Page images
PDF
EPUB

Balladen.

Mährchen, noch so wunderbar, Dichterkünfte machen's wahr.

Mignon.

Kennst du das Land? wo die Citronen blühn,
Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?

Dahin! Dahin

Möcht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, gethan?
Kennst du es wohl?

Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Beschüßer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maulthier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Fluth.
Kennst du ihn wohl?

Dahin! Dahin
Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!

Der Sänger.

Was hör' ich draußen vor dem Thor
Was auf der Brücke schallen?

Laß den Gesang vor unserm Ohr
Im Saale wiederhallen!

Der König sprach's, der Page lief;
Der Knabe kam, der König rief:
Laßt mir herein den Alten!

Gegrüßet send mir, edle Herrn,
Gegrüßt ihr, schöne Damen!

Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?

Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit Schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit Sich staunend zu ergößen.

Der Sänger brückt' die Augen ein,
Und schlug in vollen Tönen;
Die Ritter schauten muthig drein,
Und in den Schooß die Schönen.
Der König, dem das Lied gefiel,
Ließ ihm, zum Lohne für sein Spiel
Eine goldne Kette bringen.

Die goldne Kette gieb mir nicht,

Die Kette gieb den Rittern,
Vor deren kühnem Angesicht
Der Feinde Lanzen splittern.

Gieb sie dem Kanzler, den du hast,
Und laß ihn noch die goldne Last
Zu andern Lasten tragen.

Ich singe, wie der Vogel singt,
Der in den Zweigen wohnet;
Das Lied, das aus der Seele dringt,
Ist Lohn, der reichlich lohnet;
Doch darf ich bitten, bitt' ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
In purem Golde reichen.

Er seßt' ihn an, er trank ihn aus :
O Trank voll füßer Labe!
O! dreimal hochbeglücktes Haus,
Wo das ist kleine Gabe!

Ergeht's euch wohl, so denkt an mich,
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke.

Das Veilchen.

Ein Veilchen auf der Wiese stand
Gebückt in sich und unbekannt;
Es war ein herzig's Veilchen.

Da kam eine junge Schäferin

Mit leichtem Schritt und munterm Sinn

Daher, daher,

Die Wiese her, und sang.

« PreviousContinue »