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Zuo dem leser disser nachfolgenden büchlin.

Vlrich von Hutten.

Die warheit ist von newem dass nit geeh wider hinder

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ist wider nun härfür geruckt: des solt man billich gnyessen lon 2),

sich 4).

Mit trewen habs gefordert ich vnd bger des anders keinen gnyessz,

dann, wo mir gschäh deshalb verdryessz,

das man mit hilff mich nit verlassz. So will ich auch geloben, das von warheit ich wil nyemer lan: das sol mir bitten ab5) kein

man.

die darzuo haben arbeit gtohn; dann vilen es zuo nutz er- Auch schafft 6) zuo stillen mich kein wer,

scheüsst 3),

wiewol es manchen auch ver- kein bann, kein acht, wie vast

dreüsst.

vnd seer

Die faulen pfaffen lobents nit. man mich darmit zuo schrecken Darumb ich yeden frommen

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meynt;

wiewol mein fromme muotter

weynt,

do ich die sach hett gfangen an. Gott wöll sye trösten! Es muossz gan, vnd solt es brechen auch vorm end.

Wils Gott, so mags nit werden gwend,

darumb wil brauchen füss und hend.

Ich habs gewagt.

Vlrich von Hutten,

1) unterdrückt. 5) abreden, ausreden.

2) lassen. 3) erspriessen.
6) bringt.

4) rückwärts.

T

Sebastian Frank.

1500-1545.

Geboren zu Donauwörth, gestorben gegen 1545 in Basel. Er führte ein unstätes Leben, ward als Mystiker und Schwärmer verfolgt, und scheint sich mit Nothdurft durch Schriftstellerei erhalten zu haben. Seine geschichtlichen Arbeiten, namentlich die « Chronik der Deutschen», waren volksthümlich. Als Verfasser von mystischen Büchern ward er des Unglaubens verdächtig, und Luther nennt ihn: ein Lästermaul, des Teufels liebstes Maul, einen Enthusiasten und Geisterer, dem nichts gefällt als Geist, Geist, Geist.

I. Aus der Vorrede zur Germania.

Es ist immerzu das frembd besser dann das heymisch. Was vor der thür, das hat mann niendert für 1). Also ist es den Teutschen auch, daher haben sie so gar nicht von jn selbs, dass kaum ein volck ist, dass weniger von jm selbs weyss vnd hat. Zu dem hat das vnglück auch darzu geschlagen, dass sie mer krieger bissler dann glert Leut haben gezogen vnd gehabt: das macht, dass sie also versaumpt vnd dahinden bliben seind, dass sie so gar nicht von jn selbs wissen odder haben. Nit dass sie, so vnendlich 2) leut, nichts Chronick wirdigs haben gestifft, geredt vnd thon; ja mer danu viel andere völcker, also dass sie in dem fall weder den Griechen noch Latinern weichen, sonder dass sie niemant haben gehabt, der jr weise kleinmüetige 3) red vnd that auffschrieb, vnd jrer eygen histori, so sie täglich gewont vor augen gesehen, vnd nichts seltzams oder wunders bey jnen gewesen ist, nit haben acht genommen, vnd nur fürwitzig auff andere völcker vnd lender gesehen, vnd jn lassen treumen 4), weil nuon von anderen orten inn Latein, Griechischer vnnd Judischer zung vil bücher seyen, so seyen allein dieselben land voller wunders, weissheit, reichthumb, kunst, vnd jn ja lassen träumen, sie seien Barbari, darumb dass sie die Römer etwa Barbaros haben genent; dann Teutsche seind von art ein volck, dass nicht von seim ding helt, nur frembd ding guot ding, vnd allein in vnd mit kriegen niemant weicht, den sieg aber der weissheit lasst es leicht andern nationen, ja

1) für nichts halten. 2) zahlreich. 3) bescheiden. träumon lassen, sich einbilden.

