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selbst getroffene Personen lachten, denn vis comica wohnt in ihm. Schade, daß seine Werke mit der Politik des Tages und mit dem König und seinen Ministern, die er unverschämt mitnahm, ihr Intereffe verlieren müssen und im Auslande ohnehin.

Peter Pindar hat herrliche Oden und Erzählungen, felbft Elegien, aber seine Oden auf Minister, vorzüglich Pitt, find stark, seine Oden To ins and outs, (1) z. B. in Pitts and his statue (2) heißt es:

Each good natur'd cit

Votes a statue to Pitt

For actions enormously evil,

They supposed very soon

At the fall of the moon

They will order a bust to the devil! (3)

Er war ohne Gemüth', starb 1819, im einundachtzigsten Jahre, und hatte noch kurz zuvor einen Prozeß über das Crim, con.! (4) Sein Ruhm war aber so verbreitet, daß der edle Kosziusko zu London seine Bekanntschaft suchte, ihm sagte, daß seine Werke sein Troft im Gefängniß gewesen seien und selbst gemalte Landschaften mit ihm wechselte zum Andenken. Sein Hauptwerk bleibt das fomische Epos: die Louflade in fünf Gesängen, die ich auch allen englischen Gedichten dieser Art vorziehen möchte, und ihr Gegenstand ist eine Laus, die Georg III. auf seinem Teller fand und Alles in der Küche zu scheeren befahl. Schade, daß auch hier die Anspielungen außer

(1) Der kurze englische Ausdruck für Minister die ein Amt besißen, und für diejenigen, welche gestürzt sind. (2) Pitt und seine Statue.

(3) Ein jeglicher Spießbürger subscribirt

Für die Statue, die jest man für Pitt dekretirt,

Weil in ihm sich das Schlimmste vervielt.
Ein jeglicher glaubt, daß, wechselt der Mond,
Den Teufel in gleicher Art man belohnt

Und für ihn eine Büste befiehlt.

(4) Verbrecherischer Umgang mit einer Verheiratheten (Criminal-Conversation).

Landes verloren gehen. Der König ist nichts weniger als geschont; in der von der Küche eingereichten Supplik Heißt es:

Loud roars our band, and obstinate as pigs

Cry locks and liberty and damn the wigs; (1)

am wildesten thun die Weiber :

Your is the hair, they cry'd, th' Almighty gave ye, And not a king in christendom should shave ye! (2)

Die Küche aber wurde dennoch geschoren; die Laus spricht kühner als For zum König, beweist ihm, daß ihre Genealogie weiter zurückgehe als die seinige, und da der König fle dennoch knicken will, so entführt sie ein Zephyr nach dem Firmament in die Haare der Berenice und fle wurde zum Georgium sidus (3) am Himmelszelt! Falk in seinem Taschenbuche vom Jahr 1801 hat fte zum Theil verdeutscht, deutsche Anspielungen eingemischt und das Lausprodukt wirklich veredelt, das allerdings wegen des ungeheuren Lärms davon die Parodie verdient :

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Löscht mir Licht, ihr Griechen und Römer aus!

Nichts Größeres sah die Erd' als Pindars Laus!

Schließlich muß ich noch den Arzt Armstrong, Verfasser des Werkes: "Die Kunst, immer gesund zu zu sein," nennen, dessen satirisch-wigige Miscellanies wohl auch eine Ueberseßung verdienten; seine Oeconomy of live (4) aber ist etwas allzu physiologisch ausgefallen

(1) Laut brüllt die Schaar und schreit berauscht, wie Schweine voll Entzücken:

Freiheit und Locken! aber Gott verdamme die Perrüken.
In dem Wort Perrüten (wigs) findet sich ohnedem ein unübersezbares
Wortspiel (die Whigs).

(2) Das Haar ist euer, rufen sie, Gott gab es euch zum Schmucke,
Kein König darf es nehmen euch je mit Tyrannendrucke.

