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10.

Warum treibt sich das Volk so und schreit? Es will sich ernähren,

Kinder zeugen, und die nähren, so gut es vermag. Merke dir, Reisender, das, und thue zu Hause deß

gleichen!

Weiter bringt es kein Mensch, stell' er sich, wie er auch will.

11.

Wie sie klingeln, die Pfaffen! Wie angelegen sie's machen, Daß man komme, nur ja plappre, wie gestern so heut! Scheltet mir nicht die Pfaffen; sie kennen des Menschen Bedürfniß!

Denn wie ist er beglückt, plappert er morgen wie heut!

12.

Mache der Schwärmer sich Schüler, wie Sand am Meere der Sand ist

Sand, die Perle sey mein, du, o vernünftiger Freund!

13.

Süß den sprossenden Klee mit weichlichen Füßen im Frühling,

Und die Wolle des Lamms tasten mit zärtlicher Hand; Süß voll Blüthen zu sehn die neulebendigen Zweige, Dann das grünende Laub locken mit sehnendem Blick. Aber süßer, mit Blumen dem Busen der Schäferin schmeicheln;

Und dieß vielfache Glück läßt mich entbehren der Mai.

14.

Diesem Ambos vergleich' ich das Land, den Hammer dem Herrscher

Und dem Volke das Blech, das in der Mitte sich krümmt.

Wehe dem armen Blech, wenn nur willkürliche Schläge Ungewiß treffen, und nie fertig der Kessel erscheint!

15.

Schüler macht sich der Schwärmer genug, und rühret die Menge,

Wenn der vernünftige Mann einzelne Liebende zählt. Wunderthätige Bilder sind meist nur schlechte Gemälde: Werke des Geists und der Kunst sind für den Pöbel nicht da.

16.

Mache zum Herrscher sich der, der seinen Vortheil verstehet: Doch wir wählten uns den, der sich auf unsern versteht.

17.

Noth lehrt beten, man sagt's; will einer es lernen, er gehe

Nach Italien! Noth findet der Fremde gewiß.

18.

Welch ein heftig Gedränge nach diesem Laden! Wie emsig Wägt man, empfängt man das Geld, reicht man die

Waare dahin!

Schnupftabak wird hier verkauft. Das heißt, sich selber

erkennen!

Nieswurz holt sich das Volk, ohne Verordnung und Arzt.

19.

Jeder Edle Venedigs kann Doge werden; das macht ihn Gleich als Knaben so fein, eigen, bedächtig und stolz. Darum sind die Oblaten so zart im katholischen Welschland; Denn aus demselbigen Teig weihet der Priester den Gott.

20.

Ruhig am Arsenal stehn zwei altgriechische Löwen; Klein wird neben dem Paar Pforte, wie Thurm und Canal.

Käme die Mutter der Götter herab, es schmiegten sich beide

Vor den Wagen, und sie freute sich ihres Gespanns. Aber nun ruhen sie traurig; der neue geflügelte Kater Schnurrt überall, und ihn nennet Venedig Patron. 21.

Emsig wallet der Pilger! Und wird er den Heiligen finden?

Hören und sehen den Mann, welcher die Wunder gethan? Nein, es führte die Zeit ihn hinweg: du findest nur Reste, Seinen Schädel, ein Paar seiner Gebeine verwahrt. Pilgrime find wir Alle, die wir Italien suchen;

Nur ein zerstreutes Gebein ehren wir gläubig und froh.

22.

Jupiter Pluvius, heut erscheinst du ein freundlicher Dämon;

Denn ein vielfach Geschenk giebst du in Einem Moment: Giebst Venedig zu trinken, dem Lande grünendes Wachsthum;

Manches kleine Gedicht giebst du dem Büchelchen hier.

23.

Gieße nur, tränke nur fort die rothbemäntelten Frösche, Wäßre das durstende Land, daß es uns Broccoli schickt. Nur durchwäßre mir nicht dieß Büchlein; es seh mir ein Fläschchen

Reinen Araks, und Punsch mache sich jeder nach Lust.

24.

Sanct Johannes im Koth heißt jene Kirche; Venedig Nenn' ich mit doppeltem Recht heute Sanct Marcus

im Roth.

25.

Hast du Bajä gesehn, so kennst du das Meer und die Fische. Hier ist Venedig; du kennst nun auch den Pfuhl und den Frosch.

26.

Schläfst du noch immer? Nur still, und laß mich ruhen; erwach' ich,

Nun, was soll ich denn hier? Breit ist das Bette, doch leer.

Ist überall ja doch Sardinien, wo man allein schläft; Tibur, Freund, überall, wo dich die Liebliche weckt.

27.

Alle Neun, sie winkten mir oft, ich meine die Musen;

Doch ich achtet' es nicht, hatte das Mädchen im Schooß. Nun verließ ich mein Liebchen; mich haben die Musen verlassen,

Und ich schielte verwirrt, suchte nach Meffer und Strid. Doch von Göttern ist voll der Olymp; du kamst mich zu retten,

Langeweile! du bist Mutter der Musen gegrüßt.

28.

Welch ein Mädchen ich wünsche zu haben? Ihr fragt mich. Ich hab' sie,

Wie ich sie wünsche, das heißt, dünkt mich, mit Weni

gem Viel.

An dem Meere ging ich, und suchte mir Muscheln. In einer Fand ich ein Perlchen; es bleibt nun mir am Herzen

29.

verwahrt.

Vieles hab' ich versucht, gezeichnet, in Kupfer gestochen, Del gemalt, in Thon hab' ich auch manches gedruckt,

Unbeständig jedoch, und nichts gelernt noch geleistet; Nur ein einzig Talent bracht' ich der Meisterschaft nah: Deutsch zu schreiben. Und so verderb' ich unglücklicher Dichter

In dem schlechtesten Stoff leider nun Leben und Kunst.

30.

Schöne Kinder tragt ihr, und steht mit verdeckten Gesichtern,

Bettelt: das heißt, mit Macht reden an's männliche

Herz.

Jeder wünscht sich ein Knäbchen, wie ihr das dürftige

zeiget,

Und ein Liebchen, wie man's unter dem Schleier sich

31.

denkt.

Das ist dein eigenes Kind nicht, worauf du bettelst, und rührst mich.

O, wie rührt mich erst die, die mir mein eigenes

32.

bringt!

Warum leckst du dein Mäulchen, indem du mir eilig

begegnest?

Wehl, dein Züngelchen fagt mir, wie gesprächig es sey.

33.

Sämmtliche Künste lernt und treibet der Deutsche; zu jeder

Zeigt er ein schönes Talent, wenn er sie ernstlich ergreift. Eine Kunst nur treibt er, und will sie nicht lernen, die Dichtkunst.

Darum pfuscht er auch so; Freunde, wir haben's erlebt.

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