Page images
PDF
EPUB

den einer der Kriegsknechte mit seinem Spieß zu ems pfindlich gefigelt hatte, rief vom Kreuz: "Hol's der Teufel, Arm und Bein schlag ich dir klein, so wie ich herabkomme!" Um diese Zeit war es auch, daß im Fuldaischen, nach Weikardts Bericht, der muthwillige Teufel in einer Prozession so mit seinem langen Schwanze um sich schlug, daß er ihm abgerissen würde; unverlegen und mit der größten Besonnenheit hielt er seinen Hintern in die nächsten besten untern Fenster, wo er Leute sah, und eine Alte nähte ihm in größter Andacht den Schwanz wieder an den gehörenden Ort. Andere Andächtige legten dem Valmesel die Ostereier für ihre Kinder in den Hintern, welche dadurch so gut als geweiht waren. Der Küster zu M., der eine weiße Taube am Vorabend des Pfingfestes auf dem Kirchenboden eingesperrt hatte, welche er in dem Augenblicke, wo der Prediger den heiligen Geist citirte, herabfliegen laffen sollte, sah sich in der schrecklichen Verlegenheit herabzurufen: „Ach Gott, Herr G'vatter, den hat der Marder!"

Noch heute finden wir Reliquien aus den Zeiten der Mysterien des Mittelalters in den Mummereien am Chriftfeftsvorabend, deren Vorläufer St. Nikolaus und St. Martin ist, um die Kinder durch Furcht zum Beten und zur Andacht auf die zwölf heiligen Nächte gehörig vorzubereiten, und noch jest fingen die heiligen drei Könige, in Begleitung eines Engels, mit einem Stern von Papier und einem Kreuzerlicht:

Die heiligen drei Könige alle vier, alle vier,

Die stehen hier vor eurer Thür!

und in den sogenannten Klöpflesnächten wird ohne weiters an den Thüren angeklopft

wer klopfet, dem

wird aufgethan, hieß es in unsern heiligen Büchern

es ist von Vertrauen auf Gott die Rede; hier gilt es.

bloß Aepfel, Birnen und Nüffe. Das Einläuten des Sommers und Winters, das Johannisfeuer 2c., die jest bloß auf honette Bettelei hinauslaufen, beweisen durch steinalte Gesänge und ihre Heiligennamen ihr graues Alterthum. In meiner Jugend fangen die Knaben in Franken, nachdem sie das Holz zu ihrem Johannisfeuer zusammengebettelt hatten, über welches Alt und Jung wegsprang:

Florian! Florian!

Zünd' dem Madle d' Röcken an,
Daß sie nimmer spinnen kann.
3ft a guter Herr im Haus,
Langt a Scheitli Holz heraus.
Ei, du lieber Sixt!
Gib uns fein a dicks;
Ei, du lieber Hanns,
Gib mir fein a langs;
Ei, du lieber Thoma!
Laß a Scheitli kumma,
A Scheitli Holz 'raus,

Oder wir schlagen a Loch ins Haus!

XVII.

Das Lustspiel der Neuern,

Italiener, Spanier und Portugiesen.

Der Tag der Wissenschaften brach zuerst wieder in Italien hervor mit Wiederaufsuchung der Alten; Petrarca, Vergerius und Andere schrieben Komödien, aber in lateinischer Sprache, die weder je gedruckt, noch weniger aufgeführt worden sind, und die Herzoge von Efte ließen Stücke des Plautus und Terentius überseßen und aufführen; die Vorstellung der Menecmen soll tausend Dukaten gekostet haben. Cardinal Bibiena schrieb 1490 feine Caffandra, die nach der Floriana für eine der ersten Komödien Italiens gehalten wird, wenn Ariosto's Caffaria nicht älter ift. Hätten doch die Annalen dieser Zeit die frommen Seufzer der hochwürdigen Männer über eine Komödie von einem Cardinal uns aufbewahrt, fle würden uns mehr zu lachen geben, als alle jene Komödien steifen Andenkens. Schon beffer find MacHiavelli's Clitia und Mandragora, ob fte gleich der Name des unsterblichen Florentiners, der eine politische Geschäftsrolle und eine Gelehrtenrolle spielte, wie kein Luftspieldichter vor und nach ihm, allein noch interessant machen kann. Mandragora beweist, daß es schon damals kein beffer Mittel gegen die Unfruchtbarkeit einer Chehälfte gab, als fte -in Bäder gehen zu laffen.

