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Ach! denkt das Veilchen, wär' ich nur a
Die schönste Blume der Natur,
Ach nur ein kleines Weilchen,
Bis mich das Liebchen abgepflückt C
Und an dem Busen matt gedrückt!

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Ach! aber ach! das Mädchen fam
Und nicht in Acht das Veilchen nahm,
Ertrat das arme Veilchen. |

Es sant und starb und freut sich noch:
Und sterb' ich denn, so sterb' ich doch
Durch fie, durch sie,
Zu ihren Füßen doch.

Der untreue Knabe.

Es war ein Buhle frech genung,
War erst aus Frankreich kommen,
Der hatt' ein armes Mädel jung
Gar oft in Arm genommen,
Und liebgekos't und liebgeherzt,
Als Bräutigam herumgescherzt,
Und endlich sie verlassen.

Das braune Mädel das erfuhr,
Vergingen ihr die Sinnen;

Sie lacht und meint' und bet't' und schwur, So fuhr die Seel' von hinnen,

Die Stund' da sie verschieden war,

Wird bang dem Buben, graus't sein Haar, Es treibt ihn fort zu Pferde.

Er gab die Sporen kreuz und quer
Und ritt auf alle Seiten,

Herüber, hinüber, hin und her,

Kann keine Ruh erreiten;

Reit't fieben Tag' und sieben Nacht,

Es blitt und donnert, stürmt und kracht, Die Fluthen reißen über.

Und reit't in Blitz und Wetterschein

Gemäuerwerk entgegen,

Bind't 's Pferd hauß' an und kriecht hinein.

Und duckt sich vor dem Regen.

Und wie er tappt, und wie er fühlt,
Sich unter ihm die Erd' erwühlt;

Er stürzt wohl hundert Klafter.

Und als er sich ermannt vom Schlag,
Sieht er drei Lichtlein schleichen.
Er rafft sich auf und krabbelt nach;
Die Lichtlein ferne weichen,

Irrführen ihn, die Quer' und Läng',
Trepp' auf Trepp' ab, durch enge Gäng',
Verfallne wüste Keller.

Auf einmal steht er hoch im Saal,
Sieht fißen hundert Gäste,
Hohläugig grinsen allzumal,
Und winken ihm zum Feste.
Er sieht sein Schäßel unten an,
Mit weißen Tüchern angethan;
Die wend't sich

Erlkönig.

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit feinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?

Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
„Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir;
„Manch' bunte Blumen sind an dem Strand,
„Meine Mutter hat manch gülden Gewand."

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? -
Seh ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säufelt der Wind.

"

„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
„Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,

"

Und wiegen und tanzen und fingen dich ein.“

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort?

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.

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„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; „Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt." Mein Vater, mein Vater, jezt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids gethan!

Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh' und Noth;
In feinen Armen das Kind war todt.

Der Fischer.

Das Wasser rauscht, das Waffer schwoll,

Ein Fischer saß daran,

Sah nach dem Angel ruhevoll,

Kühl bis an's Herz hinan.

Und wie er sißt und wie er lauscht,

Theilt sich die Fluth empor;

Aus dem bewegten Wasser rauscht

Ein feuchtes Weib hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
Was lockst du meine Brut

Mit Menschenwiß und Menschenlist
Hinauf in Todesgluth ?

Ach wüßtest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter wie du bist
Und würdest erst gesund.

Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenathmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?

Lockt dich der tiefe Himmel nicht,

Das feuchtverklärte Blau?

Lockt dich dein eigen Angesicht

Nicht her in ew'gen Thau?

Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll,

Nett' ihm den nackten Fuß;

Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,

Wie bei der Liebsten Gruß.

Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm ;

Da war's um ihn geschehn:

Halb zog sie ihn, halb sank er hin,

Und ward nicht mehr gesehn.

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