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Welcher daheim bleibt stets zu Haus,
Und läßt die andern fliegen aus.
Man siehet ja, daß nie kein Fisch
Außer dem Wasser bleibet frisch,

Und daß ein' Schneck stirbt alle mal,
Wenn sie beraubet wird der Schal:
Daher soll auch ei'm Weib sein bang,
Wenn sie muß aus dem Haus sein lang.

IX.

Lob des Gesanges.

Wer ungereget
Die Sinnen träget,
Wenn Künstler singen
Und Saiten klingen,
Ist taub an Ohren
Und krank geboren :
Weil sonst sich reget,
Was Sinnen träget.

Mehr Luft für Ohren

Ist nicht geboren;
Sie treibt vom Herzen
Verdruß und Schmerzen,
Kann Eifer dämpfen,
Giebt Muth zu kämpfen,
Macht durch die Ohren
Uns neu geboren.

Fischart.

Andreas Tscherning.

X.

Frühlingslied.

Es kommt in seiner Herrlichkeit

Der holde Lenz hernieder
Und schenket seine Wonnezeit
Dem Erdenkreise wieder;

Er malt die Wolken mit Azur,
Mit Gold der Wolken Rände,
Mit Regenbogen Thal und Flur,
Mit Schmelz die Gartenwände;

Er fleidet den entblößten Baum,
Deckt ihn mit einer Krone,
Daß unter seinem Schattenraum
Das Volk der Vögel wohne.

Wie preiset ihrer Lieder Schall
Die Wunder seiner Rechten,
Die Lerch' am Tage, Nachtigall
In schauervollen Nächten!

Die Fische scherzen in der Flut,

Die Herden auf der Weide,

Es schwärmt der Bienen junge Brut

Auf der beblümten Heide.

Der Mensch allein, der Schöpfung Haupt.

Bergräbet sich in Sorgen,

Ist immer seiner selbst beraubt,

Lebt immer nur für morgen;

Ihn weckt Aurorens güldner Strahl,
Ihm lacht die Flur vergebens,

Er wird, nach selbstgemachter Qual,
Der Henker seines Lebens,

Das ohnehin wie ein Gesicht Des Morgentraums entfliehet Und vor ein schreckliches Gericht Jhn, den Verbrecher, ziehet.

XI.

Truz-Nachtigall.

Wenn Morgenröth sich zieret
Mit zartem Rosenglanz,
Und sittsam sich verlieret
Der nächtlich' Sternentanz,
Gleich lüstet mich spazieren
In grünem Lorbeerwald,
Allda dann musiciren
Die Pfeiflein mannigfalt.

Die flügelreiche Schaaren,
Das Federbürschlein zart,
In süßem Schlag erfahren,
Noch Kunst, noch Athem spart,
Mit Schnäblein wohlgeschliffen
Erklingens wunderfein,
Und frisch in Lüften schiffeu
Mit leichten Rüderlein.

Roberthin

Der hohle Wald ertönet
Ob ihrem krausen Sang,
Mit Stauden stolz gekrönet,
Die Gruften geben Klang;
Die Bächlein, krumm geflochten,
Auch lieblich stimmen ein,
Von Steinlein angefochten,
Gar süßlich sausen drein.

Die sanfte Wind' in Lüften,
Auch ihre Flügel schwach,
An Händen, Füß und Hüften
Erschütteln mit Gemach:
Da sausen gleich an Bäumen
Die lind gerührten Zweig,
Zur Musik sich nit säumen:
O wohl der süßen Streich!

Doch süßer noch erklinget
Ein sonders Vögelein,
So seinen Sang vollbringet
Bei Mon- und Sonnenschein:
Trub-Nachtigall mit Namen
Es nunmehr wird genannt,
Und vielen wild und zahmen
Obsieget unbekannt.

Truz-Nachtigall man's nennet, Ist wund von süßent Pfeil, Die Lieb es lieblich brennet, Wird nie der Wunden heil:

Geld, Pomp und Pracht auf Erden,
Lust, Freuden, es verspott
Und achter's für Beschwerden,
Sucht nur den schönen Gott.

Mit ihm will mich erschwingen,
Und Manchem schwebend ob
Den Lorbeerkranz erfingen
In deutschem Gotteslob.
Den Leser nicht verdrieße
Der Zeit noch Stunden lang:
Hoff ihm es noch ersprieße
Zu gleichem Cithersang.

Friedrich von Spee.

XII.

Geistliches Lied.

Laß dich nur nichts dauren

Mit Trauren,

Sei stille,

Wie Gott es fügt,

So sei vergnügt,

Mein Wille..

Was willst du heute sorgen,

Auf morgen;

Der Eine,

Steht allem für,

Der giebt auch dir,

Das deine.

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