilde nur,

Und so im Bilde warm!

Ach, wie du ruhtest neben mir,

Und schmachtetest mich an,

Und mir's vom Aug' durchs Herz hindurch

Zum Griffel schmachtete!

Wie ich an Aug' und Wange mich

Und Mund mich weidete,

Und mir's im Busen jung und frisch,

Wie einer Gottheit, war!

Okehre doch und bleibe dann

In meinen Armen fest,

Und keine, feine Schlachten mehr,
Nur dich in meinem Arm!

Und sollst mir, meine Liebe, seyn
Allbeutend Ideal,

Madonna seyn, ein Erstlingskind,
Ein heiligs an der Brust;

Und haschen will ich, Nymphe, dich,
Im tiefen Waldgebüsch;

O fliehe nicht die rauhe Brust,
Mein aufgerecktes Ohr!

Und liegen will ich Mars zu dir,

Du Liebesgöttin stark,

Und ziehn ein Neß um uns herum,

Und rufen dem Olymp,

Wer von den Göttern kommen will,

Beneiden unser Glück,

Und soll's die Fraße Eifersucht

Am Bettfuß angebannt.

Amor als Landschaftsmaler.

Saß ich früh auf einer Felsenspite,
Sah mit starren Augen in den Nebel;
Wie ein grau grundirtes Tuch gespannet
Deckt' er alles in die Breit' und Höhe.

Stellt ein Knabe sich mir an die Seite,
Sagte: Lieber Freund, wie magst du starrend
Auf das leere Tuch gelaffen schauen?
Hast du denn zum Malen und zum Bilden
Alle Lust auf ewig wohl verloren ?

Sah ich an das Kind und dachte heimlich: -
Will das Bübchen doch den Meister machen!

Willst du immer trüb' und müßig bleiben,
Sprach der Knabe, kann nichts fluges werden:
Sieh, ich will dir gleich ein Bildchen malen,
Dich ein hübsches Bildchen malen lehren.

Und er richtete den Zeigefinger,
Der so röthlich war wie eine Rose,
Nach dem weiten ausgespannten Teppich,
Fing mit seinem Finger an zu zeichnen:
Oben malt' er eine schöne Sonne,
Die mir in die Augen mächtig glänzte,
Und den Saum der Wolken macht' er golden,
Ließ die Strahlen durch die Wolken dringen;
Malte dann die zarten leichten Wipfel
Frisch erquickter Bäume, zog die Hügel,
Einen nach dem andern, frei dahinter;
Unten ließ er's nicht an Wasser fehlen,
Zeichnete den Fluß so ganz natürlich
Daß er schien im Sonnenstrahl zu glißern,
Daß er schien am hohen Rand zu rauschen.

Ach, da standen Blumen an dem Flusse,
Und da waren Farben auf der Wiese,
Gold und Schmelz und Purpur und ein Grünes,
Alles wie Smaragd und wie Karfunkel!

Hell und rein lasirt' er drauf den Himmel
Und die blauen Berge fern und ferner,
Daß ich ganz entzückt und neugeboren
Bald den Maler, bald das Bild beschaute.

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