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Bin ich's noch, den du bei so viel Lichtern
An dem Spieltisch hältst?

Oft so unerträglichen Gesichtern
Gegenüber stellst?

Reizender ist mir des Frühlings Blüthe

Nun nicht auf der Flur;

Wo du, Engel, bist, ist Lieb' und Güte,
Wo du bist, Natur.

Mailied.

Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur !

Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!

Es dringen Blüthen

Aus jedem Zweig
Und tausend Etimmen
Aus dem Gesträuch.

Und Freud' und Wonne

Aus jeder Brust.

Erd', o Sonne!

Glück, o Luft!

O Lieb', o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwelken
Auf jenen Höhn!

Goethe, Gedichte.

4

Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blüthendampfe

Die volle Welt.

O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb' ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe
Mit warmem Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud' und Muth

Zu neuen Liedern

Und Tänzen giebst.

Sen ewig glücklich,

Wie du mich liebst!

Mit einem gemalten Band.

Kleine Blumen, kleine Blätter
Streuen mir mit leichter Hand
Gute junge Frühlings-Götter
Tändelnd auf ein luftig Band.

Zephyr, nimm's auf deine Flügel,
Echling's um meiner Liebsten Kleid,
Und so tritt sie vor den Spiegel
All in ihrer Munterkeit.

Sieht mit Rosen sich umgeben,
Selbst wie eine Rose jung.
Einen Blick, geliebtes Leben!
Und ich bin belohnt genung.

Fühle, was dieß Herz empfindet,
Reiche frei mir deine Hand,

Und das Band, das uns verbindet,
Sey tein schwaches Rosenband!

Raftlose Liebe.

Dem Schnee, dem Regen,

Dem Wind entgegen,

Im Dampf der Klüfte,

Durch Nebeldüfte,

Immer zu! Immer zu!

Ohne Raft und Ruh!

Lieber durch Leiden

Möcht' ich mich schlagen,

Als so viel Freuden

Des Lebens ertragen;
Alle das Neigen

Von Herzen zu Herzen,

Ach wie so eigen

Schaffet das Schmerzen!

Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh,

Liebe, bist du! .

Auf dem See.

Und frische Nahrung, neues Blut
Saug' ich aus freier Welt;

Wie ist Natur so hold und gut,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn

Im Rudertact hinauf,

Und Berge, wolkig, himmelan,
Begegnen unserm Lauf.

Aug', mein Aug', was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so gold du bist,
Hier auch Lieb' und Leben ist.

Auf der Welle blinken

Tausend schwebende Sterne;
Weiche Nebel trinken

Rings die thürmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.

Geistesgruß.

Hoch auf dem alten Thurme steht
Des Helden edler Geist,

Der wie das Schiff vorübergeht,
Es wohl zu fahren heißt.

,,Sieh, diese Senne war so start,
Dieß Herz so fest und wild,

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Die Knochen voll von Rittermark,
Der Becher angefüllt;

„Mein halbes Leben stürmt' ich fort,
„Verdehnt' die Hälft' in Ruh,

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,,Und du, du Menschen Schifflein dort,
Fahr' immer immer zu!"

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Vom Berge.

Wenn ich, liebe Lili, dich nicht liebte,
Welche Wonne gäb' mir dieser Blick!

Und doch, wenn ich, Lili, dich nicht liebte,
Fänd' ich hier und fänd' ich dort mein Glück?

Blumengruß.

Der Strauß, den ich gepflücket,

Grüße dich viel tausendmal!

Ich habe mich oft gebücket

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