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Auf einmal schien der neue Tag enthüllet:
Ein Mädchen kam, ein Himmel anzuschauen,
So musterhaft wie jene lieben Frauen

Der Dichterwelt. Mein Sehnen war gestillet.

Doch wandt' ich mich hinweg und ließ sie gehen
Und wickelte mich enger in die Falten,
Als wollt' ich trußend in mir selbst erwarmen;

Und folgt ihr doch. Sie stand. Da war's geschehen!
In meiner Hülle konnt' ich mich nicht halten,
Die warf ich weg, fie lag in meinen Armen.

III.

Kurz und gut.

Sollt' ich mich denn so ganz an Sie gewöhnen?
Das wäre mir zuletzt doch reine Plage.
Darum versuch' ich's gleich am heut'gen Tage,
Und nahe nicht dem vielgewohnten Schönen.

Wie aber mag ich dich, mein Herz, versöhnen,
Daß ich im wicht'gen Fall dich nicht befrage?
Wohlan! Komm her! Wir äußern unsre Klage
In liebevollen, traurig heitern Tönen.

Siehst du, es geht! Des Dichters Wink gewärtig
Melodisch klingt die durchgespielte Leier,
Ein Liebesopfer traulich darzubringen.

Du denkst es kaum und sieh! das Lied ist fertig;

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Wir eilten hin, es vor ihr selbst zu singen.

IV.

Das Mädchen spricht.

Du siehst so ernst, Geliebter! Deinem Bilde
Von Marmor hier möcht' ich dich wohl vergleichen;
Wie dieses giebst du mir kein Lebenszeichen;
Mit dir verglichen zeigt der Stein sich milde.

Der Feind verbirgt sich hinter seinem Schilde,
Der Freund soll offen seine Stirn uns reichen.
Ich suche dich, du suchst mir zu entweichen;
Doch halte Stand, wie dieses Kunstgebilde.

An wen von beiden soll ich nun mich wenden?
Sollt' ich von beiden Kälte leiden müssen,
Da dieser todt und du lebendig heißest?

Kurz, um der Worte mehr nicht zu verschwenden, So will ich diesen Stein so lange küssen,

Bis eifersüchtig du mich ihm entreißest!

V.

Wachsthum.

Als kleines art'ges Kind nach Feld und Auen Sprangst du mit mir, so manchen Frühlingsmorgen. „Für solch ein Töchterchen, mit holden Sorgen, Möcht' ich als Vater segnend Häuser bauen!

Und als du anfingst in die Welt zu schauen,
War deine Freude häusliches Besorgen.
„Solch eine Schwester! und ich wär' geborgen:
Wie könnt' ich ihr, ach! wie sie mir vertrauen!"

Nun kann den schönen Wachsthum nichts beschränken; Ich fühl im Herzen heißes Liebetoben.

Umfass ich sie, die Schmerzen zu beschwicht'gen?

Doch ach! nun muß ich dich als Fürstin denken:
Du stehst so schroff vor mir emporgehoben;
Ich beuge mich vor deinem Blick, dem flücht'gen.

VI.

Reisezehrung.

Entwöhnen sollt' ich mich vom Glanz der Blicke,
Mein Leben sollten sie nicht mehr verschönen.
Was man Geschick nennt, läßt sich nicht versöhnen,
Ich weiß es wohl und trat bestürzt zurücke.

Nun wußt' ich auch von keinem weitern Glücke;
Gleich fing ich an von diesen und von jenen
Nothwend❜gen Dingen sonst mich zu entwöhnen:
Nothwendig schien mir nichts als ihre Blicke.

Des Weines Gluth, den Vielgenuß der Speisen,
Bequemlichkeit und Schlaf und sonst'ge Gaben,
Gesellschaft wies ich weg, daß wenig bliebe.

So kann ich ruhig durch die Welt nun reisen:
Was ich bedarf, ist überall zu haben,

Und Unentbehrlich's bring' ich mit — die Liebe.

VII.

Abschied.

War unersättlich nach viel tausend Küssen,
Und mußt' mit Einem Kuß am Ende scheiden;
Nach herber Trennung tief empfundnen Leiden
War mir das Ufer, dem ich mich entrissen,

Mit Wohnungen, mit Bergen, Hügeln, Flüssen, So lang' ich's deutlich sah, ein Schatz der Freuden; Zuletzt im Blauen blieb ein Augenweiden

An fernentwichnen lichten Finsternissen.

Und endlich, als das Meer den Blick umgränzte, Fiel mir zurück in's Herz mein heiß Verlangen; Ich suchte mein Verlornes gar verdroffen.

Da war es gleich, als ob der Himmel glänzte; Mir schien, als wäre nichts mir, nichts entgangen, Als hätt' ich alles, was ich je genossen.

VIII.

Die Liebende schreibt.

Ein Blick von deinen Augen in die meinen,
Ein Kuß von deinem Mund auf meinem Munde
Wer davon hat, wie ich, gewisse Kunde,
Mag dem was anders wohl erfreulich scheinen?

Entfernt von dir, entfremdet von den Meinen,
Führ' ich stets die Gedanken in die Runde,
Und immer treffen sie auf jene Stunde,
Die einzige; da fang' ich an zu weinen.

Die Thräne trocknet wieder unversehens :
Er liebt ja, dent' ich, her in diese Stille,
Und solltest du nicht in die Ferne reichen?

Vernimm das Lispeln dieses Liebewehens;
Mein einzig Glück auf Erden ist dein Wille,
Dein freundlicher zu mir; gieb mir ein Zeichen!

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