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Vorgebirge erscheint, der herrliche Baldachin, die Luft, dies wackre umwölbende Firmament, dies majestätische Dach mit goldnem Feuer ausgelegt ihm nicht anders vorkommt, wie ein fauler verpesteter Haufe von Dünsten. Und der Mensch? Was ist ihm diese Quintessenz vom Staube? Er hat keine Lust am Manne und am Weibe auch nicht.

Der skeptische Hang läßt allerdings das Pathos der Leidenschaft, aus dem heraus ein freies, großes Handeln nur möglich wird, in der That nicht aufkommen. Einen reichen Geist wie Hamlet's treibt er auf die schiefe Bahn des Bizarren. Daher die wunderliche Wahnsinnskomödie, mit der er alle Welt über sein Vorhaben zu täuschen sucht, sein extravagantes Wesen bei der Unterredung mit der Mutter (in der sogenannten Klosetscene), wo er „Dolche" sprechen will, sein übernommenes Benehmen an Ophelien's Grabe. Statt wahrhafter, nachhaltiger Empfindungen begegnen wir in ihm nur nervös sensitiven Wallungen, die in ihren fieberhaften Erregungen der noch so glänzenden Erscheinung immerhin etwas Unvermitteltes, Unharmonisches geben. Dem Zwiespalt pessimistischer Anschauung verfällt auch der Witz des Zweiflers, der weit entfernt von dem gemüthvollen Wohlwollen des Humors sich lediglich in bittern Sarkasmen bewegt und als Hang zur Ironie, als Spottsucht sich geltend macht, gewöhnlich wie es nicht anders sein kann in recht herber Weise.

In keinem andern Stück tritt der Subjektivismus des Dichters mehr zu Tage, als im Hamlet. Wie bei Shakespeare fast durchweg die Handlung als Produkt der Charaktere zur Erscheinung kommt, so auch hier. Bei der skeptischen Veranlagung des Helden, bei seinem Ausweichen vor der That,1) nimmt dem entsprechend die Handlung einen mehr negativen Verlauf, und verfällt folgerecht ins Unbestimmte, Nebelhafte. Und bei alledem stellt sich der Aufbau der Tragödie so überaus planvoll dar. Wo sonst die Thatkraft des Helden auf die Katastrophe hindrängt, wird hier in der Verzögerung derselben die zerstörende Macht des Zweifels, das Entkräftende des Skepticismus klar und überzeugend vor Augen gestellt. Daß wir nichtsdestoweniger an der verzögerten Handlung sowie an dem Träger derselben, dem so gearteten Hamlet den regsten Antheil nehmen, der uns wünschen läßt, ihm immer und immer wieder auf der Bühne zu begegnen, zeigt von der innern poetischen Wahrheit

1) Gervinus II, S. 111.

des Ganzen. Mag uns in diesem Nachtstück Manches wie ein kaum lösbares Räthsel und darum fremd berühren, mag es dem Zuschauer kaum vergönnt sein, die problematische Erscheinung des von Erregung zur Schlaff heit vibrirenden Zweiflers fest und bestimmt zu fassen, wie die übrigen heroischen Gestalten des Dichters: der Held des Gedankens ist und bleibt dazu angethan, für sein Schicksal ebensoviel Furcht und Mitleid zu erregen, wie die Männer der That. In der Sympathie für Hamlet, den Dänenprinzen, spiegelt sich so recht eigentlich das Goethe'sche Wort:

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Unserer Fehler groß Geheimniß

Schwankt zwischen Uebereilung und Versäumniß.

Geld und Geldwerth in Shakespeare's England.

Von

Dr. Vatke.

Beginnen wir mit den Theaterpreisen, so tritt uns der

Unterschied des Geldwerthes im Shakespeare'schen und im heutigen England bereits sehr deutlich entgegen.

....

Give me the penny let me have good ground, heißt es in Ben Jonson's The Case is alter'd I, 1. Für einen Penny also erlangte der „Gründling" des Parterres seinen Stehplatz. Ben Jonson erwähnt ferner die two pence galleries. Und in der Induction zu Cynthia's Revels sagt 3. Child: A stool, boy! - 2. Child: Ay, sir, if you'll give me sixpence I'll fetch one. 3. Child: For what, I pray thee? what shall I do with it? 2. Child: O lord, sir! will you betray your ignorance so much? why throne yourself in state on the stage, as other gentlemen use, sir?

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Die Worte im Prolog Shakespeare's zu Henry VIII endlich: if they be still and willing

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werden auch von Genée (Shakespeare S. 61) gewiß mit Recht auf die,,besseren Plätze" der feineren Theater bezogen.

