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das Studium der alten, als durch das der neueren Sprachen und Literaturen zu erreichen streben. Und dies gelingt besser, als man gewöhnlich glaubt, indem Gedanke und Wort, Wissenschaft und Literatur, Leben und Sprache bei den lebenden Sprachen in einem innigeren Zusammenhange und in einer lebensvolleren Wechselwirkung stehen, als dies bei den todten Sprachen der Fall ist, die dadurch außer Gebrauch gekommen sind, daß sie unzureichend waren, als Ausdruck der gesteigerten Entwickelung, des erweiterten Gesichtskreises, so wie der gründlicheren und geistigeren Auffassung der Menschheit zu dienen."

Meine dem Fölfing’schen Buche bisher zugewendete Thätigkeit hat sich auf Folgendes beschränkt: In dem systematischen Theile bin ich bemüht gewesen, den Regeln eine noch präcisere, klarere Fassung zu geben, sie noch consequenter auf ein Prinzip zurückzuführen, als dieses bereits früher geschehen. Die Umarbeitung einzelner Capitel habe ich bis jetzt vermieden, selbst wo ich das Bedürfniß fühle, weil nicht immer der Zufall mich so begünstigen dürfte, wie in dem Capitel von der Shlbentheilung, wo die Zahl der §§ in der alten Fassung und in meiner Bearbeitung dieselbe ist. Zur Begründung mancher, vielleicht auffallend erscheinenden, Veränderungen verweise ich auf meine Englische Grammatik in Beispielen (Berlin, Nicolai), deren Paragraphen ich auch neben den nicht unbedeutend vermehrten und durchgängig berichtigten Citaten aus Fölsing angeführt habe. Derselben Grammatik und anderen, für dieselbe von mir angelegten, Collectaneen habe ich auch manche Mustersäge entnommen, wo mir dieselben geeignet schienen, die von Fölsing aus dem Vicar of Wakefield gebrachten Beispiele zu ersetzen, einem Buche, welches zu Fölsing's Zeiten noch in vielen Schulen den Stoff des Anfangsunterrichtes bildete, dessen Ungeeignetheit für den Schulgebrauch aber jezt ziemlich allgemein eingesehen wird.

Fölsing sagt in seiner Vorrede zur zweiten Auflage (1843): ‚Andererseits habe ich einige möglichst vollständige Verzeichnisse von Wörtern, denen gewisse Eigenschaften zukommen, hinzugefügt, weil dieselben mir von praktischer Wichtigkeit schienen, und der Anfänger über dieselben in den gewöhnlichen Wörterbüchern keine genügende

Auskunft findet. Dahin gehören die alphabetischen Verzeichnisse von Verben und Adjectiven, welche mit einem indirecten Complemente verbunden werden, nebst Angabe der für jeden einzelnen Fall anzuwendenden Präposition; ferner das Verzeichniß der im Englischen transitiven und im Deutschen intransitiven Verba; endlich das Verzeichniß der unächten Transitiva und der Media. Da ich bei der Anlegung dieser Verzeichnisse theils sehr ungenügende, theils gar keine Vorarbeiten gefunden habe, so können dieselben freilich nicht auf unbedingte Vollständigkeit Anspruch machen; doch habe ich nach Kräften gesammelt: Andere mögen das Fehlende ergänzen." Der hier am Schlusse ausgesprochenen Erwartung habe ich mich, eben so wie meine Vorgänger, bestrebt, nachzukommen.

Eine Grammatik muß durchsichtig sein, d. H. man muß sich leicht in ihr zurecht finden können. Früher wurde dieser Vorzug von Vielen trok dem doppelten Inhaltsverzeichniß an unserem Buche vermißt; seit ich in der neunten Auflage das alphabetische Register hinzugefügt habe, ist der gerügte Mangel hoffentlich beseitigt.

Von vielen Seiten waren übereinstimmende Klagen eingegangen, daß einige der Uebungsstücke zum Uebersetzen aus dem Deutschen in das Englische nicht passend seien. Es sind deshalb einige der alten Stücke weggelassen und an deren Stelle der zerbrochene Blumentopf“, „die Landpartie“ und Scenen aus der „Lady of Lyons" eingeschoben worden.

Damit aus dieser Aenderung den Schulen kein Nachtheil erwachse, hat die Verlagshandlung von den neuen Uebungsstücken eine besondere Ausgabe veranstaltet, welche sie den Besißern älterer Auflagen auf Verlangen gratis zustellt.

