Page images
PDF
EPUB

Kaum warst du aufgebunden,
War alle Lust verschwunden;
Du ließest kalt den Blinden los.

Er tappte hin und wieder,
Verrenkte fast die Glieder,
Und alle foppten ihn.

Und willst du mich nicht lieben,
So geh' ich stets im Trüben,
Wie mit verbundnen Augen hin.

Christel.

Hab' oft einen dumpfen düstern Sinn, Ein gar so schweres Blut!

Wenn ich bei meiner Christel bin,

Ist alles wieder gut.

Ich seh' sie dort, ich seh' sie hier

Und weiß nicht auf der Welt

Und wie und wo und wann sie mir, Warum sie mir gefällt.

Das schwarze Schelmenaug' dadrein,

Die schwarze Braue drauf,
Seh' ich ein einzigmal hinein,

Die Seele geht mir auf.

Ist eine, die so lieben Mund,
Liebrunde Wänglein hat?

Ach, und es ist noch etwas rund,
Da sieht kein Aug' sich satt!

Und wenn ich sie denn fassen darf
Im luft'gen deutschen Tanz,

Das geht herum, das geht so scharf,

Da fühl ich mich so ganz!

Und wenn's ihr taumlig wird und warm,
Da wieg' ich sie sogleich

An meiner Brust, in meinem Arm;

'8 ist mir ein Königreich!

Und wenn sie liebend nach mir blickt

Und alles rund vergißt,

Und dann an meine Brust gedrückt

Und weidlich eins gefüßt,

Das läuft mir durch das Rückenmark .

Bis in die große Zeh!

Ich bin so schwach, ich bin so stark,

Mir ist so wohl, so weh!

Da möcht' ich mehr und immer mehr,
Der Tag wird mir nicht lang;

Wenn ich die Nacht auch bei ihr wär',
Davor wär' mir nicht bang.

Ich denk', ich halte sie einmal

Und büße meine Lust;

Und endigt sich nicht meine Qual,
Sterb' ich an ihrer Brust!

2

Goethe, Gedichte. I.

Die Spröde.

An dem reinsten Frühlingsmorgen
Ging die Schäferin und sang,
Jung und schön und ohne Sorgen,
Daß es durch die Felder klang,
So la la! le ralla!

Thyrsis bot ihr für ein Mäulchen
Zwei, drei Schäfchen gleich am Ort,
Schalkhaft blickte sie ein Weilchen;
Doch sie sang und lachte fort,
So la la! le ralla!

Und ein andrer bot ihr Bänder
Und der dritte bot sein Herz;

Doch fie trieb mit Herz und Bändern
So wie mit den Lämmern Scherz,

Nur la la! le ralla!

Die Bekehrte.

Bei dem Glanz der Abendröthe
Ging ich still den Wald entlang,
Damon saß und blies die Flöte,
Daß es von den Felsen klang,
So la la! le ralla!

Und er zog mich zu sich nieder,
Küßte mich so hold, so süß.
Und ich sagte: blase wieder!
Und der gute Junge blies,
So la la! le ralla!

Meine Ruh ist nun verloren,
Meine Freude floh davon,
Und ich hör' vor meinen Ohren
Immer nur den alten Ton,
So la la! le ralla!

Rettung.

Mein Mädchen ward mir ungetreu,
Das machte mich zum Freudenhaffer;
Da lief ich an ein fließend Wasser,
Das Wasser lief vor mir verbei.

Da stand ich nun, verzweiflend, stumm; Im Kopfe war mir's wie betrunken, Fast wär' ich in den Strom gesunken, Es ging die Welt mit mir herum.

[ocr errors]

Auf einmal hört' ich was, das rief
Ich wandte just dahin den Rücken
Es war ein Stimmchen zum Entzücken:
Nimm dich in Acht! der Fluß ist tief."

"

Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Aeuglein schön.

Ich wollt' es brechen;
Da sagt' es fein:

Soll ich zum Welken
Gebrochen seyn?

Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's
Am hübschen Haus.

Und pflanzt' es wieder

Am stillen Ort;

Nun zweigt es immer

Und blüht so fort.

Wechsellied zum Tanze.

Die Gleichgültigen.

Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze;

Tanzen gehöret zum festlichen Tag.

Bist du mein Schatz nicht, so kannst du es werden, Wirst du es nimmer, so tanzen wir doch.

Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze; Tanzen verherrlicht den festlichen Tag.

« PreviousContinue »