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Als er reist' im welschen Land,
Vielen schlechten Wein er fand,
Welcher leicht wie Wasser wog
Und die Lippen schief ihm zog;
Und er rief: „Ich halt's nicht aus!
Lieber Knappe, reit voraus;

Sprich in jedem Wirtshaus ein
Und probiere jeden Wein.
Wo er dir am besten schmeckt,
Sei für mich der Tisch gedeckt;
Und damit ich find' das Nest,
Schreib ans Thor mir an ein Est."

Und der Knappe ritt voran,
Hielt vor jedem Schenkhaus an,
Trank ein Glas von jedem Wein;
War der gut, so kehrt' er ein,
War der schlecht, so sprengt' er fort,
Bis er fand den rechten Ort.

Also kam er nach der Stadt,
Die den Muskateller hat,
Der im ganzen welschen Land
Für den besten wird genannt;
Als von diesem trank der Knecht,
Dünft' ein Est ihm gar zu schlecht.

Und mit feuerrotem Stift
Und mit riesengroßer Schrift

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Bald werd' ich dich verlassen,
Fremd in der Fremde gehn,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben
Wird deines Ernsts Gewalt
Mich Einsamen erheben,

So wird mein Herz nicht alt.

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Eichendorff.

95. Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,

Sie fäufeln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.

O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Thal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Uhland.

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