Bei den Anmerkungen sowohl unter diesen neuen, wie unter den älteren Stücken bin ich dem Grundsage gefolgt, daß die Noten nicht ein augenblicklicher Nothbehelf, sondern, wie Alles im Unterricht Gebotene, eine Anregung zum Denken sein sollen. Die Synonymen find durch neue vermehrt, die älteren fast alle umgearbeitet worden; mein Augenmerk war dabei weniger darauf gerichtet, über jede einzelne Gruppe erschöpfenden Aufschluß zu geben, als den Schüler zur Auffassung und Definirung synonymischer Unterschiede anzuleiten.

Ich kann mein Vorwort nicht schließen, ohne einige Worte der Abwehr gegen einen Tadel, welcher sich in der Encyclopädie des philologischen Studiums der neueren Sprachen von Dr. Bernhard Schmit, S. 175, findet. Dort heißt es:,,Ungeschickte, barbarische Bezeichnung der Aussprache, z. B. me'-ZUd für method; den ächten, unbezeichneten Dativ der englischen Sprache betrachtet er noch als einen abgekürzten, des to beraubten Dotiv; überhaupt hat Fölsing keine selbständige eindringende Auffassung von der englischen Sprache.“

Zwar könnte ich es mir ersparen, für den ersten Cursus von Fölsing, zu welchem ich keine Beziehung habe, in die Schranken zu treten; hier liegt aber die Entgegnung selbst dem ganz Unparteiischen gar zu nahe. Erstens hat Herr Schmit falsch abgeschrieben; es heißt nicht me ́-ZUd, sondern me'-SUd, in den neueren Auflagen sogar meS'-Ud. Ferner erfordert es eine gewisse Mühe, sich in jedes System der Aussprache-Bezeichnung hinein zu lesen; wer sich aber dieser, bei Fölsing wirklich verhältnißmäßig geringen, Mühe unterzieht, der wird Fölsing's System keineswegs barbarisch, auch kaum so ungeschickt finden, wie z. B. po'-urt für port, dzhoon für June (Dr. Bernhard Schmiß Englische Grammatik, Dritte Aufl. S. 18.).

Sowohl aus meinem heuristischen Elementarbuche der englischen Sprache (Erfurt, Villaret), wie aus meiner englischen Grammatik in Beispielen geht hervor, daß ich mit den Engländern nur drei Casus, Subjective, Possessive und Objective, annehme. Mir hätte es also sehr nahe gelegen, eine meiner Ansicht nach falsche Auffassung dieses Punktes zu beseitigen, wenn ich dieselbe bei Fölsing gefunden hätte. Ich habe aber dazu gar keine Veranlassung gehabt, bin im Gegentheil vollkommen befriedigt, da das Capitel vom Dativ-Object gleich folgendermaßen beginnt:

,,§ 286. 3st die dem Subjecte beigelegte Thätigkeit eines Transitive der Art, daß dieselbe durch eine entsprechende Thätigkeit eines zweiten thätigen Individuums ergänzt wird, so nennt man letteres das thätige Object, oder weil dasselbe im Deutschen durch den Dativ bezeichnet wird, das Dativ- Object. Im Englischen wird dasselbe durch die bloße Objectsform ausgedrückt: . . . In beiden Sprachen wird indessen das Verhältniß des Dativ-Objects oft als eine locale

Beziehung (der Richtung) aufgefaßt, und durch eine Präposition (to, an) ausgedrückt."

Wenn nach dieser vorausgeschickten Erklärung Fölsing den Objectiv als Dativ zum Unterschied von dem durch to bezeichneten Dativ den verkürzten (nicht, wie Herr Schmit sagt, abgekürzten, des to beraubten) nennt, so gehört doch wahrlich mehr als Pedanterie dazu, ihm daraus einen Vorwurf zu machen und daran sogar das Urtheil zu knüpfen: „Ueberhaupt hat Fölsing keine selbständige eindringende Auffassung von der englischen Sprache." Wie, wenn man nun denselben Vorwurf Herrn Schmiß auf Grund dessen machen wollte, daß er S. 192, und ohne Vorbehalt S. 47 der zweiten Auflage seiner Grammatik von einem Ablativ im Englischen spricht ?

Wenn in einem namenlosen, ephemeren Blatte ein leichtfertiger Lohn-Recensent so etwas in die Welt hinausgeschrieben hätte, so könnte man es schweigend dem verdienten Vergessen übergeben; wenn aber ein Mann, wie Herr Dr. Bernhard Schmiß, der durch seine ausgezeichneten französischen Schulbücher berühmt ist, der selbst eine in hohem Grade schätzenswerthe englische Grammatik geschrieben hat, mit einem solchen Urtheile in einem so anspruchsvollen Buche, wie die Encyclopädie, hervortritt, so darf man nicht verschweigen, daß der Kritiker neben der Intelligenz auch noch gewisse moralische Eigenschaften nicht entbehren kann.

Berlin, 30. November 1860.

Dr. Carl van Dalen.

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