4) sich

scheubts vonn sich vnd gibts den Latinern, Griechen vnd anderen völckern. Mann sihet, dass ein Gallus, Italus, Jud etc. nicht dann sein spraach, volck, histori, kunst, weissheit, sterck etc. rhümpt. Dauon schreiben sie grosse büecher; allein die kriegerischen Teutschen bleiben krieger vnd fromm landsknecht, den rhuom lassen sie jn nit gern zucken1); künst, spraach, weissheit, weise red vnnd that lassen sie gern demüetig anderen, ja gebens selbs anderen, vnd rhüemen odder verwunderen 2) auss einer sonder schier torechten demuot anderer rath, that, bücher, leer, red, vnd gefelt einem Teutschen in summa nicht, was seyn eygen ist, sonder nur auss fürwitze frembder siten, gang, kleyder, spraach, geberde, so gar, dass etlich mit kunst auss gelbem weissen hare, darumb dass es Teutsch ist, schwarz, Frantzösisch, Spaniolisch odder Welsch hare lassen machen 3), mit seltzamen beschoren köpffen, verkerter spraach, welche, so sie es gleich reden, vngern vnd verkert, als kunden sie es nimmer reden1), vnd in summa wie die affen alle aller land verderbt sitten vnd kleyder anmassen 5), vnd in Teutschland bringen, also dass Germania jetz voller Teutscher Frantzosen, Teutscher Walhen 6) vnd Spanier ist. Es ist kein volck, es bleibt bei seiner spraach vnnd kleydung, dunckt sich der gemeyd) sein, vnd rhümpt sich deren, wil auch, dass mans darbey erkenn. Allein die Teutschen verleugnen jre spraach vnd kleydung vnd geen in frembder seltzamer mummerey herein, als haben sie einn böss stuck thon), dass mann sie an nicht kan kennen, dann an sauffen vnd kriegen.

Auss disser vnachtsamkeit ist kommen, dass wir nicht vonn vns selbs haben noch wissen vnd bass) von Türcken vnd Dattern 10) wissen zu sagen dann von vns selbs vnd vnseren ältern, dass vns die Römer nit gar vergebens Barbaros haben genent vnd in dem fall nit vnrecht thon. Es ist kaum ein vernüfftig höflich wort, spruch, red vnd that eim Griechen auss dem mund vnd hand gefallen, es ist in die feder kommen vnd als heiltumb11) vffgehebt worden. Aber von Teutschen wissen die Teutschen nicht, sogar, wann nit die Latini für vns sorgfeltig etwas hetten auffgezeichnet (doch immer zu, dz jn der glimpffe 12), sieg vnd rhuom bleib), so wissten vnd hetten wir

1) nehmen. 2) bewundern. 3) sich das Haar färben lassen. 4) als könnten sie nicht mehr Deutsch sprechen. 5) annehmen. 6) Italiener. 7) froh, stolz. 8) als hätten sie etwas Böses gethan. 10) Tataren. 11) Heiligthum. 12) Ehre.

9) besser.

gar nicht. Das haben zu vnserer Zeit vil hochgelerter bedacht vnd noch seuffzen, klagen1), als Wilibaldus Birckheymer, Christoferus Scheurlin, Conradus Celtis, Jacobus Wimphelingius, Beatus Rhenanus, Conradus Peuttinger, Nauclerus, Irenicus, vnd vor jn allen der gelert Auentinus, Item Petrus Apianus, Bart. Amantius vnd andere etc. vnd auss mangel der büecher solch müeh vnd schweiss drob verrert 2), dass kaum ein ander arbeyt schwerer sein mag; vnd dissen vmb Germania woluerdienten mennern bin ich auff die achsel gestanden, mich vnderstanden 3), den Teutschen diss, das ist sich selbs, zu Teutsch geben; wiewol ich nuon höre, dass andere auch mit vmbgeen, vnd, ob Gott wil, mit grossen ehren herauss vff den plan werden kommen, wie ich ein jar, zwey 4) vff sie gewart, so wil ich doch im verlorn hauffen als einer auss dem halt 5) mich erster herfür lassen, allein darumb, ob ich die andern möcht vffbringen vnd auss dem leger) locken. Vbermögen) sie mich übelgewapneten, wie ich zu Gott verhoff, so wil ich gern vnd mit eern wider zu ruck in hag) fliehen, vnnd soll disse flucht mein grosse eer, sieg vnd gewin sein, dass ich solch landschirmer vff den plan hab gelockt vnd auss dem leger bracht, vnd sol disser mein erster aussrit sein gleich als wann man ein künstler oder senger zu singen durch bit, wie jr art ist, nit kan bewegen, dass man ein andern grif") brauchen muoss, dass man gantz übel vor jn singen muoss oder ein harpffen nemen vnd vor den orn des harpffenschlagers zittel discordantz vnd rossquit druff schlagen 10), dass den in oren wee thuot vnd nit leiden konden, da heben sie an zu singen wie der Schwan, vnd mit genommener harpffen wöllen sie den misshal zu schanden machen. Also geb Gott, dass durch diss mein raspen 11) einn ander auffgeweckt mich nit allein, wo ich erlegen bin, ersetze, sonder mich mit meiner kunst zu schanden mache vnd Teutschland ein besser, warer melodey vnd simphonei schlag, vnnd eigentlicher heraus butz 12), dann ich geringer in disser profession vnd Chronick hab geleyst.

