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Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?

Hast du die Thränen gestillet
Je des Geängsteten?

Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit

Und das ewige Schicksal,

Meine Herrn und deine?

Wähntest du etwa,

Ich sollte das Leben haffen,
In Wüsten fliehen,
Weil nicht alle

Blüthenträume reiften?

Hier sit' ich, forme Menschen

Nach meinem Bilde,

Ein Geschlecht, das mir gleich sey,

Zu leiden, zu weinen,

Zu genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,

Wie ich!

Ganymed.

Wie im Morgenglanze
Du rings mich anglühst,
Frühling, Geliebter!

Mit tausendfacher Liebeswonne
Sich an mein Herz drängt
Deiner ewigen Wärme
Heilig Gefühl,
Unendliche Schöne!

Daß ich dich fassen möcht'

In diesen Arm!

Ach an deinem Busen
Lieg' ich, schmachte,

Und deine Blumen, dein Gras
Drängen sich an mein Herz.
Du fühlst den brennenden
Durst meines Busens,
Lieblicher Morgenwind!

Ruft drein die Nachtigall

Liebend nach mir aus dem Nebelthal.

Ich komm', ich komme!

Wohin? Ach, Wohin?

Hinauf! Hinauf strebt's.

Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken

Neigen sich der sehnenden Liebe.

Mir! Mir

In euerm Schooße

Aufwärts!

Umfangend umfangen!

Aufwärts an deinen Busen,

Alliebender Vater!

Gränzen der Menschheit.

Wenn der uralte
Heilige Vater

Mit gelassener Hand
Aus rollenden Wolken
Segnende Blize

Ueber die Erde sä't,

Küss' ich den letzten
Saum seines Kleides,
Kindliche Schauer
Treu in der Brust.

Denn mit Göttern
Soll sich nicht messen
Irgend ein Mensch.

Hebt er sich aufwärts,
Und berührt

Mit dem Scheitel die Stirne,

Nirgends haften dann

Die unsichern Sohlen,
Und mit ihm spielen
Wolken und Winde.

Steht er mit festen
Markigen Knochen

Auf der wohlgegründeten

Dauernden Erde;

Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe

Sich zu vergleichen.

[blocks in formation]

Denn unfühlend
Ist die Natur:

Es leuchtet die Sonne
Ueber Bös' und Gute,
Und dem Verbrecher

Glänzen, wie dem Besten,
Der Mond und die Sterne.

Wind und Ströme,
Donner und Hagel

Rauschen ihren Weg,
Und ergreifen,
Vorübereilend,

Einen um den andern.

Auch so das Glück

Tappt unter die Menge,
Faßt bald des Knaben
Lockige Unschuld,

Bald auch den fahlen
Schuldigen Scheitel.

Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen

Müssen wir alle

Unseres Daseyns

Kreise vollenden.

Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche;
Er unterscheidet,

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