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Denn euch gaben die Götter, was sie den Menschen

versagten,

Jeglichem, der euch vertraut, tröstlich und hülflich zu seyn.

Erkanntes Glück.

Was bedächtlich Natur sonst unter Viele vertheilet,
Gab sie mit reichlicher Hand alles der Einzigen, ihr.
Und die so herrlich Begabte, von vielen so innig Ver-
ehrte,

Gab ein liebend Geschick freundlich dem Glücklichen, mir.

Ferne.

Königen, sagt man, gab die Natur vor andern Gebornen
Eines längeren Arms weithinaus fassende Kraft.
Doch auch mir dem Geringen verlieh sie das fürstliche
Vorrecht:

Denn ich faffe von fern, halte dich, Lida, mir fest.

Erwählter Fels.

Hier im Stillen gedachte der Liebende seiner Geliebten; Heiter sprach er zu mir: Werde mir Zeuge, du Stein! Doch erhebe dich nicht, du hast noch viele Gesellen: Jedem Felsen der Flur, die mich den Glücklichen nährt,

Jedem Baume des Walds, um den ich wandernd mich

schlinge,

Denkmal bleibe des Glücks! ruf' ich ihm weihend und

froh.

Doch die Stimme verleih' ich nur dir, wie unter der

Menge

Einen die Muse sich wählt, freundlich die Lippen ihm

füßt.

Ländliches Glück.

Seyd, o Geister des Hains, o seyd, ihr Nymphen des Fluffes,

Eurer Entfernten gedenk, eueren Nahen zur Lust! Weihend feierten jen' im Stillen die ländlichen Feste; Wir dem gebahnten Pfad folgend beschleichen das Glück. Amor wohne mit uns, es macht der himmlische Knabe Gegenwärtige lieb, und die Entfernten euch nah.

Philomele.

Dich hat Amor gewiß, o Sängerin, fütternd erzogen; Kindisch reichte der Gott dir mit dem Pfeile die Kost. So, durchdrungen von Gift die harmlos athmende Kehle, Trifft mit der Liebe Gewalt nun Philomele das Herz.

Goethe, Gedichte.

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Geweihter Plaz.

Wenn zu den Reihen der Nymphen, versammelt in heiliger Mondnacht,

Sich die Grazien heimlich herab vom Olympus gesellen, Hier belauscht sie der Dichter und hört die schönen Gefänge,

Sieht verschwiegener Tänze geheimnißvolle Bewegung. Was der Himmel nur Herrliches hat, was glücklich die Erde

Reizendes immer gebar, das erscheint dem wachenden Träumer.

Alles erzählt er den Musen, und daß die Götter nicht

zürnen,

Lehren die Musen ihn gleich bescheiden Geheimnisse

sprechen.

Der Park.

Welch ein himmlischer Garten entspringt aus Ded' und aus Wüste,

Wird und lebet und glänzt herrlich im Lichte vor mir. Wohl den Schöpfer ahmet ihr nach, ihr Götter der

Erde!

Fels und See und Gebüsch, Vögel und Fisch und Gewild.

Nur daß euere Stätte sich ganz zum Eden vollende, Fehlt ein Glücklicher hier, fehlt euch am Sabbat die

Ruh.

Die Lehrer.

Als Diogenes still in seiner Tonne fich fonnte,

Und Calanus mit Lust stieg in das flammende Grab, Welche herrliche Lehre dem raschen Sohn des Philippus, Wäre der Herrscher der Welt nicht auch der Lehre zu groß!

Versuchung.

Reichte die schädliche Frucht einst Mutter Eva dem Gatten,

Ach! vom thörichten Biß kränkelt das ganze Geschecht. Nun, vom heiligen Leibe, der Seelen speiset und heilet, Kostest du, Lydia, fromm, liebliches büßendes Kind! Drum schick' ich dir eilig die Frucht voll irdischer Süße, Daß der Himmel dich nicht deinem Geliebten entzieh'.

Ungleiche Heirath.

Selbst ein so himmlisches Paar fand nach der Verbindung sich ungleich:

Psyche ward älter und flug, Amer ist immer noch

Kind.

Heilige Familie.

O des süßen Kindes, und o der glücklichen Mutter, Wie sie sich einzig in ihm, wie es in ihr sich ergött! Welche Wonne gewährte der Blick auf dieß herrliche Bild mir,

Stünd' ich Armer nicht so heilig, wie Joseph, dabei!

Entschuldigung.

Du verklagest das Weib, sie schwanke von Einem zum Andern!

Tadle sie nicht! sie sucht einen beständigen Mann.

Feldlager.

1790.

Grün ist der Boden der Wohnung, die Sonne scheint durch die Wände,

Und das Vögelchen singt über dem leinenen Dach; Kriegerisch reiten wir aus, besteigen Silefiens Höhen, Schauen mit gierigem Blick vorwärts nach Böhmen

hinein;

Aber es zeigt sich kein Feind

und keine Feindin; o

bringe,

Wenn uns Mavors betrügt, bring' uns, Cupido, den

Krieg !

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