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120. Sendung

Wie, willst du schon die Waffen strecken
Und weg dich stehlen vom Gefecht,
Weil Wunden brennen, Pfeile necken?

Jezt zeig', ob deine Sendung echt!
Dein Banner, gieb es nie verloren
Und frage nicht, wie rauh der Steg,
Du wußtest ja, was du erkoren,
Ist Schritt für Schritt ein Leidensweg.

Blick auf die Träger heil'ger Fahnen,
Die nie gewankt mit ihrer Last;
Ihr Herzblut zeichnet ihre Bahnen,
Doch vor dem Sieg galt keine Rast.
Sie blickten nicht nach irdischem Gute,
Verfolgung ließ sie ungebeugt,
Sie kargten nie mit ihrem Blute,
Wo sie für ihren Gott gezeugt.

Der Schwächling weiche, unterhandle,
Verleugne, wenn der Kampf entbrennt,
Doch nach den steilsten Höhen wandle
Ein Herz, das keinen Schwindel kennt !
Wirf alles weg, um frei zu ziehen,
Mag auch kein Kelch vorübergehn,
Denn der die Sendung hat verliehen,
Giebt Kraft, die Marter zu bestehn.

Isolde Kurz.

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121. Hoffnung

Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen;

Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen;

Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben;
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung auf.

Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,
Erzeugt im Gehirne des Thoren.
Im Herzen kündet es laut sich an:
Zu was Besserm sind wir geboren;
Und was die innere Stimme spricht,
Das täuscht die hoffende Seele nicht.

Schiller.

NOTES

NOTES

Among many comprehensive collections of German poems the following have especial value:

Theodor Echtermeyer, Auswahl Deutscher Gedichte für höhere Schulen. 32. Auflage, herausgegeben von Ferdinand Becher. Halle a. S., 1897. 950 pp. One of the most popular German anthologies, first issued in 1836. It contains 621 selections; its pedagogic purpose has led to a somewhat pedantic exclusion of love-poems. Theodor Storm, Hausbuch aus deutschen Dichtern seit Claudius. 4. Auflage. Braunschweig, 1877.

Ferdinand Avenarius, Deutsche Lyrik der Gegenwart seit 1850. 2. Auflage. Dresden, 1884.

Hermann Kluge, Auswahl Deutscher Gedichte. 7. Auflage. Altenburg, 1899. About 700 poems.

Georg Scherer, Deutscher Dichterwald. 15. Auflage. Stuttgart und Leipzig. 546 pp. Illustrated. Lyric selections.

G. Emil Barthel, Neuer poetischer Hausschat. Hochdeutsche Gedichte aus der Zeit vom Beginne der Romantik bis auf unsere Tage in systematisch geordneter Auswahl aus den Quellen. Halle. 1355

selections.

Ludwig Erk und Franz M. Böhme, Deutscher Liederhort. Leipzig, 1893-94. 3 vols., 656, 800 and 919 pp. 2175 selections. The encyclopedic collection of Volkslieder, published with the assistance of the Prussian government. The history of each selection is fully traced from the earliest sources, and with the songs are also given the original melodies and their later variants (but without instrumental accompaniment).

No small part of the effect of a genuine Volkslied is due to its melody: many of the best-known songs in the present collection are too closely wedded to their tunes to be separated. A good

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