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er im achtzehnten Jahre schrieb, gab ihm Ruf, und fein Eunuchus, der sich noch unendlich oft für die Schule mußte beschneiden laffen, trug ihm achttausend Sefterzien. Lerenz reiste nach Griechenland, um Menanders Schriften nach Rom zu verpflanzen, litt Schiffbruch, wobei hundert und acht Stücke des Menander verloren gingen, und er selbst starb in seinen besten Jahren zu Athen. Terentius scheint sein Muster in regelmäßiger Kunst, in reiner, edler Sprache und in richtiger Charakterzeichnung erreicht zu Haben; aber aber die Hauptsache fehlt, die schon Cicero vermißte: Utinam scriptis adjuncta foret vis comica; () mit Recht nannte ihn der Spötter Cäsar: Dimidiatus Menander. (2) Indeffen wenn wir von den wenigen Fragmenten, die von letterem übrig, und mehr sentimental als komisch find, urtheilen dürfen, so fehlte auch dem so sehr bewunderten Menander die vis comica, die einmal Geschenk der Natur sein muß.

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Terentius ist voll nüchterner Moral; Grotius, der ihn immer als Schüler wie als Mann mit sich führte, sagte: Aliud legunt pueri, aliud viri, (3) was aber wohl von allen Büchern gilt, und am meisten von den Alten, die man ja nur unter Angfischweiß, Thränen und Prügeln lesen mußte pro verborum copia! (4) Terenzens noch nicht genannte vier Stücke find: Phormio der Schmaroßer, die Brüder, der Selbstpeiniger und Hechra oder die Schwiegermutter. Was Balzac sagte: „Die Matronen des Plautus find weniger züchtig als Terenzens Huren," läßt sich auf Mehres noch anwenden, und sein Eunuchus scheint mir noch allein von einiger komischer Wirkung zu sein, und nehmen wir ihm seine reinere Sprache und größere Regelmäßigkeit, so steht er wahrlich

(1) Wenn nur auch komische Kraft sich in seinen Schriften fände (2) Menander zur Hälfte. (3) Anderes lesen sich Knaben, Anderes Männer heraus. — (4) Um lateinische Vokabeln und Phrasen zu erlernen.

tief unter Plautus. Jener läßt seine Personen bloß reben, dieser auch handeln, daher ist auf des leßtern Bühne alles lebendig, dort Alles matt nnd halb eingeschlafen. Nur ein Vedant gehörte dazu, um in einem der besten Theater bei einem trefflichen Stück einen Terentium aus der Tasche zu holen. Terentius hat viel Aehnliches mit Iffland, Kozebue aber mehr mit Plautus.

Le sage, le discret Terence
Est le premier des traducteurs,
Jamais dans sa froide élégance

Des Romains il n'a peint les moeurs! (')

Genug! Terentius gefiel selbst in seinem Rom nur wenig, daher man lieber nach dem Circus eilte zu den Buden der Seiltänzer, Mimen und Pantomimen und zu einem Bathylus und Pylades, von dem Juvenal sagt:

molli saltante Bathyllo,

Tuscia vesicae non imperat, Appula gannit
Sicut in amplexu.

Die Kunst näherte sich bereits wieder dem Verfall, grieHische Sitten und griechische Welt konnten dem Plebs wenig gefallen, der nur lachen wollte, und die Aediles mußten für diesen mehr sorgen als für die Handvoll_Ge= bildeter. Roscius, der erste Komiker, den Cicero vertheidigte, und Aesopus, der große Tragiker, mit dem der Consul gleichfalls auf freundschaftlichem Fuße stand, und der zwei Millionen Gulden hinterließ, konnten nicht für den großen Haufen sein, von dem Horaz sagt:

(1) Terenz gebührt der Feinheit Kranz,
Doch ist er Ueberseßer nur,

In seiner falten Eleganz

Ward nie geschildert der Römer Natur.