Pabst Leo X. ergößte fich an den Komikern von Siena und an der Congregazione de' Rotti, (') so oft üble Reformationsnachrichten aus Deutschland seine gute Laune trübten, und ergößte fich bis zum Aergerniß. Der Sänger des Orlando machte auch fünf Komödien, mit denen es, die Caffaria, eine Nachahmung der Aulularia des Plautus, etwa ausgenommen, gerade steht, wie mit denen des Macchiavelli fle intereffiren noch, weil sie von Ariosto find. Höchst ungern sah sein Vater diese Schriftstelleret des Sohns und schalt endlich darüber, der Sohn hörte ihm mit Respekt zu, ohne ein Wort für sich zu sagen, so daß der Bruder fragte: „Aber warum haft Du Dich denn gar nicht verantwortet ?" "Ich habe gerade einen scheltenden und tobenden Vater unter meiner Feder und habe die Natur recht beobachten wollen und darüber alle Entschuldigungen vergeffen."

[ocr errors]

Ruzante brachte 1530 die verschiedenen italienischen Dialekte auf die komische Bühne, nach dem Vorgange des plautinischen Vönulus, und gefiel damit so sehr, daß es in seiner Grabschrift zu Padua heißt, er habe Niemanden nachgeftanden ingenio, facundia, jocis et sermonibus agrestibus, (2) sowie man solche auch ohne Mühe noch oft hören kann in gewiffen Casinis agrestibus. Aretino, Porta, Cecchi, Grazini 2c. lieferten Luftspiele, die mit Recht vergessen find. Buonarotti's Taneia und Fiera, die 1612 erschienen, machten großes Aufsehen ; italienische Schauspieler schwärmten jest an allen Höfen, wie noch italienische Cantatricen und Tänzerinnen; aber ihre Komödie aus dem Stegreif (dell' arte) schadete dem eigentlichen Luftspiel (erudita), wie noch heute, nächst Opern und Balletten. Das italienische Luftspiel hatte offenbar Aehnlichkeit mit den Fescenninen und Atellanen

(1) Verein der Geprügelten, — (2) Geist, Beredsamkeit, Scherzen und bäurischen Reden,

der Alten, wie die beim Volke so beliebten vier Masken, und die alten Römer liebten auf der Bühne die alte oscische Sprache zu hören, die längst nicht mehr gesprochen wurde, wie die heutigen Italiener die verschiedenen Dialekte Italiens. Es liegt auch darin ein eigener komischer Reiz, ja selbst ein ernster und rührender; Homer und Offian muß man in ihrer Ursprache lesen, nicht bei Pope und Denis, fte haben die freien Gestalten verzeichnet, nach dem Conventionsfuß verschönert und den Kunstweg genommen; man hört und steht nicht mehr die Natur, ihre Harfentöne find nur für Wälder, Gebirge und freie reine Natur, fte sterben in Palästen und Museen.

Goldoni, ein Venediger, suchte die sogenannte Kunstkomödie zu verdrängen und wurde der Reformator der Bühne. Sein innerer Mensch flegte über Juftinian und Aesculap; er machte Reisen in Italien, und Thalia winkte ihm in ihren Tempel. Er war nur zu dankbar, daß er mit zweihundert Stücken aufwartete, mußte aber zum Theil es thun, wenn er die Comedia dell' arte und die Masken verdrängen wollte; liegt ja auch bei unsern Theatern die Subsistenz der Truppe und des Dichters näher als die Nachwelt. Seine Donna di garbo (1746) war das erste regelmäßige Stück, und noch größern Beifall fanden seine schlaue Wittwe, der wahre Freund und die verstellte Kranke. Er ging 1761 nach Paris, um für das italienische Schauspiel daselbst zu arbeiten, und war geborgen, denn er wurde auch Sprachlehrer der Tanten Ludwigs XV. mit 4000 Livres Gehalt.

Goldoni's Werth geht eigentlich diesseits der Alpen verloren, denn alles ist zu wälsch und zu örtlich, bloß auf Venedig berechnet; seine vis comica ist nicht die stärkste, die Handlung meist ernst, folglich mehr Drama, wie es die Franzosen nennen, als Luftspiel, nur wenige find auf Lachen berechnet, und er lacht nur gezwungen oder

« PreviousContinue »