Für twopence nun konnte das Volk sich auch dort belustigen, wo sein wahrer Himmel in London war, in Parish-Garden*): for at Putney I'll go to Parish-Garden for twopence. (Thomas Lord Cromwell II, 3)

*) In Henry VIII, V, 3 sagt der Pförtner: You'll leave your noise anon, ye rascals. Do you take the court for Paris-Garden? Dort fanden auch die Bärenhetzen statt.

Sehr genau werden von den Elisabethanischen Dramatikern die Preise in den Restaurants (ordinaries) verzeichnet. Im Silent Woman II, 3 spricht Ben Jonson von dem ordinary the Cranes, or the Bear at the Bridgefoot, and of the twelve penny ordinaries". In Every Man out of his Humour II, 2 heißt es: rich apparel has strange virtues ... it furnisheth your two shilling ordinary; takes possession of your stage and your new play. Im Arden of Feversham (ed. Delius) II, 2: Where supp'd Master Arden? At the Nag's Head, at the eighteen pence ordinary.*)

Die unten erwähnten ten crowns für ein ordinary wären allerdings ein ganz enormer Preis. Crowns of the Sun sind gold coins of Louis XI. of France, with the mintmark of a sun.

Let him be bound, mylord, to pay your grace,
Towards your expenses since your coming over,
Twenty-five thousand crowns of the sun.

Heywood's Edw. IV, Part 2, I, 4. 1600.

Diese Crowns of the Sun werden auch mit dem einheimischen Namen als écus du soleil bezeichnet und scheinen eine beliebte Münze gewesen zu sein. So erzählt Paul Hentzner (1598) von einem kostbaren Spiegel, den er bei dem Schneider Leonard Smith in London fand, mit Perlen, Gold, Silber und Sammt so reich geschmückt, daß man ihn auf 500 écus du soleil schätzte". Auch Ben Jonson erwähnt diese Münze:

There's a poor French crown for your ordinary.

Every Man out of his Humour III, 1.

*) Nares, Glossary, s. v. Ordinary, bemerkt: In 1608, a common price for a genteel ordinary was two shillings:

Why should a gallant pay but two shillings for his ordinary that nourishes him, and twenty times two for his brothel that consumes him. Middleton, Trick to Catch I, 1.

The latter was, doubtless, enormously dear. Some ordinaries were cheaper:

No fellows that at ordinaries dare eat

Their eighteen pence thrice out before they rise,

And yet go hungry to a play. (ib.)

Some were much dearer:

When you have done, step to the ten crowns ordinary.
Ibid. Wildgoose Ch. I, 1.

Mit obigen Citaten vereinigt sich nicht recht, was K. Elze, W. Shakespeare, S. 170 sagt:,,In besonders üblem Rufe standen bei Shakespeare's Zeitgenossen die ordinaries, die sich von 3 Pence bis zu 1 Shilling abstuften (Thornbury, Sh.'s England etc.)".

Ferner Cynthia's Revels I, 1:

Ay, sir, I'll assure you 'tis a beaver, it cost me eight crowns but this morning.

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Hierzu bemerkt Cunningham, der neue Herausgeber der Giffordschen Ausgabe des Ben Jonson (London 1875): The Crowns of Louis XI, called Crowns of the Sun, from the mintmark of a sun upon them, are often spoken of by the dramatists. So Massinger, vol. I, 131:

Come, come, advance!

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Present your bag, crammed with Crowns o' the Sun.

Gern bewahrte man nun diese crowns in kostbaren Kästchen (cabinets, coffers) auf. Damit prahlt z. B. der reiche Gremio: My house within the city

Is richly furnished with plate and gold:
Basins and ewers, to lave her dainty hands;

My hangings all of Tyrian tapestry;

In ivory coffers I have stuffed my crowns.

Taming of the Shrew II, 1.

Hier erklärt Delius: my crowns = mein gemünztes Gold. Wir beziehen es lieber speziell auf die eben besprochene Goldmünze.

Man vergleiche ferner über die Crowns of the Sun, was Jakob Rathgeb (1592) anführt (bei Rye, England as seen by Foreigners p. 52):

As regards the currency, the kings and queens of England have rightly had gold and silver coins struck for payment. A double rose-noble is worth thirty-two English shillings, that is, eighteen French francs, or eight thalers or rix-dollars; a rose-noble, half as much. An angel, having on it the knight St. George [St. Michael and the dragon], is worth ten shillings, or five francs, or three German florins; an Hungarian ducat, worth six shillings and eight pence, is equal to two florins; a French crown, or crown, or crown of the sun (écu d'or au soleil)=six shillings, or twenty-seven batzen, as in France; a Spanish pistole just as much. Of silver coins, which the Queen has had struck of pure good silver, a shilling is equal to four and a half batzen the mark = 13 s. 4 d.; the noble = 6 s. 8 d. Gehen wir auf einzelne Münzen ein, so heißt es in Ben Jonson's Magnetic Lady IV, 1:

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