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Holde Musen, ich sträube mich nicht; nur daß ihr mein

Liebchen,

Drüd' ich es fest an die Brust, nicht mir zum Mährchen verkehrt.

102.

Ach, mein Hals ist ein wenig geschwollen! so sagte die Beste Aengstlich. - Stille, mein Kind! still! und vernehme

das Wort:

Dich hat die Hand der Venus berührt; fie deutet dir leise, Daß sie das Körperchen bald, ach! unaufhaltsam verstellt. Bald verdirbt sie die schlanke Gestalt, die zierlichen Brüstchen. Alles schwillt nun; es paßt nirgends das neuste Gewand. Seh nur ruhig! es deutet die fallende Blüthe dem Gärtner, Daß die liebliche Frucht schwellend im Herbste gedeiht.

103.

Wonniglich ist's, die Geliebte verlangend im Arme zu halten, Wenn ihr klopfendes Herz Liebe zuerst dir gesteht. Wonniglicher, das Pochen des Neulebendigen fühlen,

Das in dem lieblichen Schooß immer sich nährend bewegt. Schon versucht es die Sprünge der raschen Jugend; es klopfet

Ungeduldig schon an, sehnt sich nach himmlischem Licht. Harre noch wenige Tage! Auf allen Pfaden des Lebens Führen die Horen dich streng, wie es das Schicksal gebeut. Widerfahre dir was dir auch will, du wachsender LieblingLiebe bildete dich; werde dir Liebe zu Theil!

104.

Und so tändelt' ich mir, von allen Freunden geschieden, In der neptunischen Stadt Tage wie Stunden hinweg. Alles, was ich erfuhr, ich würzt' es mit füßer Erinnrung, Würzt' es mit Hoffnung; sie sind lieblichste Würzen

der Welt.

Vier Jahreszeiten.

Alle Viere, mehr und minder, Necken wie die hübschen Kinder.

Frühling.

A

Auf, ihr Distichen, frisch! Ihr muntern lebendigen Knaben! Reich ist Garten und Feld! Blumen zum Kranze herbei!

2.

Reich ist an Blumen die Flur; doch einige sind nur dem Auge,

Andre dem Herzen nur schön; wähle dir Leser, nun

selbst! 3.

Rosenknospe, du bist dem blühenden Mädchen gewidmet, Die als die Herrlichste sich, als die Bescheidenste zeigt.

4.

Viele der Veilchen zusammen geknüpft, das Sträußchen

erscheinet

Erst als Blume; du bist, häusliches Mädchen, gemeint.

5.

Eine kannt' ich, sie war wie die Lilie schlank, und ihr Stolz war

Unschuld; herrlicher hat Salomo keine gesehn.

6.

Schön erhebt sich der Agley, und senkt das Köpfchen

herunter.

Ist es Gefühl? oder ist's Muthwill? 3hr rathet es

nicht.

7.

Viele duftende Glocken, o Hyacinthe, bewegst du;
Aber die Glocken ziehn, wie die Gerüche, nicht an.

8.

Nachtviole, dich geht man am blendenden Tage vorüber; Doch bei der Nachtigall Schlag hauchest du köstlichen Geift.

9.

Tuberose, du ragest hervor und ergößest im Freien; Aber bleibe vom Haupt, bleibe vom Herzen mir fern!

10.

Fern erblick' ich den Mohn; er glüht. Doch komm' ich dir näher,

Ach! so seh' ich zu bald, daß du die Rose nur lügst.

11.

Tulpen, ihr werdet gescholten von sentimentalischen Kennern; Aber ein lustiger Sinn wünscht auch ein lustiges Blatt.

12.

Nelken, wie find' ich euch schön! Doch alle gleicht ihr einander,

Unterscheidet euch kaum, und ich entscheide mich nicht.

13.

Prangt mit den Farben Aurorens, Ranunkeln, Tulpen und Astern!

Hier ist ein dunkles Blatt, das euch an Dufte beschämt.

14.

Keine lockt mich, Ranunkeln, von euch, und keine begehr' ich;

Aber im Beete vermischt sieht euch das Auge mit Lust.

15.

Sagt! was füllet das Zimmer mit Wohlgerüchen? Reseda Farblos, ohne Gestalt, stilles bescheidenes Kraut.

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