(3) Georgs Gestirn, — (4) Dekonomie des Lebens.

für das lesende Publikum, und dann noch einen amerikanischen Buchdrucker, qui coelo eripuit fulmen sceptrumque tyrannis, und wer hätte ihn nicht schon errathen - den herrlichen Franklin! Einige seiner satirischen Flugschriften wirkten wie Payne's Common sense, worüber er auch die Generalpoftmeistersstelle verlor, und wer sollte seine kleinen Schriften die Unterhaltung einer Gesellschaft Tagthierchen die Pfeife Papier und Menschen Apolog — Bittschrift an die Vorsteher der Erziehung die Kunft, angenehm zu träumen - das Mittel, alle Beutel zu füllen Gespräch mit dem Podraga" - vor allen aber seinen unübertrefflichen Armen Richard nicht mit Vergnügen lesen? Lieber, lieber Franklin! deine dir selbst gesezte Grabschrift ist bereits erfüllt und wird es noch mehr werden: The body of O. F. F. Printer lies here like the cover of an old book; food for worms, yet the work itself shall not be lost! (1)

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(1) Der Leib von D. F. Franklin liegt hier, wie der Umschlag eines alten Buchs, Futter für Würmer; das Werk selbst soll nicht verloren gehen.

VIII.

Die Satire der Deutschen und des Nordens.

Satire ist eben nicht das Fach, in dem wir Deutsche glänzen; wir dürfen nicht, obgleich schon unsere Minne= und Meistersänger unter den herrlichen schwäbischen Kaisern einen trefflichen Anfang gemacht und Pabst und Clerus derb zu Leibe gegangen find, ja schon die alten Germanen neben ihren Bardenliedern und Lobgefängen auf Helden Schmähgedichte auf Feige und Ehrlose hatten, die fte Abends absangen und Gesanglichter und Mondlieder nannten. Von einem solchen Spottlied kommt der Name des Wolfs, Isegrimm; das Lied ging einen österreichischen wilden Grafen dieses Namens an. Auf Hohenstaufen entsprang, wie Bodmer leiert:

Entsprang aus finstrer Nacht der ungewohnte Strahl Und schimmerte von da durch Deutschlands weiten Saal. Und so wie diese alten Deutschen es getrieben haben, sollten wir es fortgetrieben haben und forttreiben, ohne zu übertreiben, wie Britten, die leicht in Persönlichkeiten übergehen, jeder nach der Gabe, die ihm Gott gegeben hat Ernst oder Schimpf; aber wie wenig die komische Satire deutsche Sache sei, beweist schon, daß unsere Alten das Wort Satiren Strafgedichte überseßten.

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Auf unsere Minne- und Meistersänger folgte Hugo von Trimberg, ein Würzburger, mit seinem Renner, und der Züricher Hämmerlin, der die Mönche so geißelte, daß er im Franziskanerkloster zu Luzern wieder gegeißelt wurde, und wahrscheinlich im Geißelgewölbe des Kuttengesindels auch starb 1448. An fle reiht sich das Meisterstück alter politischer Satire: Reinecke Fuchs. Schon vor dem Jahre 1233 muß in Frankreich ein Renard gelesen worden sein, da fich theologische Klagen vorfinden, daß man dessen Schaltsstreiche weit öfter abgebildet sah als die Wunder der Heiligen, und ein Peter von St. Cloud soll die geiftreiche Schnurre gebildet haben, die unserm niederdeutschen Rynke Voß zu Grunde liegt, worauf auch der Name Malpertus (Maupertius) hindeutet. Man muß den Spöttern zu Ende des Mittelalters den Ruhm lassen, daß ste die Lacher auf ihre Seite ziehen und Laster und Thorheit beffer zu schildern und freier zu geißeln verstanden als die deutsche Satire des neunzehnten Jahrhunderts.

Unser Rynke Voß erschien in niederdeutschen gereimten Jamben. Gouda 1479. 4., schon im Jahre 1481 eine englische und im Jahre 1494 die plattdeutsche Lübecker Ausgabe; jeder Ueberseßer und Commentator, wohin auch die angeblichen Erfinder Alcmer, Baumann und Eckardt gehören (der sogar in seinem Comment. ad Leibnizii collect. II. 197, die Personen kennen will, die unter den Thiergestalten gemeint sein sollen), erlaubte fich Freiheiten; das Original war aber freier noch und schwerlich mehr wieder herzustellen. Im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert war Rynke Voß so beliebt, daß er nicht nur ins Latein, sondern fast in alle lebendigen Sprachen übersezt ist und eine Menge Ausgaben, Nachahmungen und Umwandlungen erlebt hat. Rynke Voß ist gar oft sogar dramatifirt worden; bei einem Feste Philipps des Schönen wurde er sogar Pabst, fraß aber nur desto mehr alte und

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