media inter carmina poscunt

Aut ursum, In einem Theater, das achtzigtausend Menschen faßte, konnte man eher sehen als hören, wie in St. Peter oder St. Paul, wo ein Prediger einen Ableger von der lezten Posaune haben müßte, um verstanden zu werden. Ammianus zählt daher in Rom dreitausend fremde Tänzerinnen, die bleiben durften, als Philosophen, Redner und Lehrer jeder Art hinaus mußten; Juftinian erhob zwar die Actrice und Bordellschwester Theodora, eine echte Dubarry, auf den Thron; aber fle hatte jezt ganz andere Scenen zu bilden; und unter der Majestät des Jurisprudenzpatrons schlugen und mordeten sich die weißen, rothen, grünen und blauen Wettrennerbanden, und hatte man nur Zeit an weltliche Dinge zu denken bei dem lebendigften Streit über die Gottheit Chrifti und die heilige Dreifaltigkeit? Die Kunst war dahin, schon jest gab es kein Luftspiel mehr, denn das Mittelalter oder die Barbarei hatte bereits schon begonnen; an die Stelle der Wissenschaften und Künfte traten jest Waffengeklirre, Bacchanalien und der feinste theologische Schnickschnack; an Allem, was Geist und Herz erwärmen konnte, fehlte es, doch fehlte es nie an Theodoren und an mitleidswürdigen Throninsassen, unter denen die Ueberreste griechischer Weisheit vollends zu Grabe gingen.

aut pugiles, his nam plebecula gaudet. (1)

(1)

Unter den Stücken verlangen
Sie die Bären und Fechter, an solchem Tande nur freut sich
Jener Pöbel.

XVI.

Das Luftspiel im Mittelalter.

Tänzer, Mimen, Poffen und Zoten beluftigten das Volk und selbst die Treiber der Völker; an eigentliches Luftspiel war bis zum Wiedererwachen der Literatur der Alten gar nicht zu denken. Schon vor Karl dem Großen ift von Mimis und Joculatoribus die Rede, und unter den schwachen Karolingern eifern Kirchengeseze gegen die sogenannten Spielleute, wie gegen die Anlegung geift= licher und Klosterkleidung bei deren mimischen Poffen, von denen die Chroniken höchst undeutliche Begriffe geben. Wir wissen bloß, daß diese Spielleute anrüchig waren, was auf die Schauspieler fortwirkte bis ins fiebenzehnte Jahrhundert, und nach dem Schwabenspiegel hatte sich der Beleidiger eines Spielmannes bloß in der Sonne an die Wand zu stellen, wo dem Spielmann erlaubt war dessen Schatten mit Fäuften zu schlagen!

Diese Mimen waren meist burleske Monodramen, furz, zotig, lediglich auf Erschütterung des Zwergfells berechnet, und keine einzige ist auf uns gekommen. Die Mimen recitirten einzelne Charaktere aus dem niedrigen Leben, z. B. einen Ehebrecher, eine Hure, einen Geizhals, Trunkenbold c., die Pantomimen aber suchten Tragödien durch Lanz und stumme Geberden wiederzu= geben. Ob fte es wohl so weit gebracht haben, wie

Labh Hamilton mit ihren berühmten Attituben und mimischer Darstellung der griechischen Götter und der göttergleichen Menschen? Ob sie wohl den Seehelden Nelson auch so gefesselt hätten ?

Sonderbar bleibt es, daß die Araber, die sich so viel mit griechischer Literatur beschäftigten, so viel Geift hatten und nach dem Verfalle Roms die Hauptstüße des Wiffens und der Aufklärung noch im finstern Mittelalter waren, kein Drama hatten, und so auch nicht die Hebräer. Die Morgenländer scheinen zu ernst dazu zu sein, und ihre heiße Einbildungskraft fich beffer im Ueberfinnlichen zu gefallen als im Reinmenschlichen; die reiche indische Literatur, die einige treffliche Hymnen und Epos aufzuweisen hat, hat nichts Komisches aufzuweisen. Das berühmte Drama des Calidas, Sacontala, oder der entscheidende Ring, das uns Forster aus dem Englischen nach dem Sanscrit gegeben, hat zwar eine Art luftige Person, Madhansya, aber es ist weniger deffen Wig, als vielmehr deffen Plattheit im Contrafte mit dem erHabenen Duschmanta, das einen kleinen komischen Anflrich gibt.

Die Hiftrionen Europens, die fich mitten unter Barbaren und mitten unter den Völkerstürmen erhalten zu. Haben scheinen, schickten sich in die Zeit und wählten geistliche Gegenstände, da ste sahen, daß die Väter der Kirche gegen das heidnische bessere Schauspiel eiferten, als unwürdig der Chriften (ja wohl solcher Chriften !), die in heiliger Laufe dem Teufel und allen seinen Werfen und Wesen entsagt hatten, das heißt, Allem, was Heidnisch d. H. vernünftiger war; ihnen war die Bühne die gerade Heerstraße zur Hölle, und so verfiel denn das dumme Mittelalter auf Mysterien. Nicht leicht wird es eine der dramatischen Behandlung fähige Bibelgeschichte geben, die nicht in Kirchen und Klöstern aufgeführt

Demokritos, VIII,

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