Jahre.

1) und seufzen und klagen noch darüber. 2) vergossen, verwandt. 3) habe mich unterstanden zu geben. 4) ein oder zwei 5) Hinterhalt. 6) Lager. 7) übertreffen. 8) Gehäge. 9) Kunstgriff. 10) schlecht darauf spielen (ein veralteter Ausdruck). 11) kratzen, rasping. 12) herausputzen.

II. Rudolf von Habsburg.

Das Reich war zu des Keysers zeit hart zerkrippelet 1), dann es wol drei vnnd zwentzig jar on Keyser gestanden was, vnnd die fürsten vnnd herrn mitler zeit, weil das Reich on Keyser öd gestandenn was, vil dem Reich entzogen vnnd an sich zogen hetten. Es hetten auch die fürsten vnd herrn des Keysers entwonet2) vnd nuon selbs herren worden, derhalb ward jn der keyser ein last vnnd vnträglich joch. Fünfftzehen Grafen schwuoren zu hauff inn Schwaben widder den Keyser ein bund, darumb dass er anfieng, dass dem Reich entzogen war wider zum reich zu bringen, vnd schwuoren dem keyser den todt. Vil fürsten waren sein auch nit fro, vnnd lieber on keyser gewesen, doch muossten sie auss not vnd geheiss Gregorii II. zu letst einn welen, oder der bapst trawet3) jn, er wolt selbs ein welen vnd die wal von Churfürsten nemen. Nuon weret sich keyser Rudolff auff alle seitten, so starck er war, hett gross sieg vnd glück, dann Got wolt Teutschland wider in ein regiment fassen, er bezwang die Grafen all, verbrant vnd verherget4) jr lant vnd leut, damit bracht er sie zu baren3), dass sie umb gnad bittende kamen, schwuoren vnd huldeten jm vnnd dem Reich immer vnd ewig beistendig zu sein.

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Disser keyser ist an rath vnd weissheit fürtreffenlich vnd mit der that grossmüetig gewesen: das erschein nur an dem, dass er der Welschen müessig 6) vnnd sich den Bapst nit in7) Asiam hat lassen schwetzen, sonder sein Germaniam, so ganz zerrüt 8) vnd zerkrüppelt 9) in einem vnwesen gantz übel stuont, befridt 10) in guotte ördnung gericht vnd nit das verlassen vnd anderen frembden nationen nachgehengt, vnd lieber wöllen ein regierer dann ein merer des Reichs wöllen genent werden, wie jhener weiss Römer sprach: Es were eine grössere kunst ein land wol regieren, dann das meeren vnd ein anders überkommen. Durch weissheit wird das land regiert, vnnd allein etwan durch Tiranney erweittert, vnnd des sprichworts gedacht: Es wil mancher an zweyen orten abt sein vnd kan das ein closter oder conuent nit regieren; vil wöllen zwei weiber haben vnd könden eines nit herr vnd vor sein.

1) zerstückelt. 2) sich entwöhnt. 3) drohen.

5) zu Paaren treiben.

Palästina. 8) zorrüttet.

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6) unbekümmert um die Italiener.
10) befriedet.

9) crippled.

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